Google-Mitarbeiter Nr. 59
sie eine abschätzige Bemerkung über einen Kandidaten, den sie interviewt hatten. Sie nannten keine Namen, nur vage Disqualifikationen aufgrund von fehlendem Technikverständnis oder »Googleyness«.
Beim TGIF am 23. März 2001 stellten Larry und Sergey den versammelten Mitarbeitern zwei Noogler vor: Dirk Aguilar als internationalen Anzeigenanalysten und Eric Schmidt als Vorsitzenden des Aufsichtsrates. Es wurde angenommen, dass Eric zum CEO von Google ernannt würde, sobald er sich von seiner Verpflichtung als CEO von Novell befreien könnte. Ich war elektrisiert, nicht nur, weil ich Eric kannte und spürte, dass er uns zur Suchdominanz führen würde, sondern auch, weil das lange Warten endlich vorbei war. Das Licht, das wir am Ende des Tunnels sehen konnten, war das Google-Tickerkürzel, das über die NSDAQ-Tafel am Times Square flimmerte. 76 Als ich erfuhr, dass Google einen CEO eingestellt hatte, erlaubte ich mir einen Hoffnungsschimmer. Sicher würde jemand, der für große, wettbewerbsstarke Unternehmen wie Novell und Sun Microsystems gearbeitet hatte, die Bedeutung eines starken Marketings kennen. Vielleicht würde er das Branding als ein starkes Werkzeug ansehen, um Marktanteile zu gewinnen. Vielleicht wollte er die Google-Geschichte auf neue und kreative Wege der ganzen Welt erzählen. Oder vielleicht würde er Cindys blutarme Mitarbeiter stärken, mein dürres Budget erhöhen und unsere 48-Kilo-Abteilung in einen 250-Kilo-Gorilla verwandeln. Vielleicht könnte er auch Aussätzige heilen und Blinde sehen lassen. Wer weiß? Ich wusste es. Larry und Sergey würden so jemanden niemals einstellen.
»Ich glaube nicht an Messen«, informierte Eric Cindy und mich bei einem Kennenlern-Meeting, das er kurz nach seinem Antritt ansetzte. Es gab einen neuen Sheriff in der Stadt und unsere Tage verschwenderischen Ausgebens und unbekümmerter Exzesse waren vorbei. Erics Vorstellungen über Marketing spiegelten die unserer Gründer, nur eine Spur paranoider, beruhend auf Erfahrungen.
»Ich habe erlebt, wie die Budgets für Branchenmessen wuchsen und wuchsen«, erfreute Eric uns, »bis sie so aufgeblasen waren, dass man für ein ganzes Warenlager voller Messestände und Möbeln zahlte sowie Lkws, um sie herumzufahren. Wir werden das nicht tun.«
»Wir werden kein Geld für Massenmedien ausgeben«, fuhr er fort. »Keine Fernsehspots oder auflagenstarke Magazine. Und alles, was ihr kauft, muss von mir persönlich vorher freigegeben werden.«
Ich lehnte mich zurück, bestürzt über die Erkenntnis, dass wir ein übergewichtiger Kostenbereich waren, dem Selbstdisziplin beigebracht werden musste. Wir hatten niemals an einer Messe teilgenommen. Wir hatten einen Stand – lediglich einen armseligen Aufklapprahmen mit Bildern, die wir mithilfe von Klettbändern befestigt hatten, und der in einer Röhre transportiert wurde. Wir hatten niemals Massenmarkt-Medien eingesetzt, abgesehen von Bannern und unserem Einkauf bei Yahoo. Eric wusste offensichtlich gar nichts über unsere Marketingabteilung, aber er kam rein und holte den dicken Knüppel heraus, um uns zurechtzustutzen. Ich war bestürzt, aber nicht überrascht. Als unser neuer CEO wollte Eric die Kosten im Griff haben und an seinem ersten Tag den Ton vorgeben. Und ich war nicht überrascht, dass Larry und Sergey ihn nicht damit behelligt hatten, ihm zu erzählen, dass unsere Marketinggruppe anders war als die, mit denen er bisher gearbeitet hatte, oder – falls sie es getan hatten – glaubte er ihnen das nicht.
Wir nickten und beteiligten uns, wo wir konnten, murmelten Amen und Hosianna, falls er uns ließ. Ein paar davon schien er mitzubekommen. Als wir ihn informierten, dass die Google-T-Shirts unser größter Ausgabenposten waren, lächelte er zustimmend.
»Das ist gut. Macht so weiter. Wenn jemand unser Produkt so sehr liebt, dass er unsere Marke tragen will, sollten wir alles unternehmen, um das möglich zu machen. Und es ist hervorragend für die Mitarbeitermoral, jeden mit dem Unternehmenslogo zu schmücken.« Er durfte bald darauf die Kosten für sanforisierte Baumwolle in siebenstelliger Höhe abzeichnen.
Cindy und ich waren uns einig, dass wir Eric auf den neuesten Stand bringen müssten. Ich entwarf ein Memo, in dem wir unsere Markenstrategie darlegten, und listete unsere Leitsätze auf:
PR und Mundpropaganda wirken besser als Anzeigen. 77
Bezahlte Anzeigen schaden unserer Marke. Wir konzentrieren uns auf die »Freude am Entdecken«.
Wir werden schneller
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