Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Zugabe: Amy! Amy! Amy! Irgendjemand warf eine Handvoll Kieselsteine an unser Fenster. Amy! Amy! Amy!
Mit einer wegwerfenden Handbewegung zu dem Mob vor unserer Tür ließ meine Frau alles über sich ergehen, als schuldete man ihr diesen Empfang. Dann wandte sie sich mir mit einem erschöpften, aber triumphierenden Lächeln zu – das war das Lächeln des Vergewaltigungsopfers, der Missbrauchsüberlebenden, der Bettenverbrennerin, wie wir sie von alten Fernsehfilmen her kennen –, so wird gelächelt, wenn der Böse endlich seine gerechte Strafe bekommen hat, und wir wissen, dass die Heldin in der Lage sein wird, ihr Leben weiterzuleben. Und dann friert das Bild ein.
Ich deutete auf die Schnur, die fransigen Haare, das getrocknete Blut. »Und was ist das für eine Geschichte?«
»Ich bin wieder da«, wimmerte sie. »Ich hab es zurück zu dir geschafft.« Sie kam auf mich zu, um mich zu umarmen, aber ich wich zurück.
»Was ist das für eine Geschichte, Amy?«
»Desi«, flüsterte sie mit zitternder Unterlippe. »Desi Collings hat mich entführt. Am Morgen unseres Hochzeitstags. Es hat geklingelt, und ich dachte … ich weiß nicht, ich dachte, vielleicht hast du mir Blumen schicken lassen.«
Ich zuckte zusammen. Natürlich brachte sie es fertig, geschickt einen Vorwurf zu platzieren: dass ich ihr fast nie Blumen schenkte, wo ihr Vater ihrer Mutter doch jede Woche welche mitbrachte, seit sie verheiratet waren. 2444 Blumensträuße – im Vergleich zu mickrigen 4.
»Blumen … oder irgendwas«, fuhr sie fort. »Deshalb hab ich nicht weiter nachgedacht, sondern einfach aufgemacht. Und da stand er. Desi, mit diesem Gesichtsausdruck. Wild entschlossen. Als hätte er sich schon die ganze Zeit darauf vorbereitet. Und ich hatte den Griff in der Hand … von der Judy-Marionette. Hast du die Puppen eigentlich gefunden?« Unter Tränen lächelte sie zu mir empor. Sie sah so süß aus.
»Oh, ich hab alles gefunden, was du für mich hinterlassen hast, Amy.«
»Ich hatte also den Griff für die Judy-Puppe in der Hand – er war abgegangen –, als ich aufgemacht habe, und ich wollte mich damit wehren, und wir haben gekämpft, aber er hat mir den Prügel abgenommen und mich damit geschlagen. Mit aller Wucht. Und das Nächste, was ich weiß …«
»Du hast mir einen Mord angehängt und bist verschwunden.«
»Ich kann alles erklären, Nick.«
Einen langen, harten Moment starrte ich sie an. Ich sah Tage unter der heißen Sonne , ausgestreckt am Sandstrand, ihre Hand auf meiner Brust, ich sah Familiendinner im Haus ihrer Eltern, wo Rand mir ständig nachschenkte und mir auf die Schulter klopfte, ich sah uns ausgestreckt auf dem Teppich in meinem schäbigen New Yorker Apartment, wo wir träge zum Deckenventilator hinaufschauten und uns unterhielten, und ich sah die Mutter meines Kindes und das wunderbare Leben, das ich einmal für uns geplant hatte. Einen Moment, der genau zwei Herzschläge dauerte – eins, zwei –, einen Moment lang wünschte ich mir leidenschaftlich, sie würde die Wahrheit sagen.
»Ich glaube eigentlich nicht, dass du alles erklären kannst«, sagte ich. »Aber ich werde dir gerne dabei zuschauen, wie du es versuchst.«
»Du kannst mich alles fragen.«
Sie griff nach meiner Hand, aber ich schüttelte sie ab, entfernte mich ein paar Schritte, holte tief Atem, drehte mich wieder zu ihr um und bot ihr die Stirn. Meiner Frau muss man immer die Stirn bieten.
»Los, Nick. Frag mich alles, was du willst, jetzt.«
»Okay, klar. Warum war jeder Hinweis der Schatzsuche an einer Stelle versteckt, wo ich … wo ich mit Andie zusammen war?«
Sie seufzte und blickte zu Boden. Ihre Fußknöchel waren wundgescheuert. »Ich wusste nichts von Andie, bis ich sie im Fernsehen gesehen habe … aber da war ich an Desis Bett festgebunden, versteckt in seinem Haus am See.«
»Dann war das also alles … Zufall?«
»Es waren die Stellen, die uns etwas bedeutet haben«, antwortete sie, und eine Träne rollte ihr übers Gesicht. »Dein Büro, wo du deine Leidenschaft für den Journalismus neu entfacht hast.«
Wieder musste ich tief Luft holen.
»Hannibal, wo ich endlich verstanden habe, wie viel dir diese Gegend bedeutet. Das Haus deines Vaters – die Konfrontation mit dem Mann, der dir so weh getan hat. Das Haus deiner Mutter, das jetzt Go gehört – die beiden Frauen, die aus dir so einen guten Mann gemacht haben. Aber … vermutlich überrascht es mich nicht, dass du all diese Orte mit einer Person
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