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Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Titel: Goodbye Chinatown: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Kwok
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spät?«
    Diese Frage verstand ich. »Mir tut leid, Sir«, antwortete ich. »Wir Schule nicht gefunden.«
    Er runzelte die Stirn, nickte dann und wies auf einen leeren Stuhl. »Setz dich da hin.«
    Ich setzte mich auf den Stuhl, den er mir zugewiesen hatte, neben ein pummeliges weißes Mädchen mit krausen Haaren, die in alle Richtungen abstanden. Meine Finger zitterten so stark, dass ich hilflos an meinem Federmäppchen herumnestelte. Es ging auf, und sein Inhalt ergoss sich klappernd auf den Boden. Jetzt lachte der Großteil der Klasse, und ich kletterte unter den Tisch, um die Stifte aufzusammeln. Die Schamröte stieg so heftig in mir hoch, dass ich sie nicht nur im Gesicht, sondern auch auf Hals und Brust spürte. Das weiße Mädchen beugte sich hinunter und hob einen Stift und einen Bleistiftspitzer für mich auf.
    Mr Bogart schrieb unterdessen weiter an die Tafel. Ich setzte mich gerade hin und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, um zuzuhören, obwohl ich nichts verstand.
    Er warf mir einen missmutigen Blick zu. »Was ist denn das für eine komische Sitzheizung ?«
    »Mir leid tun, Sir«, antwortete ich, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich diesmal falsch gemacht hatte. Ich sah mich nach den anderen Schülern um. Die meisten lümmelten in ihren Stühlen, und manche waren so tief nach unten gerutscht, dass sie praktisch lagen. Einige stützten sich auf ihre Ellbogen, andere kauten Kaugummi. In Hongkong müssen alle Schüler die Hände hinter dem Rücken verschränken, wenn der Lehrer spricht, um ihm Respekt zu erweisen. Langsam löste ich meine Arme aus ihrer Haltung und legte sie vor mir aufs Schreibpult.
    Mr Bogart schüttelte den Kopf und wandte sich wieder der Tafel zu.
    Zum Mittagessen ging ich mit der Klasse in die Schulkantine. Ich hatte noch nie Kinder gesehen, die sich so verhielten wie diese Amerikaner. Sie schienen kreischend von den Deckenbalken zu baumeln. Das Aufsichtspersonal ging
von Tisch zu Tisch und brüllte Anweisungen, aber niemand hörte zu. Ich stellte mich hinter den anderen Kindern in die Schlange und schob ein Tablett eine lange Theke entlang. Verschiedene Frauen stellten mir Fragen, und als ich einfach nur nickte, ließen sie in Folie gewickelte Pakete auf meinen Teller plumpsen. Am Ende hatte ich Folgendes auf dem Tablett: Hackfleisch in Form einer Untertasse, Kartoffeln, die nicht rund, sondern zu einer breiartigen Substanz zerdrückt worden waren, eine Soße, die an Sojasoße erinnerte, aber weniger dunkel und salzig war, ein Brötchen und Milch. Kuhmilch war neu für mich, und ich bekam Bauchschmerzen davon. Aber der Rest des Essens war interessant, obwohl es keinen Reis gab und ich deshalb das Gefühl hatte, gar nicht wirklich gegessen zu haben.
    Nach dem Mittagessen teilte Mr Bogart Blätter aus, auf denen eine Landkarte abgebildet war.
    »Das ist ein ungekönigter Test«, sagte er. »Ihr müsst auf der Landkarte die haubsch Tee Tee eintragen.«
    Die anderen Kinder stöhnten, bevor sie zu schreiben begannen. Ich blickte auf meinen Test hinab und dann voller Verzweiflung auf den des weißen Mädchens, um dort vielleicht zu sehen, was von uns verlangt wurde. Plötzlich wurde mir das Blatt unter den Fingern weggezogen. Mr Bogart stand neben mir und hielt meinen Test in der Hand.
    »Es wird nicht A geschrieben !«, sagte er. Seine Nase und seine Wangen waren gerötet, als würde er einen Hautausschlag bekommen. »Dafür gibt’s nur Punkte!«
    »Mir tut leid, Sir …«, setzte ich an. Ich hatte doch gar kein A geschrieben. Was hatte er also gemeint? In Hongkong hatte ich Englisch in der Schule gelernt, aber die Aussprache meines alten Lehrers hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem, was ich hier in Brooklyn zu hören bekam.
    »Esss«, sagte er zischend, »tut mir leid.«
    »Es tut mir leid«, wiederholte ich. Meine Fehler machten ihn offensichtlich wütend, auch wenn ich nicht genau verstand warum.
    Mr Bogart schrieb eine große »0« auf meinen Test und gab ihn mir zurück. Die Null schien zu leuchten und grelle Blinklichter an den Rest der Klasse zu senden. Was würde Mama dazu sagen? Ich hatte noch nie null Punkte bekommen, und jetzt glaubten auch noch alle, ich hätte geschummelt. Meine einzige Hoffnung bestand darin, Mr Bogart mit meinem Fleiß zu beeindrucken, wenn es nach dem Unterricht ans Säubern der Klassenräume ging. Auch wenn ich hier anscheinend jeden Anspruch auf Intelligenz verwirkt hatte, konnte ich ihm zumindest beweisen, dass ich hart arbeiten

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