GOR-Zyklus 01 - Gor - die Gegenerde
mutigen Kämpfer Ars ihre Stadt bis zum letzten Blutstropfen ve r teidigt hätten, doch die Wissenden wollten es anders. Überraschend erschien der Oberste Wissende der Stadt auf den Mauern. Er hob einen Schild in die Höhe und legte ihn dann zusammen mit einem Speer vor seinen Füßen ab. Diese Geste ist nach goreanischer Gepfloge n heit die Bitte um eine Zusammenkunft, um einen Wa f fenstillstand, ein zeitweiliges Ablegen der Waffen. Bei einer Kapitulation werden die Schildgriffe und der Spee r schaft gebrochen, zum Zeichen, daß sich der Unte r legene selbst entwaffnet hat und sich der Gnade des Siegers e r gibt.
Kurz darauf erschien Pa-Kur auf der ersten Mauer g e genüber dem Obersten Wissenden und vollzog die gle i che Geste. Am gleichen Abend wurden Botschafter au s getauscht, und in Noten und Konferenzen wurden die Kapitulationsbedingungen festg e legt. Bei Tagesanbruch waren die wichtigsten Bedingungen im Lager bekannt, und Ar war gefallen.
Den Wissenden ging es bei den Verhandlungen wei t gehend darum, ihre eigene Sicherheit zu garantieren und nach Möglichkeit eine Verwüstung der Stadt zu verhi n dern. Entsprechend war ihre erste Bedingung, daß Pa-Kur ihnen eine Generalamnestie gewähren sollte. Pa-Kur ging bereitwillig auf diese Forderung ein; ein sinnloses Abschlachten der Wissenden wäre für seine Tru p pen ein böses Omen gewesen, außerdem konnten sie ihm bei der Kontrolle der Bevölkerung wertvolle Die n ste leisten. Weiterhin forderten die Wissenden, die Stadt dürfe nur durch zehntausend bewaffnete Soldaten besetzt werden, während die übrigen Kämpfer der Ho r de die Tore nur unbewaffnet passieren sollten. Es folgte eine Vielzahl von kleineren, komplizierten Konzessi o nen und Bedi n gungen, die zumeist mit der Versorgung der Stadt und dem Schutz ihrer Kaufleute und Bauern zu tun hatten.
Pa-Kur stellte seinerseits die harten Forderungen, die einem goreanischen Eroberer im allgemeinen zustehen. Die Bevölkerung sollte völlig entwaffnet werden. Off i ziere der Kriegerkaste und ihre Familien wurden aufg e spießt und in der Bevölkerung jeder zehnte Mann hing e richtet. Die tausend schö n sten Frauen der Stadt wurden Pa-Kur als Freudensklavinnen zur Verfügung gestellt, der sie an seine höchsten Offiziere weiterreichte. Von den anderen freien Frauen sollten dreißig Prozent – wi e derum die gesündesten und attraktivsten – an die Sold a ten versteigert werden; der Ertrag kam Pa-Kur zu. Si e bentausend junge Männer sollten die Reihen seiner Bel a gerungssklaven schließen. Kinder unter zwölf wurden beliebig auf die anderen freien Städte Gors verteilt. Und was die Sklaven Ars anging, so sollten sie dem gehören, der ihren Kragen auswechselte.
Bei Morgendämmerung verließ eine gewaltige Proze s sion das Lager Pa-Kurs, und als sie die Hauptbrücke über den ersten Graben erreichte, b e gann sich in der Ferne das große Tor der Stadt zu öffnen. Ich war vermutlich der einzige in der riesigen Zuschauermenge, dem nach We i nen zumute war – vielleicht mit der Ausnahme Mintars. Pa-Kur ritt an der Spitze der zehntausend Mann Besa t zungsmacht. Sein Reittier war ein juweleng e schmückter schwarzer Tharlarion, ein seltenes Tier. Verwundert sah ich, daß die große Prozession a n hielt und acht Mitglieder der Kaste der Attentäter eine Sänfte herantrugen.
Plötzlich merkte ich auf. Die Sänfte wurde neben Pa-Kurs Tharlarion abgesetzt. Ein Mädchen wurde herau s gehoben. Sie trug keinen Schleier, und mein Herz machte einen Sprung. Es war Talena! Aber sie trug nicht die R o ben einer Ubara. Sie war barfuß und war in einen langen weißen Umhang gekleidet. Zu meinem Erstaunen waren ihre Handgelenke mit goldenen Handschellen gefesselt; eine goldene Kette ging davon aus, die Pa-Kur nun am Sattel seines Tharlarion befestigte. Im dumpfen Rhyt h mus der Tarntrommeln setzte sich die Prozession wieder in Bewegung, und Talena schritt würdevoll neben dem Tharlarion ihres Siegers einher.
Ich konnte mein Entsetzen kaum verbergen, so daß ein Tharlarionreiter neben mir amüsiert sagte: »Eine der K a pitulationsbedingungen. Talena, die Tochter Marlenus', wird aufgespießt.«
»Aber warum?« fragte ich. »Sie sollte doch Pa-Kurs Braut sein, sollte Ubara von Ar werden.«
»Als Marlenus floh«, sagte der Mann, »haben die Wi s senden entschieden, daß alle Mitglieder seiner Familie aufgespießt werden.« Er lächelte grimmig. »Um nun vor den Stadtbewohnern das Gesicht zu waren, haben sie g e fordert,
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