Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Kontakt-Officer, der sich bemühte, sich nicht unterkriegen zu lassen. »Was passiert mit Amy? Denn sie lügt, wenn sie behauptet, mein Sohn hätte sie gekidnappt. Sie lügt. Sie hat ihn umgebracht, sie hat ihn im Schlaf ermordet , und das scheint hier keiner ernst zu nehmen.«
»Es wird alles sehr, sehr ernst genommen«, beteuerte der Junge.
»Darf ich Sie um einen Kommentar bitten, Ms. Collings?«, fragte der Reporter.
»Den hab ich Ihnen doch gerade gegeben. Amy Elliott Dunne hat meinen Sohn ermordet. Das war keine Notwehr. Sie hat ihn ermordet .«
»Können Sie das beweisen?«
Natürlich konnte sie das nicht.
Im Artikel des Reporters würde es um meine ehemännliche Erschöpfung gehen ( sein abgehärmtes Gesicht sprach nur allzu deutlich von all den schlaflos und in Angst verbrachten Nächten ) und um die Erleichterung der Elliotts ( die Eltern halten sich aneinander fest, während sie darauf warten, dass ihnen ihr einziges Kind offiziell zurückgegeben wird ). Außerdem würde er die Inkompetenz der Cops erwähnen ( es war ein von Voreingenommenheit geprägter Fall, voller Sackgassen und falscher Wendungen, wobei sich die Polizei stur auf den falschen Verdächtigen konzentrierte ). Jacqueline Collings würde mit einem einzigen Satz abgetan sein: Nach einem peinlichen Zusammenstoß mit den Elliott-Eltern wurde eine verbitterte Jacqueline Collings aus dem Raum komplimentiert, die leidenschaftlich die Unschuld ihres Sohnes beteuerte .
Tatsächlich brachte man Jacqueline in einen anderen Raum, wo ihre Aussage aufgenommen und sie gleichzeitig aus der weit besseren Geschichte herausgehalten wurde: der triumphalen Rückkehr von Amazing Amy.
Als Amy dann zu uns gelassen wurde, begann es wieder von vorn, die Fotos und die Tränen, die Umarmungen und das Lachen, alles für Wildfremde, die es sehen und wissen wollten: Wie war es? Amy, wie fühlt es sich an, Ihrem Peiniger entronnen zu sein und zu Ihrem Ehemann zurückzukehren? Nick, was für ein Gefühl ist es, Ihre Frau wiederzuhaben, Ihre Freiheit wiederzuhaben, alles auf einmal?
Ich schwieg meistens. Im Stillen stellte ich meine eigenen Fragen, die gleichen Fragen, die mich seit Jahren verfolgten, als wäre es der unheilvolle Refrain unserer Ehe: Was denkst du, Amy? Wie fühlst du dich? Wer bist du? Was haben wir einander angetan? Was werden wir tun?
Es war ein gnädiger, königlicher Akt von Amy, dass sie zu ihrem betrügerischen Ehemann ins gemeinsame Ehebett zurückkehren wollte. Alle waren dieser Meinung. Die Medien folgten uns, als wären wir eine königliche Hochzeitsprozession, und wir beide flitzten durch die neonhellen, fast-food-übersäten Straßen von Carthage zu unserem McMansion am Fluss. Wie viel Anmut Amy besitzt, wie viel Mumm. Eine Bilderbuchprinzessin. Und ich war natürlich der speichelleckende, buckelnde Ehemann, der sich den Rest seiner Tage krümmen und ducken würde. Bis sie verhaftet wurde. Falls sie denn jemals verhaftet wurde.
Dass sie überhaupt auf freiem Fuß war, beunruhigte mich. Es beunruhigte mich nicht nur, es war ein Schock. Ich sah sie alle aus dem Konferenzraum kommen, wo sie Amy vier Stunden lang vernommen hatten und dann laufen ließen: zwei Leute vom FBI mit erschreckend kurzen Haaren und ausdruckslosen Gesichtern; Gilpin, der aussah, als hätte er das tollste Steak seines Lebens verdrückt; und Boney, die Einzige mit schmalem, verkniffenem Mund und einem V-förmigen Stirnrunzeln. Als sie an mir vorbeiging, warf sie mir einen Blick zu und zog eine Augenbraue in die Höhe, aber im nächsten Moment war sie verschwunden.
Dann waren Amy und ich – viel zu schnell – zu Hause, allein im Wohnzimmer, und Bleecker beobachtete uns mit funkelnden Augen. Vor unseren Vorhängen standen immer noch die Scheinwerfer der TV-Kameras und badeten unser Wohnzimmer in einem grotesk üppigen orangefarbenen Licht. Es sah nach Kerzenlicht aus, romantisch. Amy war wunderschön. Ich hasste sie. Ich hatte Angst vor ihr.
»Wir können nicht im gleichen Haus schlafen …«, setzte ich an.
»Ich möchte aber bei dir bleiben.« Sie nahm meine Hand. »Ich möchte bei meinem Mann sein. Ich möchte dir Gelegenheit geben, die Art von Ehemann zu sein, die du sein willst. Ich verzeihe dir.«
»Du verzeihst mir? Amy, warum bist du zurückgekommen? Wegen der Dinge, die ich in den Interviews gesagt habe? Wegen der Videos?«
»War das nicht das, was du wollest?«, erwiderte sie. »War das nicht der Zweck der Videos? Sie waren perfekt – sie
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