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Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Goodbye Chinatown: Roman (German Edition)

Titel: Goodbye Chinatown: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Kwok
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Englisch: »Denk nicht mal dran, Nelson.«
    »Was meinst du?«
    »Lass es einfach.« Und er ließ es.
    Seine Privatschule auf Staten Island war deutlich kleiner als Harrison. Nelson schien zu schrumpfen, sobald er auf der Bühne stand, und wurde zu einem rotgesichtigen, schüchternen Jungen. Seine Debattiermannschaft verlor.
     
    Eigentlich hätte uns klar sein müssen, dass der Backofen irgendwann schlappmachen würde, wenn er Winter für Winter den ganzen Morgen und Abend lief. Aber es war trotzdem
ein großer Schock für uns, als er schließlich kaputtging. Die Kälte kroch den Boden entlang, ließ das Wasser in der Toilette gefrieren, verstärkte die Eisschicht auf der Innenseite der Fenster. Mama und ich kuschelten uns die ganze Nacht auf der Matratze zusammen, um wenigstens ein bisschen Wärme abzubekommen, und türmten alles, was wir besaßen, über uns auf.
    Mama rief einen Mann an, den uns eine der Knopf-Annäherinnen empfohlen hatte. Er war billig, arbeitete schwarz, und die Frau sagte, er habe in China eine Zulassung als Klempner. Das konnte nur bedeuten, dass er hier keine hatte.
    Hemd und Overall des Mannes waren schmutzig und ein paar Nummern zu groß, so als hätte er sie gestohlen. Er zog seinen Werkzeugkasten auf dem Boden hinter sich her und hinterließ Kratzspuren auf dem Linoleum. Ich zuckte zusammen, als er mit dem Hammer auf das Regelventil schlug, ein empfindliches Kleinteil, wie ich wusste. Nachdem er einen Heidenlärm veranstaltet hatte – vermutlich, um uns mit seiner Kraftanstrengung zu beeindrucken –, kam er hinter dem Backofen hervor und teilte uns mit, dass er irreparabel sei und sein Besuch uns hundert Dollar koste.
    »So viel Geld habe ich nicht da«, sagte Mama und legte bestürzt die Hand an die Wange.
    Ich nahm kein Blatt vor den Mund: »Sie haben es noch schlimmer gemacht, als es war! Sie wollen uns wohl auf die Beinknochen schlagen!« Damit meinte ich, dass er unsere Hilflosigkeit ausnutzte, denn das war offensichtlich. Der Ofen war in seine Einzelteile zerlegt, und ein Teil seiner Innereien lag in der Küchenspüle.
    Der Mann baute sich drohend vor mir auf. Dem Akzent nach war er aus Nordchina. »Ich habe hier meine Zeit vergeudet, und ich will mein Geld!«
    Mama versuchte mich beiseitezuschieben. »Lass mich das regeln, Kimberly.«
    »Hau bloß ab, Kleine«, sagte der Mann.
    Ich befürchtete, dass Mama klein beigab und sich bereiterklärte, ihn später zu bezahlen. Mit meinen sechzehn Jahren besaß ich das Selbstvertrauen eines Teenagers, der schon zu lange gezwungen war, wie ein Erwachsener aufzutreten. Ich wusste nicht genug, um Angst zu haben, aber ich wusste, dass ich meinen Beitrag zu unserem Lebensunterhalt leistete und nicht vorhatte, ihn einfach wegzuwerfen. Hundert Dollar waren zehntausend Röcke. Ein Vermögen.
    »Wenn Sie Ihr Geld wollen, zeigen Sie mir zuerst Ihre Papiere«, verlangte ich.
    »Wozu?«
    »Ihren Pass, bitte.«
    Meine indirekte Drohung brachte ihn dazu, sich wie ein Kugelfisch aufzublasen. »Du willst also meine Papiere?«
    Ich stand in der Nähe des Telefons an der Küchenwand und machte nun einen Schritt darauf zu, um nach dem Hörer zu greifen und Annettes Nummer zu wählen.
    »Wen rufst du an?«
    »Die Polizei.«
    Sein Blick wurde starr, er überlegte, was er tun sollte. Annettes kleiner Bruder nahm den Hörer ab.
    »Hallo«, sagte ich auf Englisch. »Können Sie bitte jemanden vorbeischicken, die Adresse ist …«
    Der Mann schnappte sich seine Sachen und rannte die Treppe hinunter, allerdings nicht, ohne mir noch einen letzten unheilvollen Blick zuzuwerfen. Die Zeit schien stillzustehen, dann hörten wir endlich unten die Türe zufallen. Mama ließ sich erleichtert auf einen Stuhl plumpsen.
    »Falsch verbunden«, sagte ich schnell und hängte auf.
Hoffentlich hatte Annettes Bruder meine Stimme nicht erkannt.
    »Was für einen Diebeskopf und ein Diebeshirn er hatte«, sagte Mama schwach.
    »Und ein Wolfsherz und eine Hundelunge noch dazu.« Unzuverlässig und bösartig. Mein Herz hopste immer noch wie ein Frosch in meiner Brust herum.
    Wenigstens war er weg. Aber der Ofen war immer noch kaputt, und die Temperaturen sollten in den kommenden Tagen unter den Gefrierpunkt fallen.

11
    I ch rief den örtlichen Gasversorger Brooklyn Union Gas an, der uns einen Klempner schickte, einen beleibten Afroamerikaner, der von Kopf bis Fuß in blauer Arbeitsmontur steckte. Der Gürtel schnürte seinen Bauch ab, und als er durch die Tür hereinkam und sich in

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