Google-Mitarbeiter Nr. 59
Techniker es nicht schneller taten – und das sagten sie ihnen auch.
Das Feedback zu unserer Gruppe war vieldeutiger.
»Marketing sollte weniger risikoscheu sein«, sagte Larry.
»Und kreativer«, ergänzte Sergey.
»Und produktiver«, schlussfolgerten sie.
Cindy hielt uns auf dem Laufenden, wenn die Unfähigkeit von Marketing, Dinge geschehen zu lassen, ein Diskussionsthema auf Topebene war. Es schien häufig eines zu sein.
»Lass dich nicht vom endgültigen Abschluss einer Aufgabe abhalten«, schrieb Cindy in meiner Beurteilung nach sechs Monaten. »Finde den schnellsten Weg heraus, es zu erledigen. Und lass nicht deine unverkennbar hohen Standards abrutschen!«
»Unbedingt«, versicherte ich ihr. Aber ohne Unterstützung durch die Techniker konnten einige Dinge nicht geschehen. Und Unterstützung von der Technik kam nur, wenn ein Projekt von Larry oder Sergey befürwortet wurde. Dass persönliche Beziehungen zu berücksichtigen waren, fügte einen verkomplizierenden Faktor hinzu.
Google war ein Unternehmen, das einem mehr Nähe aufzwang als die meisten Firmen – durch überfüllte Arbeitsräume, gemeinsame Mahlzeiten und Skiausflüge der gesamten Firma bis zu der permanenten elektronischen Zugangmöglichkeit 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Wir sahen viel voneinander und wurden häufig gute Freunde – aber Platzmangel brachte die Menschen auch auseinander. Kleine Sünden und Eigenarten wurden unvermeidlich zu Reizmitteln. Privatsphäre war schwierig zu finden und persönliche Hygiene erhielt eine zusätzliche Wichtigkeit. Es gab Unterströmungen von Ärger und Abwendung, und als sich der Leistungsdruck verstärkte, manchmal unverhohlene Verbitterung. Und mittendrin verliebten sich Menschen und trennten sich wieder, heirateten und ließen sich scheiden. Für einige war Google mit der Zeit mehr ein Lebensstil als ein Arbeitgeber.
Ich ging gern zur Arbeit und mochte meinen Job. Ich mochte die Herausforderungen und die Energie und ich mochte meine Kollegen – mit denen ich mehr Stunden verbrachte als mit meiner Familie. Aber für mich war der Googleplex nur ein Ort, um Dinge zu tun. Ich war ein 41-jähriger Familienvater mit drei Kindern, zwei Autos, einer Katze und einer Hypothek. Ich hatte bereits ein Zuhause.
12 Spaß und Namen
Sergey saß mit Susan im Bug des Aluminiumkanus, das ich den Russian River in Sonoma County hinuntersteuerte. Es war September 2000 und ich setzte alle Navigationskenntnisse ein, die ich im Ferienlager aufgeschnappt hatte, um uns von Felsen und überhängenden Zweigen fernzuhalten. Um uns herum spritzten andere Googler mit überdimensionierten Wasserpistolen und johlten fröhlich, wenn jemand auf Grund lief oder kenterte.
»Paddel näher an das Kanu von Larry heran«, drängte Sergey mich, während er sein Hemd auszog und sich an den Bootsrand hockte. Im nächsten Moment war er schon aus dem Kanu gesprungen und schwamm zu seinem Mitgründer, packte das Kanu am oberen Rand und schaukelte es, als wolle er es zum Kentern bringen. Dann zog er weiter, um eines der anderen Boote anzugreifen.
Als wir zwei Stunden später die letzte Sandbank erreichten, wartete Larry auf uns, um Rache zu nehmen. Während ich das Kanu auf den Strand zog, rannte er durch das seichte Wasser auf uns zu.
»Aha«, dachte ich. »Jetzt geht Sergey baden.«
Ich wurde völlig überrumpelt, als Larry Sergey stehen ließ, stattdessen mich packte und ins Wasser warf. Ich war nie zuvor Ziel einer physischen Attacke durch einen Manager gewesen. Es war die Art ausgelassener Rangelei, die ich mit halbstarken Jungs verband. Lächelnd marschierte ich aus dem Wasser. Der Kanu-Trip sollte die Beziehungen unter den Googlern verbessern und die Verkrustungen aufbrechen, die in der Atmosphäre eines Großraumbüros entstehen. Es war firmenseitig angeordneter Spaß – aber es funktionierte.
Ich mag bis zu diesem Punkt den Eindruck erweckt haben, dass Google ein unbarmherziger Dampfkessel war, in dem wir jede Unze Schweiß und Leidenschaft gaben, um das übergeordnete Wohl, das unseren brillanten und fordernden Gründer vorschwebte, anzustreben. Das trifft es auch ziemlich genau. Eine hochschwangere Projektleiterin – von Erschöpfung übermannt – entschuldigte sich bei mir dafür, dass sie eine E-Mail nicht beantwortete, die ich ihr nach Mitternacht geschickt hatte. Sie gestand verschämt ein, dass sie eingeschlafen war. Jedoch war Google auch ein großartiger Platz, um mit interessanten Leuten herumzulungern,
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