GONE Verloren
oder?«
»Vielleicht ist das Kraftwerk in die Luft gegangen oder etwas in der Art.«
»Der Strom funktioniert noch. Perdido Beach bezieht seine gesamte Energie aus dem Atomkraftwerk. Die Lichter sind noch an. Das Kraftwerk muss also in Betrieb sein.«
Edilio blieb stehen. »Hey, Leute, warum gehen wir eigentlich zu Fuß?«
»Weil Orc, dieser Hornochse, und seine Kreatur Howard unser Golfmobil geklaut haben. Darum!«, sagte Quinn.
»Und das?« Edilio zeigte auf ein Auto im Straßengraben. Auf einem Kofferraumträger waren zwei Fahrräder montiert.
Astrid zögerte. »Die gehören uns aber nicht.«
»Finde dich damit ab«, erwiderte Quinn. »Hast du’s noch nicht bemerkt? Wir leben in einer neuen Welt. In der FAYZ.«
Astrid warf einen Blick auf eine ziemlich dicht über ihren Köpfen schwebende Möwe. »Doch, Quinn, ich habe es bemerkt.«
Sie nahmen die Räder und fuhren jeweils zu zweit weiter. Edilio saß auf Quinns Lenkstange, Astrid auf Sams. Ihre Haare wehten im Fahrtwind und streichelten sein Gesicht. Er bedauerte es, als sie noch zwei Räder fanden.
Die Zufahrtsstraße zum Kernkraftwerk schlängelte sich zwischen den Hügeln hindurch und an ihren verdorrten, von verblühten gelben Wildblumen gesprenkelten Hängen entlang. Die Umgebung bestand aus ungenutzten Feldern, vereinzelten Baumgruppen und ausgetrockneten Bachrinnen.
Nach einiger Zeit führte die Straße zur Küste zurück und eröffnete den Blick auf eine von Felsbrocken übersäte Bucht unter ihnen. Die Aussicht war umwerfend, nur die sonst so tosende Brandung schien seltsam sanft, als wäre sie gezähmt worden. Von nun an stieg die Straße bergan, fiel wieder ab, wand sich mehrmals um sich selbst, verschwand noch einmal zwischen den Hügeln und erreichte schließlich erneut die Küste mit einem weiteren Rundblick auf das Meer.
»Da vorne ist ein Sicherheitstor«, sagte Astrid.
»Wenn dort irgendeiner Wache hält, küsse ich ihn«, meinte Quinn.
Vor dem Maschendrahtzaun mit Stacheldrahtaufsatz hielten sie an. Er erstreckte sich bis zu den weiter unten liegenden Felsen und verschwand in der anderen Richtung in den Hügeln. Das Wachgebäude war fast schon eine Festung, so als könnte es einen größeren Angriff abwehren. Das Tor bestand aus Maschendrahtflügeln, die elektronisch gesichert waren und sich nur auf Knopfdruck öffnen ließen.
Sie stiegen von den Fahrrädern und betrachteten die Absperrung.
»Wie kommen wir rein?«, fragte Astrid.
»Einer von uns klettert über das Tor«, sagte Sam. »Schere, Stein, Papier.«
Sam verlor.
»Mann, Papier?«, hänselte ihn Quinn. »Weiß doch jedes Kind, dass man die erste Runde mit Schere beginnt.«
Der Zaun stellte kein Problem dar, Sam kletterte rasch daran hoch. Etwas anderes waren die messerscharfen Spitzen des Stacheldrahts. Er zog sein T-Shirt aus und wickelte es um den Draht. Danach schwang er vorsichtig ein Bein darüber, stöhnte, als sein Oberschenkel kurz hängen blieb, gelangte auf die andere Seite und sprang zu Boden. Sein T-Shirt ließ er auf dem Zaun zurück.
Als ihn beim Betreten des Gebäudes die eisige Kälte einer auf vollen Touren laufenden Klimaanlage empfing, bereute er den Verlust seines T-Shirts.
Der Hauptraum wurde von einer aus Farbmonitoren bestehenden Wand beherrscht, auf der die Zufahrtsstraße und abwechselnd Aufnahmen vom umliegenden Gelände zu sehen waren: Meer, Felsen und Hügel. Ebenfalls überwacht wurden die durch elektronische Zugangskarten gesicherten Eingänge zum eigentlichen Kraftwerk.
Im Toilettenraum entdeckte er eine Zugangskarte, die an einem Trageband hing. Da musste jemand auf dem Klo verschwunden sein. Sam legte sich das Band um den Hals.
Vom Hauptraum ging eine Art Kammer ab. Dort fand er ein grau-grünes Hemd im Militärstil, das ihm um etliche Nummern zu groß war. Er zog es dennoch an. An der Wand stand ein verriegeltes Regal mit Maschinenpistolen. Es roch nach Öl und Schwefel.
Sam betrachtete die Waffen ziemlich lange. Automatische Waffen gegen Baseballschläger.
»Lass dich auf so was bloß nicht ein!«, murmelte er.
Sam verließ die Waffenkammer und schloss die Tür. Seine Hand blieb aber noch eine Weile auf der Türklinke liegen. Nein. An diesem Punkt waren sie noch nicht angelangt.
Trotzdem war die Versuchung so groß gewesen, dass er über sich selbst erschrak. Was war nur los mit ihm?
Er drückte auf den Knopf, um das Tor zu öffnen.
»Wieso hast du denn so lange gebraucht?«, fragte Quinn.
»Ich hab nach einem Hemd
Weitere Kostenlose Bücher