GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
auf den Planken aus.
Dann stand ich auf und wanderte nach hinten, bis ich die sechste Barke erreichte. Die Sklaven auf ihren R u derbänken rührten sich kaum.
»Gib mir Wasser«, flüsterte ein gefesselter Renceba u er, aber ich ging achtlos an ihm vorüber.
Die Mädchen an den Bugsprieten waren so angebu n den, daß sie nur den Himmel über dem Sumpf sehen konnten; aber sie hätten mich auch so nicht erkannt, ebensowenig wie die gefesselten Rencebauern, die übe r einandergeworfen zwischen den Ruderern lagen. Ich trug meinen Helm, der keine Insignien hatte.
Niemand sprach. Ich hörte nicht einmal das Rasseln einer Kette. Als ich das Ruderdeck der sechsten Barke erreichte, blickte ich zurück und überschaute die Schiffe. Sie gehörten nun mir.
Irgendwo weinte ein Kind.
Ich kehrte zum Vorderdeck der sechsten Barke zurück, löste dort das kleine Renceboot, stieg hinein und stakte es langsam zur ersten Barke vor. Dort machte ich an der Steuerbordseite des Bugs fest, stieg wieder an Bord, b e gab mich auf das Ruderdeck und nahm Platz auf dem Sessel des Rudermeisters.
Telima kniete gefesselt auf der Treppe, die zu mir he r aufführte.
»Ich hasse die Rencebauern«, sagte ich.
»Hast du sie deshalb vor den Männern aus Port Kar gerettet?« fragte sie.
Ich starrte sie wütend an. »Ein Kind war freundlich zu mir.«
»Du hast dies alles wegen des Kindes getan?«
»Ja.«
»Und doch bist du nun grausam gegenüber einem Kind, das gefesselt und hungrig ist.«
Es stimmte. Ich hörte ein Kind weinen – auf der zwe i ten Barke, wie ich nun erkannte.
Wütend stand ich auf. »Ich bin hier der Herr. Wenn ich will, bringe ich euch alle nach Port Kar und verkaufe euch!«
»Das Kind«, sagte sie, »hat Schmerzen. Es ist b e stimmt hungrig und durstig.«
Ich machte kehrt und sprang zur zweiten Barke hi n über. Dort fand ich das Kind, einen etwa fünfjährigen Jungen, blond und blauäugig, wie viele Rencebauern. Ich band ihn los und nahm ihn auf die Arme. Dann befreite ich auch seine Mutter und sagte ihr, sie solle dem Kind zu essen und zu trinken geben.
Nachdem das erledigt war, führte ich beide auf das Ruderdeck der ersten Barke, um sie im Auge zu behalten, und nahm wieder den Platz des Rudermeisters ein.
»Danke«, sagte Telima, aber ich antwortete nicht.
In meinem Herzen war Haß auf die Rencebauern, denn sie hatten mich zum Sklaven gemacht. Sie hatten mich gelehrt, mich selbst in einem Licht zu sehen, das mir neu war, sie hatten mir eine Illusion geraubt, die mir lieb und wert gewesen war. Sie hatten mir den Halt geraubt.
Ich zog meine goreanische Klinge und legte sie über die Knie.
»Ich bin hier der Ubar«, sagte ich.
»Ja«, sagte Telima, »hier bist du Ubar.«
Ich starrte auf den Sklaven, der auf der Steuerbordseite die erste Bank anführte, und er erwiderte meinen Blick.
Seine Füße waren an einen Balken gekettet, der längs im Schiff verlief und an Deck festgemacht war; an Bac k bord fand sich ein ähnlicher Balken. Er war barfuß und trug Lumpen. Sein Haar war verfilzt, und um seinen Hals zog sich ein Eisenkragen.
»Herr?« fragte er.
Ich starrte ihn eine Zeitlang an. Dann fragte ich: »Wie lange bist du schon Sklave?«
Verwirrt antwortete er: »Sechs Jahre.«
»Was warst du früher?«
»Aalfischer.«
»Welche Stadt?«
»Von der Insel Cos.«
Ich musterte einen anderen Mann. »Aus welcher Kaste stammst du?«
»Aus der Kaste der Bauern«, sagte er stolz. Er war ein großer, breitschultriger Mann mit gelbem, zottigem Haar; er trug ebenfalls einen Sklavenkragen.
»Hattest du einen Heimstein?« fragte ich.
»Sogar einen eigenen, in meiner Hütte«, sagte er.
»Bei welcher Stadt hast du gelebt?«
»Bei Ar«, sagte er.
»Ich war einmal in Ar«, sagte ich und blickte über den Sumpf. Dann wandte ich mich wieder an den Fischer. »Wo werden die Schlüssel für die Ketten aufbewahrt?«
»Er hängt in der Armlehne deines Sessels.«
Ich untersuchte die breite Armstütze und fand rechts eine kleine Schiebetür, hinter der sich Lappen, Schnur und ein schwerer Metallschlüssel befanden.
Ich nahm den Schlüssel und löste die Ketten des Aa l fischers und des Bauern.
»Ihr seid freie Männer!« sagte ich.
Eine lange Zeit saßen sie reglos auf ihrer Bank.
»Ihr seid freie Männer!« wiederholte ich.
Mit lautem Lachen sprang der Bauer plötzlich auf und schlug sich gegen die Brust. »Ich bin Thurnock!« rief er. »Ein Bauer!«
»Du verstehst mit dem Langbogen umzugehen?« fra g te
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