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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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Daaaddy.«
    Wie könnte ich ihr einen Vorwurf machen? Während ich mich an die Brust meiner neuen Google-Familie kuschelte, fing sie all die elterlichen Pflichten auf, vor denen ich mich drückte. Backe, backe Kuchen spielen, Makkaroni kochen, Aua wegküssen und das Dach auf unserem kleinen Bungalow gut befestigen, da unser Haus neben dem eines Typen lag, der in seiner Garage Autos reparierte. Und das alles, während sie College-Studenten Vorträge über das Avantgarde-Kino und persische Dichtung des 13. Jahrhunderts hielt.
    Meine früheren Jobs waren beim öffentlichen Rundfunk und Zeitungen gewesen, beides berüchtigt für obszön überhöhte Vergütungspakete. Geld war also nie ein Thema, solange wir nichts kaufen mussten. Kristen spielte nicht den Märtyrer, aber ich spürte ihre Zweifel.
    »Er wollte einfach mal etwas Neues ausprobieren«, hörte ich sie zu einer Freundin am Telefon sagen. »Es ist Google. Nein. Goo-gle. Gooooo-gle. Wie ein Baby, das an einem Schnuller saugt. Ja, es ist eine echte Firma. Na ja, nicht so echt, wie es die Zeitung gewesen ist …«
    Das Gefühl, zu Hause zu versagen, während ich auf spektakuläre Weise im Job hinter den Erwartungen zurückblieb, erschütterte mich. Es gab so viele Dinge, die ich in beiden Bereichen besser tun konnte, dass ich anfing, meinen Stundenplan in 30-sekündige Einheiten zu zerlegen und in Satzfragmenten zu kommunizieren.
    »Adam! Aufstehen, anziehen, in 90 Sekunden fertig zum Aufbruch.« Adam war elf. »Nathaniel. Bad? Socken und Schuhe im Auto. Hose auch.« Nathaniel war sechs. »Avalon. Windel?« Avalon war eins.
    Erstaunlicherweise akzeptieren Kinder diese Art der Interaktion nicht. Ich musste mich zwingen, mich daran zu erinnern, dass das Ziel eines Vaters nicht darin bestand, ein Set an Instruktionen herunterzuladen, das Verständnis zu überprüfen und dann auf einer endlosen Liste von Aufgaben zur nächsten überzugehen.
    Währenddessen trudelten um Mitternacht Nachfragen wegen Aufträgen, die ich fünf Stunden zuvor erhalten hatte, in meinen Posteingang ein. Dringende Erinnerungs-E-Mails kamen fünf Minuten später.
    »Ich wollte nur mal nachfragen. Wann kommst du mit dem Text für den Browser rüber? In einer Stunde müssen wir das Programm einchecken.«
    Wenn eine Aufgabe hinter dem Zeitplan zurückblieb, fiel das damit verbundene Projekt immer tiefer, bis es schließlich brennend auf einer mit Schaum bedeckten Landebahn herunterkam. Ich wollte mir die Zeit nehmen, alles richtig zu machen, den Stil polieren und den Text überarbeiten, die Ausrichtung lieber zweimal prüfen und punktgenau an die beabsichtige Zielgruppe abgeben. Die Techniker dagegen wollten das Zeug aus dem Fenster schaufeln, obwohl es noch eine Meile von dort entfernt war, wo es hin sollte.
    »Gut genug ist gut genug«, war der Standard, den Urs für die Technik setzte. In diese fünf Worte schloss er eine Philosophie zur Lösung von Problemen, Zuschneiden von Komplexität und die Akzeptanz von Fehlern ein. Es sollte in den Stoff jedes Arbeitsbereiches bei Google gestickt werden. Es trieb Googles Softwareentwicklung voran, das Herz und die Seele der Unternehmenstechnologie.
    »Wenn du eine Liste hast, die mehr Aufgaben umfasst, als du bewältigen kannst, musst du Prioritäten setzen«, instruierte uns Urs. »Wenn du einem Projekt eine schnelle Verbesserung zukommen lässt, mit der du 80 Prozent des Wegs zur Lösung des Problems zurückgelegt hast, hast du es zwar nicht gelöst, aber das ist besser als die Projekte, die du gar nicht bearbeitet hast.« Und dann legte er den Finger auf den wunden Punkt meiner Beziehung zur Technik. »Sobald ein Projekt auf den Weg gebracht ist, solltest du an etwas anderem arbeiten, auch wenn es nicht fertig geworden ist.«
    Wie zum Teufel sollte ich die Arbeit an etwas einstellen, das nicht fertig war? Die ganze Welt würde die Kratzer in unseren Metall-Flake-Anstrichen und die Dellen in den Türblechen unserer Corporate Identity sehen. Welche Schande!
    »Selbst wenn etwas als Riesensache beginnt, so verliert es an Bedeutung, während du daran arbeitest, weil du Teile davon erledigst«, informierte uns Urs. »Irgendwann werden nur noch alle Probleme bearbeitet, die wirklich wichtig sind. Das ist meine Definition von Erfolg: Mit der richtigen Job-Einstellung bekommst du den Luxus, es richtig zu machen und weit über das hinauszugelangen, was ›du tun musst‹.« 45
    In der Einleitung habe ich die Bedeutung des Einstellens neuer Mitarbeiter

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