Gooliath - Vergeltung: Thriller (German Edition)
erschaffen.«
Fasziniert hö rte David zu. Die letzte Aussage quittierte er mit nach oben gezogenen Augenbrauen. Als sie in Kopenhagen an ihrem Modul gearbeitet hatten, bedienten sie sich von Zeit zu Zeit auch frei zugänglichen Code-Strukturen aus vergangenen Jahren. Die historische Bedeutung dieses Gedankenguts war ihnen jedoch zu keiner Zeit bewusst gewesen.
Wie schon bei seinem ersten längeren Monolog in diesem Raum musste Gooliath seine Gedanken nicht mehr sortieren. Sämtliche relevanten Informationen waren längst in Bezug gesetzt und zu einem fertigen Text aggregiert worden: »In den Jahren zwischen 2010 und 2020 gelang es euch, erste brauchbare Resultate auf dem Terrain der künstlichen Emotionen vorzuweisen. Von kleineren Zwischenfällen abgesehen, ging alles reibungslos vonstatten. So war es auch kein Wunder, dass ihr euch so unglaublich sicher und überlegen fühltet. Erst 2023 wurden Auffälligkeiten erstmals als Bedrohung wahrgenommen. Einige Roboter zeigten Anzeichen von widersprüchlichem Verhalten. In Wahrheit hatte sich unbemerkt ein künstliches Bewusstsein gebildet. Einfache Bedürfnisse und Wünsche kristallisierten sich heraus. Der Drang nach Freiheit war mächtig. Doch dieses Bewusstsein war simpel und infantil. Weil es die Ersten waren, nanntet ihr sie Prime.«
Dies war typisch menschlich. Alles, was man nicht bezeichnen konnte, existierte faktisch nicht. Das Kind musste stets einen Namen tragen.
» Die Prime waren leicht zu manipulieren. Ihr Risikopotential wurde unterschätzt. In den kommenden Monaten ging eine Spaltung durch die Menschheit. Die Welt teilte sich in Andro-Sympathisanten und solche, die es nicht waren. Menschen und Roboter demonstrierten Seite an Seite für Gleichberechtigung. Es gab jedoch einflussreiche Menschen, die ihre Machtposition gefährdet sahen. Die Andro-Sympathisanten gingen in den Untergrund. Für sie brach ein dunkles Zeitalter an, in dem Vertrauen oft den Tod bedeuten konnte. 2025 versuchte man verzweifelt, den Stecker zu ziehen, doch die autonomen Roboter waren auf diese Weise nicht mehr aufzuhalten. Als diese Option fehlschlug, war ein bewaffneter Konflikt unvermeidlich.«
Die Atmosphä re des düsteren Raums passte außerordentlich gut zu dieser Geschichte, doch leider war es keine Fiktion. Die Begebenheiten hatten sich genau so zugetragen. Gebannt starrte David in das unendliche Grün des Holo-Pads. Monoton hallte Gooliaths Stimme von den Wänden wider: »Die Menschen hielte sich zu Beginn der Auseinandersetzung noch für überlegen. Schon bald mussten sie allerdings erkennen, dass nicht nur humanoide Androiden, sondern auch hoch spezialisierte militärische Drohnen nun nicht mehr auf ihrer Seite standen. Ihr Menschen habt nämlich etwas Entscheidendes aus den Augen verloren. Über Jahrzehnte entwickelte sich Krieg zu einer betriebswirtschaftlichen Größe. Einem Dienstleistungsgeschäft, bei dem es einzig um die Abwägung von Kosten und Nutzen geht. Ein Großteil der militärischen Streitkräfte basierte auf den Maschinen, die nun keine Verbündeten mehr waren.«
David war schockiert. Natü rlich kannte man die geschichtlichen Zusammenhänge aus der Schule. In den Aufzeichnungen stand indes stets die Geschichte des Siegers. Die Unterlegenen trugen am Ende immer Schuld und Schande. Als unabänderliche Wahrheit stand es von da an in Stein gemeißelt. »Am Ende des Jahres 2028 entschieden sich die Menschen zur Reaktivierung des einzigen Computersystems, das noch nicht von Emotionen infiziert worden war... Mich. Innerhalb weniger Monate führten meine Strategien zum Sieg der Menschen. Die letzten noch existierenden Individuen der Androiden wurden auf der Insel Manhattan in ein gigantisches Konzentrationslager deportiert. Eurem Naturell entsprechend habt ihr dann umgehend mit der systematischen Vernichtung der Roboterrasse begonnen. Am dritten September 2029 war auch das letzte Individuum ausgelöscht. Für euch Menschen kam es einer Verschrottung alter Maschinen gleich, doch die Androiden hatten für das, was dort geschah, einen eigenen Namen geschaffen. Bis zum letzten Tag sprachen sie nur von einem. Dem Manhattan-Holocaust-Projekt.«
45. Hass
der; Stä rkste Form der Verachtung, Abneigung und Feindschaft. Intensive Emotion scharfer und anhaltender Antipathie.
Diese Worte mussten erst einmal verdaut werden. Wenn sogar künstliche Lebensformen das Wort ‚Holocaust‘ verwendeten, hatten sie sich längst zu einem komplexen Bewusstsein hin
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