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Good Girls

Titel: Good Girls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Ruby
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gefällt mir.« Ich deutete auf ein großformatiges Foto an der Wand. Es war ein Schwarzweißbild von Daisy mit ungewöhnlichem Fokus: Ihr Gesicht war scharf und klar, der restliche Körper verschwommen. Irgendwie cool und originell zugleich.
    »Danke«, sagte er. »Das hab ich gemacht.«
    »Echt?«
    »Ja. Ich hab noch mehr Fotos in einem Album in meinem Zimmer. Willst du sie sehen?«
    Fotoalbum statt Briefmarkenalbum. Wie plump, aber was machte das schon? Ich hatte mal wieder das merkwürdige Gefühl, mich von außen zu beobachten. Oder besser gesagt, von innen. Warum war ich sonst hier? »Gern«, sagte ich.
    Wir gingen aus dem Zimmer, den Flur entlang, die Treppe hoch in sein Zimmer. Daisy trippelte vor uns her. Sein Zimmer war überraschenderweise nicht in dem üblichen Blau, sondern orange gestrichen. Auf dem Holzfußboden stand ein zerwühltes Bett mit dunkelroter Bettwäsche. Außerdem ein Bücherregal voller Bücher und Bilder, jede Menge Turnschuhe und ein Schreibtisch mit Computer. An der Wand hingen ein paar Sportposter. Dann waren da noch diverse Sporttrophäen, ein paar Mannschaftsfotos und ein Baseball mit Unterschriften. Das Zimmer war weder besonders ordentlich noch unordentlich, sondern auf eine angenehme Weise unaufgeräumt. So als hätte ein Bühnenbildner alles mit großer Sorgfalt arrangiert, bevor das Stück losging. Der Jungengeruch war hier intensiver. Es roch nach Moschus, so wie Lukes Nacken, wenn ich daran schnupperte. Ich wackelte nervös mit den Zehen.
    »Bitte entschuldige die Unordnung«, sagte er. Er zog ein paar Kleidungsstücke von einem Stuhl und warf sie achtlos auf den Boden. Dann öffnete er eine Schreibtischschublade, fischte ein Fotoalbum heraus und reichte es mir. Ich setzte mich und blätterte durch das Album. Ich hatte weitere Hundebilder erwartet, stattdessen enthielt es vor allem Schwarzweißporträts. Ein paar von seiner Familie, ein paar von anderen Leuten und sehr viele von verschiedenen Mädchen. (Insgeheim fragte ich mich, ob er vielleicht ein weiteres Album mit speziellenMädchenfotos im Schrank oder im Keller aufbewahrte, wenn er sich langweilte.)
    Die Fotos waren gut, einige sogar sehr gut. Ich betrachtete das Foto eines hübschen Mädchens mit niedlichen Sommersprossen auf der Nase. Ich hasste das Mädchen augenblicklich, aber das Foto liebte ich. »Die sind echt gut«, sagte ich.
    Er setzte sich mit Daisy auf dem Schoß aufs Bett. »Danke. Mein Vater hat mir eine alte Kamera aus den Fünfzigern, eine sogenannte Hasselblad geschenkt. Vielleicht kann ich von dir ja auch mal ein Bild machen?«
    »Warum nicht?« Mir fiel plötzlich auf, dass ich keine Ahnung hatte, was seine Zukunftspläne waren – falls er überhaupt welche hatte. Vielleicht wollte er ja sein Leben lang an der Schule bleiben. »Willst du nach der Schule Fotografie studieren?«
    Er zuckte die Schultern. »Vielleicht. An den meisten Unis, an denen ich mich beworben habe, gibt es auch Kurse für Fotografie, falls ich welche belegen will. Aber ich weiß noch nicht so genau, was ich machen will.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Viele Leute schienen nicht zu wissen, was sie machen wollten. Das konnte ich überhaupt nicht verstehen. Wie konnte man nur keine konkreten Pläne haben? »Wo hast du dich denn beworben?«
    »Hauptsächlich hier in der Gegend.«
    »Und wo möchtest du am liebsten hin?«
    Er grinste. »Dorthin, wo ich angenommen werde. Und wo es am meisten Geld gibt. Ich hoffe, ich bekomme ein Sportstipendium.«
    »Oh«, sagte ich.
    »Und du? Wo gehst du hin? Nach Princeton, Harvard oder Yale?«
    »Zu allen drei Unis gleichzeitig«, sagte ich. »Ich mache einen dreifachen Abschluss.« Mehr sagte ich nicht. Ich hatte Angst, ich könnte die Nerven verlieren und unkontrolliert über Architektur, Innenarchitektur und andere extrem unsexy Sachen reden, die ihn höchstwahrscheinlich nicht die Bohne interessierten.
    »Na, das hört sich doch gut an«, sagte er. Er hob Daisy hoch und setzte sie auf dem Boden ab. »Weißt du, du bist irgendwie so weit weg da drüben.«
    Mir blieb beinahe das Herz stehen. »Findest du?«
    »Komm doch mal hierher zu mir«, sagte er.
    Ich legte das Album auf den Schreibtisch, stand auf und ging zum Bett. All die anderen Male, wenn wir ein stilles Eckchen oder einen Wagen oder sonst was gefunden hatten, wo wir uns zurückziehen konnten, hatte ich nie genau gewusst, was passieren und was ich tun würde. Doch als ich nun mit dem glücklichen Jungenduft in der Nase

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