GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
sich vom Abfall in den Kan ä len und kennen sich mit Menschenkörpern aus, die in die Kanäle geworfen werden – ob lebend oder tot.
Ich starrte ihn an. Surbus, Sklavenhändler, Mörder. Dieser Mann war durch und durch schlecht. Ich spürte nichts als Haß und einen überwältigenden Ekel vor ihm.
»Nein«, sagte ich.
Er starrte mich verblüfft an.
»Nein«, wiederholte ich und zog mein Schwert.
»Sie gehört mir«, sagte er.
Hastig schaltete sich der Wirt ein. »Surbus vernichtet oft ein Mädchen, das ihm nicht gefallen hat.«
Ich starrte beide wortlos an.
»Sie gehört mir«, sagte Surbus.
»Das stimmt«, sagte der Wirt hastig. »Du hast den Kauf selbst gesehen. Sie ist jetzt rechtmäßig seine Skl a vin, und er kann mit ihr machen, was er will.«
»Welches Recht hast du, dich einzumischen?«
»Das Recht eines Mannes aus Port Kar, zu tun, was ihm gefällt«, antwortete ich.
Surbus stieß das Mädchen zur Seite und entblößte mit schneller, eleganter Bewegung seine Klinge.
»Du bist ein Narr, Fremder«, sagte der Wirt. »Du sprichst mit Surbus, einem der besten Schwertkämpfer aus Port Kar.«
Unsere Auseinandersetzung mit den Klingen war kurz.
Mit einem Schrei des Hasses und der Freude fuhr meine Klinge, parallel zum Boden gehalten, damit sie nicht zwischen den Rippen meines Opfers hängenblieb, blitzschnell durch seinen Körper. Ich setzte Surbus den Fuß auf den blutigen Bauch, schob ihn von meinem Schwert und schwenkte den blutnassen Stahl.
Der Wirt starrte mich mit aufgerissenen Augen an.
»Wer bist du?« fragte er.
»Bosk«, wiederholte ich. »Ich bin Bosk aus den Sümpfen.«
Mehrere andere Gäste, vom Klirren der Klingen au f gescheucht, waren nun hellwach. Sie starrten mich ve r blüfft an.
Ich bewegte die Klinge im Halbkreis, erwiderte i h ren Blick. Doch niemand machte eine Bewegung zur Waffe.
Ich riß ein Stück von Surbus’ Tunika ab und säuberte mein Schwert damit. Er lag auf dem Rücken, ins Leere starrend, und Blut sprudelte ihm aus dem Mund.
Ich trat neben das Sklavenmädchen und löste ihre Fe s seln. Dann sah ich um mich.
Der Wirt machte einen hastigen Schritt hinter seinem Tresen. Von den anderen Männern hatte sich niemand gerührt, obwohl viele zu Surbus’ Mannschaften gehörten.
Ich beugte mich über meinen Gegner.
Sein Blick war auf mich gerichtet, und er hob mit schwacher Geste die Hand. In seinen kleinen Augen war Schmerz. Er hustete Blut. Er schien sprechen zu wollen, brachte jedoch kein Wort heraus.
Ich steckte mein Schwert ein, ohne seinen Blick zu erwidern.
Das Sklavenmädchen war unansehnlich – mager mit schmalem Gesicht, knochigen Schultern und strähnigem Haar – ein armes Wesen.
Zu meiner Überraschung ging sie neben Surbus in die Knie und hielt seinen Kopf. Er starrte mich an und ve r suchte wieder zu sprechen.
»Bitte«, sagte das Mädchen zu mir.
Ich schaute sie verwirrt an. Sie schien den Verstand verloren zu haben. Begriff sie nicht, daß dieser Mann sie gefesselt den Urts zum Fraße vorgeworfen hätte?
Wieder hob er die Hand.
Das Mädchen blickte zu mir auf und sagte: »Bitte, ich bin zu schwach.«
»Was will er denn?« fragte ich unwirsch.
»Er möchte das Meer sehen«, sagte sie.
Ich schwieg.
»Bitte – ich schaffe es nicht allein.«
Ich bückte mich, legte mir den Arm des Sterbenden um die Schultern, hob ihn mit Hilfe des Mädchens hoch und schleppte ihn mit ihr durch die Küche der Taverne und Stufe um Stufe die schmale Treppe hinauf, die zum Dach führte.
Wir erreichten das Dach und zerrten Surbus zu der niedrigen Brüstung, hielten ihn in die Höhe und warteten. Der Morgen war kalt und feucht. Der Sonnenaufgang stand bevor.
Und dann kam die Morgendämmerung, und über den Gebäuden Port Kars, hinter der Masse von Dächern, je n seits des flachen, schlammigen Tambergolfs, in den sich der Vosk ergießt, sahen wir das schimmernde Thassa, das Meer. Ich erblickte es zum erstenmal.
Die rechte Hand Surbus’ berührte mich. Er nickte. Seine Augen hatten nichts Schmerzvolles oder Unglüc k liches mehr. Seine Lippen bewegten sich, doch dann h u stete er, und noch mehr Blut strömte ihm übers Kinn, lief die Brust hinab, und plötzlich, mit einem Ruck erstarrte er, und dann sank sein Kopf auf die Seite, und er war eine tote Last in unseren Armen.
Wir legten ihn auf das Dach.
»Was hat er gesagt?« fragte ich.
Das Mädchen lächelte mich an. »Danke«, sagte sie. »Er hat dir gedankt.«
Ich stand müde auf und blickte auf das Meer
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