GOR-Zyklus 10 - Die Stammeskrieger von Gor
anmuten. In der Mitte der Straße verläuft eine Gosse. Zwar regnet es selten in Tor, doch die Gosse dient auch zum Sammeln des Abfalls. Jenseits der Mauern, die die Straßen so eng erscheinen ließen, befanden sich herrliche gepflegte Gä r ten. Nach goreanischen Verhältnissen war Tor eine re i che Kaufmannsstadt, das Hauptquartier vieler tausend Karawanenhändler. Hier lebten außerdem zahlreiche Handwerker – Zimmerleute, Tischmacher, Steinschleifer, Juweliere, Schnitzer, Teppichweber, Färber, Beizer, Schuhmacher, Gerber, Töpfer, Wagner, Waffenschmiede und viele mehr. Ein Großteil der Stadt war natürlich da r auf eingerichtet, das Karawanengeschäft zu beliefern. Es gab zahlreiche durch hohe Mauern geschützte und b e wachte Lagerhäuser, die ein großes Personal an Schre i bern und Wächtern beschäftigten. In unzähligen primit i ven Unterkünften lebten Kaiilapfleger, Treiber und äh n liche Leute. Die Karawanenführer waren im allgemeinen fest angestellt und wurden von den Karawanenkaufleuten auch zwischen den Touren bezahlt. Treiber und Pfleger dagegen wechselten oft. Dabei wurden raffinierte Syst e me angewendet – mit Stöckchen, Formeln oder Losen –, die dafür sorgen sollten, daß Treiber und Kaiilaburschen, soweit nicht persönlich bekannt, rein zufällig zur Anste l lung kamen. Dies war eine Vorsichtsmaßnahme, damit ein ahnungsloser Kaufmann nicht eine Gruppe von Mä n nern anwarb, die sich vorher schon verabredet hatte, Wächter und Kaufleute zu töten und sich mit der Kar a wane in die Büsche zu schlagen. Im großen und ganzen waren Treiber und Tierpfleger jedoch ehrliche Me n schen. Wenn sie nach langem Treck durch die Wüste in die Stadt zurückkehrten, waren sie allerdings ziemlich ausgehungert nach den Vergnügungen, die eine große Stadt zu bieten hat, und es gab zahlreiche Etablissements, die sich schon bei Ankunft der Karawanen um diese Kunden bemühten. Der Lohn für eine Karawanenreise, die oft Monate dauert, hält auf diese Weise nur zehn oder fünfzehn Tage vor – die allerdings sehr angenehm ve r bracht werden. Nach dieser Zeit, die normalerweise mit körperlichem Unbehagen zu Ende geht, kehrt der Treiber oder Wächter an die Tische der Kaufleute zurück und versucht erneut eine Anstellung zu finden.
Ein Mann ging an mir vorbei. Er trug mehrere lebende Vulos über der Schulter. Dicht hinter ihm ging ein zwe i ter mit einem Korb voller Eier.
Ich folgte den beiden, denn ihr Ziel waren die Mark t straßen, in deren Nähe sich der Basar befinden mußte.
In einer Oase ist das Wasser natürlich am geogr a phisch tiefsten Punkt zu finden. Die vornehmen Woh n häuser stehen dagegen auf höherem Grund, wo norm a lerweise wenig wächst. Die Landwirtschaft findet im T a le statt, wobei die Bewässerung oft durch Hand erfolgt, meist mit Hilfe primitiver Schöpfanlagen. Dieses Land wird nicht für Wohnzwecke entfremdet. Innerhalb der Mauern Tors wurde nur wenig angebaut; die Stadt war hoch über dem Wasser angelegt, das durch mehrere Brunnen an der tiefsten Stelle der Stadt zugänglich g e macht worden war. Tors konzentrischer Aufbau orie n tierte sich nach diesen Brunnen. Ein Vorteil solcher Stadtplanung – wenn auch kaum beabsichtigt – liegt in der Tatsache, daß das Wasser so der am meisten g e schützte Teil der Stadt ist, das Zentrum. Tor verfügte ü ber ausreichend Wasser. Obwohl ich kaum ein Gebäude näher kennenlernte, wußte ich, daß es viele herrliche Gärten gab. Das Wasser für diese Anlagen wurde im Rahmen von Dienstverträgen mit Sklavenherren von männlichen Sklaven herangeschleppt und in Hausziste r nen geschüttet, von wo es später durch Haussklaven en t nommen und zur Gartenbewässerung verwendet wurde.
Ich befand mich nun im tieferliegenden Teil der Stadt.
»Wasser!« rief jemand. »Wasser!«
Als ich mich umdrehte, sah ich hinter mir den Wasse r träger, von dem ich kurz vorher einen Becher erstanden hatte.
Eine verschleierte Frau ging an mir vorbei. In ihrem Mantel hielt sie einen Säugling.
Ich war vor vier Tagen in Tor eingetroffen, nachdem ich zunächst mit dem Tarn nach Kasra geflogen war. Dort hatte ich den Vogel verkauft, da ich in Tor nicht auffallen wollte. Von Kasra aus war ich mit einer Barke auf dem Unteren Fayeen flußaufwärts bis zu dem Dorf Kurtzal gefahren, das nördlich von Tor liegt. Güter, die von Tor nach Kasra transportiert werden sollen, werden zumeist erst über Land nach Kurtzal geschafft und dann von dort mit dem Boot auf dem
Weitere Kostenlose Bücher