GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
ich.
»Thurnock weiß gut zu schießen.«
Der andere Mann erhob sich nun ebenfalls. »Mein Name ist Clitus«, sagte er. »Ich bin Fischer. Ich kann ein Schiff nach den Sternen lenken und kenne mich mit Netz und Dreizack aus.«
»Ihr seid frei«, sagte ich noch einmal.
»Ich bin dein Mann!« rief der Bauer.
»Ich auch«, sagte der Fischer, »ich will dir folgen.«
»Sucht mir bei den gefesselten Rencebauern einen Mann, der Ho-Hak genannt wird, und bringt ihn her.«
»Ja«, sagten sie.
Ich wollte Hof halten.
Telima, die auf der Treppe unter mir kniete, blickte auf. »Welches Vergnügen will sich mein Ubar mit seinen Gefangenen machen?« fragte sie.
»Ich verkaufe euch alle in Port Kar«, sagte ich.
Sie lächelte. »Natürlich kannst du tun, was dir beliebt.«
Ich starrte sie wütend an, nahm das Schwert und hob ihr Kinn mit der Klinge an.
Dann ließ ich die Waffe fallen, packte die Schultern des Mädchens und hob sie hoch. »Ich könnte dich u m bringen«, sagte ich. »Ich hasse dich! Du hast mich ve r nichtet!« Und ich stieß sie so heftig von mir, daß sie die Treppe hinabstolperte.
Tränen standen ihr in den Augen, als sie mich ansah. »Du bist nicht vernichtet, Ubar«, sagte sie, während ich wütend wieder Platz nahm. »Wenn hier jemand vernic h tet wurde, dann ich.«
»Rede keinen Unsinn«, erwiderte ich aufgebracht.
Ich schämte mich, daß ich so grob gewesen war, aber das durfte ich nicht zeigen. Im Grunde meines Herzens wußte ich, daß es ein Verrat an mir selbst gewesen war – ich allein war schuldig, nicht sie. Ich hatte meinen Hei m stein entehrt und die Klinge, die ich trug.
In diesem Augenblick kehrten Thurnock und Clitus zurück. Zwischen sich führten sie Ho-Hak, der an Hä n den und Füßen gefesselt war und noch immer seinen r o stigen Sklavenkragen mit dem Kettenende trug.
Ich setzte meinen Helm ab.
»Ich wußte, daß du es warst«, sagte er. »Es waren über hundert.«
»Du hast gut gekämpft, Ho-Hak«, sagte ich. »Nur mit einem Ruderblatt.«
»Nicht gut genug«, sagte er und sah mich an. »Warst du allein?«
»Nein«, sagte ich und deutete mit einer Kopfbew e gung auf Telima.
»Gut gemacht, Frau«, sagte Ho-Hak.
Sie hob den Kopf und lächelte ihn an.
»Warum kniet die Frau, die dir geholfen hat, gefesselt zu deinen Füßen?«
»Ich traue ihr nicht«, sagte ich, »ebensowenig wie euch.«
»Was hast du mit uns vor?« fragte Ho-Hak.
»Hast du keine Angst, daß ich dich gefesselt den Tha r larion vorwerfe?«
»Nein«, sagte Ho-Hak.
»Du bist ein mutiger Mann.«
»Es liegt nicht an meinem Mut«, erwiderte Ho-Hak. »Ich weiß nur, daß du mich nicht ins Wasser stoßen wirst.«
»Woher willst du das wissen?«
»Niemand, der nur mit einem Mädchen als Helferin gegen hundert Männer kämpft, kann so handeln.«
»Ich verkaufe euch alle in Port Kar!« rief ich.
»Vielleicht«, sagte Ho-Hak, »aber ich glaube es nicht.«
»Aber ich habe dich und all die anderen nur zu Skl a ven gewonnen, damit ich mich an euch rächen kann, weil ihr mich zum Sklaven gemacht habt. Reiche Beute für Port Kar!«
»Das glaube ich dir nicht«, sagte Ho-Hak.
»Er hat es allein für Eechius getan«, sagte Telima.
»Eechius ist auf der Insel umgekommen«, sagte Ho-Hak.
»Eechius hat ihm ein Stück Rencekuchen gegeben, als er am Pfahl stand. Er hat nur für ihn gekämpft.«
Ho-Hak starrte mich an, Tränen in den Augen. »Ich bin dir dankbar, Krieger«, sagte er.
Ich verstand seine Reaktion nicht. »Schafft ihn fort!« befahl ich.
Thurnock und Clitus schleiften Ho-Hak auf das zweite Schiff, zu den anderen Sklaven.
Ich war wütend. Ho-Hak hatte nicht um Gnade g e fleht. Er hatte sich nicht erniedrigt wie ich. Er war ein Dutzendmal mehr Mann als ich. Ich haßte die Renceba u ern! Ich war der Liebe der beiden Frauen meines Lebens nicht mehr würdig – Talena, die sich einmal bereitgefu n den hatte, meine Freie Gefährtin zu sein, und Vella, El i zabeth Cardwell von der Erde, die ihre Liebe einem Mann geschenkt hatte, der Verachtung und Spott ve r diente. Und ich war der Wertschätzung meines Vaters Matthew Cabot nicht mehr würdig, der Administrator von Ko-ro-ba war, und auch nicht der Freundschaft me i nes Waffenmeisters, des Älteren Tarl, oder meines kle i nen Freundes Torm, des Schriftgelehrten. Ich konnte meinen Freunden nicht mehr unter die Augen treten, Kron aus Tharna, Andreas aus Tor, Kamchak von den Tuchuks, Relius und Ho-Sorl aus Ar – keinem mehr. Sie alle mußten mich nun
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