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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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war, als sie auf die Idee kamen, den Mitarbeitern freies Essen anzubieten.
    Über Googles kostenlose Mahlzeiten wurde viel geschrieben (eine Schätzung der jährlichen Kosten lag bei 72 Millionen Dollar) 35 , aber die Grundzüge des Programms waren einfach: Mittag- und Abendessen waren kostenlos und wir konnten von unserem ersten bis zum letzten Tag in diesem Unternehmen so viel essen, wie wir wollten. Wie die meisten Googler verbrachte ich weniger als eine halbe Stunde beim Mittagessen, und wenn ich eine Deadline hatte, holte ich mir nur rasch eine Portion und nahm den Teller mit zu meinem Arbeitsplatz. Ohne das Café hätte ich 20 Minuten durch die Fahrt zu einem Restaurant verloren, eine halbe Stunde für das Essen und noch einmal 20 Minuten, um wieder zurückzufahren. Ich hätte aufgehört, an Google zu denken, sobald ich durch die Eingangstür war, damit ich mich darauf konzentrieren konnte, fettige, salzgetränkte Nahrung aufzunehmen auf meinem Weg zu mehr krankheitsbedingten Fehltagen und einem frühzeitigen Tod. So gesehen ergab die Firmenpolitik für mich Sinn.
    Charlie hatte jedoch ein Budget und in Anbetracht seiner Klagen über dessen Begrenzungen war jeder sprachlos, als er eines Tages Hummer servierte.
    »Keine Sorge«, versicherte Charlie der Truppe, »ich habe sie günstiger bekommen, weil sie nur eine Schere hatten.« Niemand traute sich zu fragen, wo er einscherigen Hummer aufgetrieben hatte. Vielleicht waren sie zu tief mit Kredithaien getaucht. Sie schmeckten köstlich. Mehr brauchten wir nicht zu wissen.
    Davon abgesehen stellte Charlie sicher, dass nichts verschwendet wurde. »In der ersten Zeit rief Charlie mich runter, damit ich sämtliche Reste essen konnte«, erinnert sich der Techniker Chad Lester gerne. »Anfangs schaffte ich das manchmal. Ich aß erst normal zu Mittag und wartete dann, bis alle anderen gegessen hatten. So gegen halb drei wurde ich wieder hungrig. Charlie holte mich dann und ich konnte alles essen, was noch da war.«
    »Einmal habe ich neun zusätzliche Schweinekoteletts gegessen«, erinnerte sich Chad mit einem glücklichen Lächeln. »Ein anderes Mal reichte mir Charlie eine Rührschüssel voll mit Eis, Schlagsahne, Nüssen, Zuckerstreuseln und Schokoladensoße. Die muss ein paar Pfund gewogen haben. Das war echt krank.«
    Gutes Essen hatte auch die Angewohnheit, gute Mitarbeiter anzuziehen.
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, stöhnte der Techniker Luiz Barroso gegenüber Jeff Dean an dem Abend, als er sich entscheiden musste, ob er bei VMWare oder bei Google anfangen sollte. »Ich habe diese Listen gemacht und alle Pros und Kons aufgeschrieben. Es steht 112 zu 112.«
    Jeff wusste, dass Charlie an dem Tag von Luiz’ Vorstellungsgespräch beim Mittagessen Crème brûlée serviert hatte. »Hast die Crème brûlée berücksichtigt?«, fragte er. »Ich weiß doch, wie gern du die magst.«
    »Oh nein, daran habe ich nicht gedacht«, gestand Luiz. Am nächsten Morgen unterschrieb er bei Google.
    Es war nicht nur eine nette Geste, Bewerber mit einem guten Essen zu versorgen, es war zum Teil Notwendigkeit und zum Teil Persönlichkeitstest. Da sich Vorstellungsgespräche über den ganzen Tag hinzogen, war es wichtig, den Anwärtern genügend Nahrung zu geben, damit sie sich stärken konnten. Die Bewerber waren leicht zu erkennen – herausgeputzt in blauen Anzügen schwitzten sie vor sich hin, umgeben von kauenden und schwatzenden Googlern in Shorts und Sandalen. Jeder Googler in Hörweite konnte Bewerber mit Fragen löchern und die Antworten konnten die Einstellungsentscheidung ebenso beeinflussen wie alles andere bei dem formalen Bewerbungsprozess. Die Google-Wellenlänge auszustrahlen zählte. Ich wusste nie, wen ich treffen würde, während ich darauf wartete, dass eine neue Platte Polenta hingestellt wurde. Anfangs waren die Prominenten, die hereinschneiten, technische Koryphäen wie Esther Dyson, Sun Superstar Kim Polese oder der Chairman von Intel. Aber als Googles Ruhm wuchs, konnte es dir genauso gut passieren, dass du einem Nobelpreisträger oder international bekannten Politikern begegnetest, Leuten wie Muhammad Yunus, Queen Noor, Bill Clinton oder Jimmy Carter, die unter Charlies wachsamen Augen die Alutabletts weiterschoben, während aus den Lautsprechern an den Wänden Grateful Dead schallte. Journalisten aus Japan oder Frankreich standen mitten im Café, richteten ihre Kameras aus und murmelten in ihrer Muttersprache, während sich Zeitungsreporter von

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