GOR-Zyklus 23 - Die Verräter von Gor
mit einem Hauch Bösartigkeit hinzuzufügen: »Herrin!«
Die Wärterin schrie ihre Wut heraus und trommelte mit den kleinen Fäusten gegen die Zellentür.
»Warum störst du uns?« fragte ich sie.
»Mit dir rede ich nicht«, antwortete sie.
»Aber ich rede mit dir, Frau!«
Ihr Kopf ruckte wütend herum. Ich wünschte mir, ich hätte durch die Öffnung greifen und ihr den Schleier vom Gesicht reißen können. Ob sie wohl gut aussah?
»Glaub ja nicht, du könntest deiner gerechten Strafe entgehen, indem du vorgibst, eine Sklavin zu sein!« fuhr die Wärterin Lady Claudia an.
»Keine Angst, meine Liebe«, antwortete Claudia. »Ich weiß, daß ich nach dem Gesetz noch immer eine freie Frau bin. Ich mag in meinem Herzen eine Sklavin sein und in dieser Zelle auch wie eine Sklavin dienen, aber ich weiß, daß ich rechtlich noch immer frei bin.«
»Glaubst du, daß die Zitadelle morgen oder übermorgen fällt?« fragte ich. »Und trägst du noch immer dieses prächtig zurechtgemachte Lumpengewand und gehst barfuß mit entblößten Waden und Fesseln?«
Ihre Augen wurden groß. Sie begriff, daß ich ihr durch die Öffnung nachspioniert hatte. Ich kannte ihre kleinen Geheimnisse, deren Bedeutung jedem starken Mann klar sein mußte. Sie runzelte wütend die Stirn.
»Glaubst du, du wirst Gelegenheit haben, dich einem Mann zu unterwerfen?« fragte ich. »Hast du geübt, dir das Kleid von den Brüsten zu reißen, oder die Worte einstudiert, mit denen du bettelst, verschont zu werden?«
»Sleen!« sagte die Wärterin.
»Wie ich sehe, hast du geübt, edle freie Frau«, sagte ich.
»Sleen!« rief sie.
Lady Claudia lachte fröhlich.
»Lach ruhig«, sagte die Wärterin. »Aber ich will dir sagen, warum ich gekommen bin. Du, Lady Claudia, Verräterin und Schlampe, bist von Aemilianus verurteilt worden. Morgen mittag wird man dich auf der Mauer pfählen – als Akt der Verachtung!«
Lady Claudia erbleichte.
»Und was dich angeht«, fuhr die Wärterin fort, »weiß ich nicht, was aus dir wird. Aus irgendeinem Grund scheint Aemilianus bei dir mit seinem Urteil zu zögern.« Die Klappe schloß sich mit einem Ruck.
Ich fing Claudia auf, damit sie nicht fiel.
»Es tut mir leid«, sagte ich.
»Geht das Pfählen schnell?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich kann mich nicht bewegen.«
Ich hob sie hoch und legte sie ganz sanft ins Stroh.
Es überraschte mich nicht, daß Aemilianus nicht genau wußte, was er mit mir anstellen sollte. Aus seiner Sicht war mein Fall nicht ganz eindeutig. Warum zum Beispiel hatte man mich nicht sofort in Ar erledigt, wenn man mich für einen überführten Spion hielt? Und dann waren da die Dokumente in der Kuriertasche gewesen. Handelte es sich tatsächlich um eine Fälschung, die in der Absicht angefertigt worden war, Ar-Station zur Aufgabe zu bewegen? Wenn dies der Fall war, warum hatte man die Fälschung dann nicht echter aussehen lassen, sie zum Beispiel kodiert, um ihren Inhalt erst nach einiger Mühe in Erfahrung bringen zu können? Und warum sollte ein dem ersten Anschein nach echter Bericht Informationen enthalten, die dem Befehlsstab von Ar-Station auf jeden Fall militärisch unglaubhaft, ja sogar lächerlich vorkommen mußten? Allein die Vorstellung, Ar könnte ein so großes Heer im Norden stationiert haben, weit weg vom Feind! Nein, Aemilianus war kein Narr, gleichgültig, wie erschöpft und verwirrt er auch sein mochte. Zweifellos war ihm der Verdacht gekommen, daß der Bericht die Wahrheit verkündete. Tage waren verstrichen, und das ersehnte Entsatzheer aus Ar, der Vorstoß, den er für den Anlaß einer solch verzweifelten und lächerlichen List gehalten hatte, war nicht eingetroffen.
»Es ist schrecklich schmerzhaft, gepfählt zu werden, nicht wahr?« fragte Claudia.
»Es kommt darauf an, wie es gemacht wird«, sagte ich ausweichend.
»Ich bin eine Verräterin.«
»Das warst du einmal. Jetzt bist du es nicht mehr.«
»Ich habe Angst.«
Ich küßte sie sanft. Ich wünschte mir, ich hätte etwas gehabt, um sie zuzudecken.
»Es ist hoffnungslos.«
»Hoffnung gibt es immer«, sagte ich. »Draußen ist es ganz still geworden.«
»Und?«
»Schon seit einiger Zeit sind keine Gebäude mehr eingestürzt. Die Stadt ist in cosischer Hand. Nichts kann sie davon abhalten, die Fundamente zu unterminieren, die Häuser anzustecken und Pfade durch die Trümmer zu bahnen.«
»Ich verstehe nicht.«
»Das Belagerungsgerät befindet sich vermutlich an Ort und Stelle. Ich rechne damit, daß
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