Google-Mitarbeiter Nr. 59
gleichermaßen Zugang hatten. Japanische Massagesessel, die in der Lobby aufgestellt wurden, verhinderten nicht das Blühen eines Schwarzmarkts für Massagegutscheine. In Googles Schattenwirtschaft wurden die Gutscheine – ursprünglich als Zeichen der Anerkennung oder Belohnung für herausragende Arbeit überreicht – zweckentfremdet als Bestechung für Ausrüstung oder technische Dienstleistungen oder sogar als Getränkegutscheine bei Firmenpartys verwendet.
Und wenn der Massagetisch nicht zur Verfügung stand, um Betawellen der Aktivität zu mindern, dann blieb immer noch der blaue Raum.
»Ich fürchte, wir stecken in einer Sackgasse«, sagte ich zu Salar, während wir die Köpfe über einem Branding-Problem zusammensteckten, bei dem keiner von uns nachgeben wollte. »Wir treffen uns in einer Viertelstunde im blauen Raum, um das ein für alle Mal zu entscheiden.« Als er dort auftauchte, reichte ich ihm einen Dreamcast Controller und lud die Soul-Calibur-DVD. Für die nächsten zehn Minuten kämpften wir auf dem Bildschirm als zwei mythische Krieger, die nur daran interessiert waren, den anderen zu zerstören. Geschickt wies ich ihn in seine Schranken, bewies die Überlegenheit des Marketingbewusstseins und meiner Fingerfertigkeit. Man muss Salar zugute halten, dass er sich rasch von dem vernichtenden Schlag erholte und für Google eine Reihe von Leistungen einbrachte, die nur einen Hauch weniger beeindruckend waren als der Schlag, mit dem ich ihn im dritten Spiel aus dem Ring beförderte.
Ben Smith 33 , Ray Sidney, Bogdan Cocosel und John Bauer besaßen ebenfalls die Fähigkeit, zu töten, und schworen Rache, wenn sie von zusammenbrechenden Servern gezwungen wurden, ihr Spiel abzubrechen, nur weil Google ins Trudeln geriet.
»Wir sind runter? Wo? Die Ostküste? Also gut, nur eine Minute. Dort ist es 4 Uhr morgens. Es wird niemand merken, wenn ich vorher schnell noch die Runde zu Ende spiele.«
Die Spiele uferten derartig aus, dass sie am Tag verboten wurden, was zu einem rapiden Anstieg an E-Mail-Herausforderungen führte, die während der Nacht hin- und herflogen und oft nur die simple Betreffzeile enthielten: »Meine Seele brennt immer noch.«
Kosmischer Charlie, wie geht es dir?
»Nein, danke«, sagte ich zu Charlie Ayers. »Das esse ich nicht.«
»Das liegt nur daran, dass deine Mama sie nie so zubereitet hat«, antwortete Charlie und beugte sich mit dem grinsenden Selbstvertrauen eines Gebrauchtwagenhändlers über die dampfenden Tabletts. »Die meisten Leute zerkochen die Limabohnen, bis sie grau und mehlig sind. Man muss sie frisch und grün servieren.«
»Hm. Okay«, sagte ich und legte fünf Limabohnen auf meinen Teller.
»Und versuch das hier«, sagte Charlie und fegte mit der Hand über ein mit goldbraun gebackenen Hähnchenteilen beladenes Tablett, als wäre es ein wie neu aussehender Thunderbird, der einer Baptistenwitwe gehört hatte, die damit nur sonntags in die Kirche gefahren war. »Weißt du, wo ich das Rezept herhabe? Von Elvis Presleys persönlichem Koch. Das ist exakt das gleiche Southern-fried Chicken, das der King und Colonel Tom Parker zu essen pflegten. Sag mir, dass das nicht das verdammt beste Hühnchen ist, das du je gegessen hast.«
Während ich damit rang, wo mein Platz in der Firma war, hatte Charlie Ayers keinerlei Zweifel, wo er hingehörte: In die Küche. Charlie war der Koch, den Larry und Sergey in der Woche eingestellt hatten, in der auch ich bei Google anfing. Er hatte sofort damit angefangen, den im Erdgeschoss liegenden Essbereich in ein Arbeits-Café zu verwandeln (er korrigierte jeden, der stillos genug war, von einer Cafeteria zu sprechen). Laut seiner oft verbalisierten »professionellen Meinung« waren die Räumlichkeiten bedauernswert unzureichend für das, was er tun wollte: das gesunde biologische Essen erschaffen, das er serviert hatte, während er für den Konzertveranstalter Bill Graham Presents gearbeitet hatte.
Obwohl wir Charlies Geschichte schließlich abkürzten zu »ehemaliger Koch von Grateful Dead«, stellte er stets klar, dass ihn die Dead nie engagiert hatten; er hatte nur gelegentlich für sie gekocht. »Er ist nicht an dem Zeug gestorben, mit dem ich ihn beköstigt habe«, protestierte Charlie, als Mitarbeiter Jerry Garcias Gewicht und frühes Dahinscheiden erwähnten.
Mehr als 60 Googler zu verköstigen – die meisten von ihnen jung und mit dem Kalorienverbrauch eines Orkas – brachte Charlie mit nur einem Assistenzkoch und ein paar
Weitere Kostenlose Bücher