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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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und die ich nur als plappernde Wackelkopffigur mit einem riesigen Haarbausch registrierte, machte sich plötzlich neben mir bemerkbar. Keine Ahnung, wie lange sie sich da schon befand. »… die Hauptsache daran ist, dass wir die Menschen dazu bringen, nach Amy Ausschau zu halten, Nick, sie wissen zu lassen, dass Amy eine Familie hat, die sie liebt und wiederhaben will. Alles ganz kontrolliert. Nick, Sie müssen – Nick?«
    »Japp.«
    »Die Menschen wollen eine kurze Erklärung von Amys Ehemann hören.«
    Von der anderen Seite des Raums sah ich Go auf mich zustürzen. Sie hatte mich am Revier abgesetzt, war dann bei der Bar vorbeigefahren, um dort eine halbe Stunde nach dem Rechten zu sehen, und jetzt war sie zurück und führte sich auf, als hätte sie mich eine Woche nicht gesehen, schlängelte sich hastig zwischen den Schreibtischen durch und ignorierte den jungen Officer, der offensichtlich dazu abgestellt worden war, sie ordentlich, leise und würdevoll hereinzuführen.
    »Alles okay bis jetzt?«, fragte Go und drückte mich mit einem Arm an sich. Männerumarmung. Den Dunne-Kids fällt das Umarmen nicht so leicht. Gos Daumen landete auf meiner rechten Brustwarze. »Ich wollte, Mom wäre hier«, flüsterte sie, und sprach damit genau meinen Gedanken aus. »Nichts Neues?«, fragte sie, als sie ihren Arm wieder wegnahm.
    »Nichts, einfach verdammt nichts …«
    »Du siehst aus, als würdest du dich grässlich fühlen.«
    »Ich fühle mich beschissen.« Eigentlich wollte ich noch sagen, was für ein Idiot ich war, dass ich wegen des Alkohols nicht auf sie gehört hatte.
    »Ich hätte die Flasche auch ausgetrunken«, kam sie mir zuvor und klopfte mir ermutigend auf den Rücken.
    »Es ist gleich so weit«, sagte die PR-Frau, die wieder wie durch Zauberhand neben mir aufgetaucht war. »Kein schlechter Zulauf, wenn man bedenkt, dass wir Independence Day-Wochenende haben.« Dann scheuchte sie uns alle in einen trostlosen Konferenzraum – Aluminiumjalousien, Klappstühle, eine Schar gelangweilter Reporter – und auf ein kleines Podium. Als ich in meiner blauen business-lässigen Montur vor das hingerissene, jetlag-leidende Publikum trat, das seinen Tagträumen von einem leckeren Lunch nachhing, fühlte ich mich wie ein drittklassiger Redner bei einer unbedeutenden Konferenz. Aber ich konnte sehen, dass die Journalisten munterer wurden, als sie mich entdeckten – sprechen wir es ruhig aus: einen jungen, einigermaßen gutaussehenden Kerl. Dann stellte die PR-Frau ein Pappposter auf eine Staffelei, ein vergrößertes Foto von Amy, auf dem sie absolut hinreißend aussah, ein Gesicht, bei dem man zweimal hinsieht: Sieht die wirklich so toll aus? Ist das möglich? Ja, es war möglich, so sah sie aus. Ich starrte das Foto meiner Frau an, und die Kameras schossen Fotos von mir, wie ich das Foto anstarrte. Auf einmal musste ich an den Tag in New York denken, als ich sie wiedergefunden hatte: die blonden Haare, ihr Hinterkopf, mehr konnte ich nicht von ihr sehen, aber ich wusste, dass sie es war, und ich nahm es als Zeichen. Wie viele Millionen Köpfe hatte ich in meinem Leben schon gesehen, aber ich wusste, dass es Amys hübscher Schädel war, der da vor mir her die Seventh Avenue hinunterschwebte. Ich wusste, dass sie es war, und ich wusste, dass wir zusammen sein würden.
    Blitzlichter zuckten. Ich wandte mich ab und sah dunkle Flecken. Es war surreal. Das sagen Leute immer, wenn sie einen Augenblick beschreiben wollen, der genaugenommen nur ungewöhnlich ist. Ich dachte: Ihr habt ja keine Ahnung, was surreal ist. Mein Kater kam allmählich richtig in Schwung, und mein linkes Auge pochte wie ein Herz.
    Die Kameras klickten, die beiden Familien stellten sich nebeneinander auf, alle schmale Schlitzmünder, Go die Einzige, die wenigstens einigermaßen wie eine reale Person aussah. Der Rest von uns ähnelte Platzhalter-Menschen, Körper, die reingekarrt und hier aufgestellt worden waren. Sogar Amy auf der Staffelei wirkte präsenter. Natürlich hatten wir alle solche Pressekonferenzen schon gesehen, wenn andere Frauen verschwunden waren. Wir wurden gezwungen, die Szene darzustellen, die das Fernsehpublikum erwartete: die besorgte Familie, die die Hoffnung nicht aufgibt. Koffeinverschleierte Augen und Lumpenpuppenarme.
    Ich hörte meinen Namen, im Raum wurde kollektiv und erwartungsvoll geschluckt. Showtime .
    Als ich mir die Sendung später anschaute, erkannte ich meine Stimme und mein Gesicht nur mit Mühe. Der Alkohol,

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