GOR-Zyklus 06 - Die Piratenstadt von Go
hinaus.
»Es ist sehr schön«, sagte ich.
»Ja«, erwiderte das Mädchen.
»Lieben die Menschen in Port Kar das Meer?« wollte ich wissen.
»Ja, natürlich.«
Ich drehte mich zu ihr um. »Was wirst du nun tun?« fragte ich. »Wohin gehst du?«
»Ich weiß es nicht.« Sie senkte den Kopf. »Ich gehe fort.«
Ich streckte die Hand aus und berührte ihre Wange. »Tu das nicht«, sagte ich. »Folge mir.«
»Danke«, sagte sie.
»Wie heißt du?« erkundigte ich mich.
»Luma.«
Wir verließen das Dach und stiegen die lange, schmale Treppe hinab.
In der Küche kam uns der Wirt entgegen. »Surbus ist tot«, sagte ich zu ihm. Er nickte. Ich wußte, daß die Le i che in einen Kanal geworfen wurde.
Ich deutete auf Lumas Kragen. »Schlüssel«, sagte ich.
Der Mann brachte einen Schlüssel und entfernte den Sklavenkragen von Lumas Hals.
Wir verließen die Küche.
Im großen Gästezimmer der Taverne blieben wir st e hen, und ich schob das Mädchen hinter uns.
Siebzig oder achtzig Bewaffnete warteten auf uns. Es waren Seeleute aus Port Kar. Ich erkannte viele wieder. Sie waren gestern abend mit Surbus in die Taverne g e kommen und gehörten zu seinen Mannschaften.
Ich zog mein Schwert.
Einer der Männer trat vor, eine große, hagere, junge Gestalt, mit einem Gesicht, das die Spuren des Thassa trug. Er hatte graue Augen und große, rauhe Hände.
»Ich bin Tab«, sagte er. »Ich war Surbus’ Stellvertr e ter.«
Ich schwieg, ließ meinen Blick über die Gesichter wandern.
»Hast du ihn das Meer sehen lassen?« fragte Tab.
»Ja«, sagte ich.
»Dann«, sagte Tab, »stehen wir jetzt in deinen Die n sten.«
10
Ich nahm meinen Platz im Rat der Kapitäne von Port Kar ein.
Das Ende der ersten Wartenden Hand war nahe, die Periode nach En’Kara, dem Monat der Frühling-Tag-und-Nachtgleiche und des Jahreswechsels. In den Chr o niken von Ar schrieben wir nun das Jahr 10.120. Ich le b te seit sieben goreanischen Monaten in Port Kar.
Niemand hatte mein Anrecht auf Surbus’ Platz in Zweifel gezogen. Seine Männer hatten sich meinem Kommando unterstellt.
So saß nun ich, der ich einmal Tarl Cabot gewesen war, ein Krieger Ko-ro-bas, im Rate dieser Kapitäne, der Handels- und Piratenführer, der hohen Oligarchen des schmutzigen, bösen Port Kar, der Geißel des Thassa. Ta t sächlich ruhte in diesem Rat die Stabilität und Autorität der Stadt.
Formell standen fünf Ubars über uns, von denen jeder die Macht des anderen nicht anerkannte. Chung, Ete o cles, Nigel, Sullius Maximus und Henrius Sevarius V.
Die Ubars waren im Rat vertreten, dem sie in ihrer E i genschaft als Kapitäne ohnehin angehörten, und zwar durch fünf leere Thronsessel vor dem Halbkreis der Si t ze, auf denen die Kapitäne Platz nahmen. Neben jedem leeren Thron verfolgte ein Schriftgelehrter die Ratsve r sammlungen und ergriff für seinen jeweiligen Herrn das Wort. Die Ubars selbst blieben den Zusammenkünften fern, wie sie sich aus Angst vor Attentaten überhaupt selten in der Öffentlichkeit zeigten.
Ein Schreiber, der an einem großen Tisch vor den fünf Thronsesseln saß, verlas mit monotoner Stimme die Au f zeichnung der letzten Ratsversammlung.
Gewöhnlich besteht der Rat aus etwa einhunde r tundzwanzig Kapitänen, manchmal mehr, manchmal w e niger.
Ein Kapitän gehört automatisch dem Rat an, wenn er mindestens fünf Schiffe besitzt. Surbus war kein beso n ders wichtiger Kapitän gewesen, doch er hatte einer Flo t te von sieben, später neun Schiffen vorgestanden. Diese Schiffe dürfen, um für die Ratsmitgliedschaft gezählt zu werden, entweder zu den Rundschiffen gehören, Einhe i ten mit großen Laderäumen, oder zu den Langschiffen, den Rammschiffen, die für die Kriegsführung bestimmt sind. Beide Gattungen werden hauptsächlich gerudert, doch die Rundschiffe haben eine feste Takelung und gr ö ßere Segel, die im allgemeinen von zwei Masten getr a gen werden. Ein Rundschiff ist natürlich nicht rund, doch hat es im Verhältnis zur Kiellänge eine größere Breite, etwa im Verhältnis eins zu sechs, während diese Zahlen bei den Kriegsgaleeren eins zu acht betragen.
Die fünf Schiffe, das mag noch gesagt sein, müssen natürlich mindestens der mittleren Größenklasse angeh ö ren. Bei einem Rundschiff bedeutet das, daß es nach ird i schen Verhältnissen eine Fracht von etwa hundert bis hundertundfünfzig Tonnen befördern müßte, und zwar unter Deck. Ich habe diese Zahl nach der Last, einer g o reanischen Gewichtseinheit
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