Google-Mitarbeiter Nr. 59
ich stellte mich jedem am Tisch vor. Sie nannten mir alle ihren Namen, bis auf diesen einen Kerl, der irgendwie schüchtern wirkte. Ich fragte ihn, wer er sei, und er sagte, dass er Larry hieße. Also fragte ich ihn, was er tue. Und er sagte, dass er Larry Page sei, der CEO. Ich hatte ja keine Ahnung.«
Google hatte einen kulturellen Meilenstein erreicht. Das Unternehmen war so groß geworden, dass Larry und Sergey nicht mehr die Zeit hatten, jeden Neueinsteiger persönlich zu interviewen. Das führte eine Woche später zu einem Problem für Larry, als er unser neues Neun-Personen-Büro in New York besuchte. Sie weigerten sich, ihn hineinzulassen, weil sie nicht glaubten, dass er der war, der zu sein er behauptete.
Größtenteils bedeutete jedoch das Wachstum, dass wir mehr zu tun hatten. Mehr Arbeit an der Infrastruktur, mehr Geschäfte in der Anbahnung, mehr Verkäufer, die Kunden anrufen, und mehr Produkte in der Entwicklung. Eines dieser Produkte war eine Toolbar, die ein Suchfenster direkt in die Browser von Usern integrierte und ihnen ermöglichte, Google-Suchen auszuführen, ohne auf Google.com zu gehen. Das Produkt war von Joel Spolsky, einem freien Entwickler, erarbeitet worden und beruhte auf einem Prototypen, den mein UI-Teamkollege Bay Chang entwickelt hatte. Der Googler David Watson schuf die erste arbeitsfähige Version und Eric Fredricksen finalisierte die Software, die wir tatsächlich einführten. Larry war sehr an der Fertigstellung interessiert.
Die Google-Toolbar brachte mehr mit als nur ein Suchfenster. Sie hatte »erweiterte Funktionen«. Eine zeigte einen grünen Balken, dessen jeweilige Länge dem PageRank der Website entsprach, die der User besuchte. Der PageRank war die Bewertung der Wichtigkeit von einer Seite durch Google, abgeleitet aus der Wichtigkeit der Seiten, die darauf verlinkten. Das Wissen über den PageRank einer Seite konnte ein Gefühl dafür geben, ob Google eine Seite als zuverlässig ansah. Es war die Sorte dämlicher Funktionen, die Techniker lieben, weil sie einen objektiven Datenpunkt zur Verfügung stellen, auf dessen Basis man seine Meinung bilden kann. Alles Friede, Freude, Eierkuchen. Außer dass die »erweiterten Funktionen«, wenn sie aktiviert wurden, Google auch Einblick auf jede Seite gaben, die ein Benutzer ansah.
Um den PageRank einer Seite mitzuteilen, musste Google wissen, welche Seite man besucht. Die Toolbar sendete diese Daten an Google, wenn man das zuließ, und Google würde den grünen Balken anzeigen. Der Schlüssel war: »wenn man es zulässt«, weil man auch eine Version der Toolbar herunterladen konnte, die keine Daten an Google zurücksandte. Der User konnte wählen, obwohl Larry und das Technikteam glaubten – und hofften –, dass die meisten Menschen nicht auf die erweiterten Funktionen verzichten würden, nur weil Google etwas über ihre Surfgewohnheiten erfahren könnte. Wir reden hier von freien Zusatzdaten. Während die Kenntnis des PageRanks einer Seite für User nur einen nominellen Wert haben könnte, wäre das Wissen, welche Seiten User besuchten, unschätzbar wertvoll für Google. Die PageRank-Anzeige lieferte die Rechtfertigung dafür, diese zusammenzutragen.
Ich hielt es im Hinblick auf Privatsphäre für einen enormen Kompromiss. Ich wusste, dass wir planten, die Daten zu anonymisieren, und die Liste der besuchten Seiten nicht mit der Identität des Users abgleichen würden. Und trotzdem fand ich es irgendwie unheimlich und vermutlich würde es nicht nur mir so gehen. Wie konnten wir also die User informieren, ohne sie zu verjagen?
Wenn wir sagten, dass das Aktivieren der erweiterten Funktionen Google jede Webseite zeigen würde, die ein User besuchte, würden viele Menschen niemals die Software herunterladen. Das wäre eine Katastrophe. Die Toolbar war eine Geheimwaffe in unserem Krieg gegen Microsoft. Durch das Einbetten der Toolbar in den Browser eröffnete Google eine weitere Front im Kampf um ungefilterten Zugang zu Usern. Bill Gates wollte komplette Kontrolle über die PC-Erfahrung und es gab Gerüchte, dass die nächste Version von Windows ein Suchfenster direkt auf dem Desktop beinhalten würde. Wir mussten sicherstellen, dass das Suchfenster von Google nicht zu einem veralteten Relikt wurde. Um das zu erreichen, würden wir Microsofts Stärke zu unserem Vorteil nutzen und eine Gruppe innerhalb des Unternehmens in Redmond gegen die andere ausspielen.
Wenn die Google-Toolbar so populär wurde, dass die Leute extra den
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