GOR-Zyklus 23 - Die Verräter von Gor
sie morgen früh mit dem Angriff beginnen.«
Sie sah mich ängstlich an.
»Ich werde dich so gut verteidigen wie möglich«, versprach ich ihr. »Sie werden in die Zelle kommen müssen, um dich zu holen.« Ich nahm sie in den Arm.
»Darum haben sie mir zu essen gegeben, nicht wahr?« fragte sie. »Damit ich morgen noch lebe?«
»Vermutlich.«
Sie schluchzte, ich spürte ihre Tränen auf der Brust. Das Mondlicht strömte durch die hohe, vergitterte Fensteröffnung. Draußen herrschte Stille. Ich hielt sie weiter in den Armen, meine nackte Spionin, dort im Stroh.
14
»Die werden mich noch vor Mittag holen«, flüsterte sie.
In der Zelle war es noch dunkel.
»Ich weiß«, sagte ich. Vor ein paar Ehn hatte man etwas zu essen in die Zelle geschoben. »Bring mir den Topf.«
»Natürlich«, sagte sie bitter. Sie drehte sich um und kroch zu dem Topf. Dann stand sie auf und kam langsam zurück.
»Warum wollen sie nicht bis zum Mittag warten?« fragte sie traurig.
Die Wärterin hatte es ihr gesagt.
»Es ist ein gutes Zeichen«, sagte ich. »Es ist sogar ein sehr gutes Zeichen.« Ich erklärte es ihr nicht, aber aus dieser unverfänglichen Bemerkung konnte ich die Lage der Verteidiger schließen, die Zahl, die Position der Cosianer und die Bedrohung ihrer Belagerungsmaschinen.
»Ich verstehe nicht.«
»Wir befinden uns doch auf der Stadtseite der Zitadelle, nicht wahr?«
»Ja.« Obwohl man uns mit verbundenen Augen in die Zelle gebracht hatte, war es nicht schwer gewesen, dies in Erfahrung zu bringen. Aus den Mustern, die das durch das Fenster einfallende Sonnenlicht auf dem Boden zeichnete, war ersichtlich geworden, daß die Zelle nach Süden hinausführte, also in Richtung Stadt. Noch offensichtlicher war, daß wir die Geräusche aus der Stadt hören konnten, nicht die vom Hafen.
»Das ist es.«
Claudia sah mich verständnislos an.
»Es ist möglich, daß die Cosianer bald eine viel größere Gefahr für dich sind als deine ehemaligen Nachbarn aus Ar-Station.«
»Du machst Scherze.«
»Darum wollen sie nicht mehr bis Mittag warten.«
»Wieso?«
»Ich glaube nicht einmal, daß die Zitadelle bis zum Mittag zu halten ist.«
»Das ist absurd«, sagte sie. »Sie ist uneinnehmbar.«
»Nein«, sagte ich. »Die Verteidiger sind erschöpft und halb verhungert. Die Gebäude rings um die Zitadelle sind niedergerissen worden. Die Katapulte können aus nächster Nähe schießen. Die ganze Macht, die Cos im Norden versammelt hat, wird sich auf einen kleinen Punkt konzentrieren. Die Zitadelle.«
»Was wird geschehen?«
»Man hat die Frauen und Kinder vermutlich bereits alle auf die Hafenseite der Zitadelle gebracht.«
»Was wird geschehen?« fragte sie erneut.
»Sie werden die Zitadelle einnehmen. Die Cosianer werden mit Feuer und Schwert kommen. Zivilisten, Soldaten und alle anderen, die noch übrig sind, werden gezwungen sein, sich in den Hafen zurückzuziehen. Bis man sie noch weiter zurücktreibt. Ich fürchte, im Hafen wird es zu einem blutigen Gemetzel kommen. Nur wenige werden fliehen können.«
»Aber man wird doch bestimmt eine Übergabe aushandeln«, meinte sie.
»Die Cosianer haben lange für Ar-Station gekämpft«, sagte ich. »Zweifellos haben sie nicht mit dem Widerstand gerechnet, den man ihnen entgegengebracht hat. Sie haben große Verluste erlitten. Ihre Geduld ist am Ende.«
»Es ist meine Schuld«, sagte sie niedergeschlagen. »Es wäre besser gewesen, ich wäre vorher schon das gewesen, was ich nun bin, eine Sklavin.«
»Es ist nicht deine Schuld. Ich bezweifle, daß deine lächerlichen Informationen überhaupt einen Unterschied gemacht haben. Die Schuld trägt Ar.«
»Aber ich bin schuldig!« beharrte sie.
»Ja«, sagte ich, »aber diese Strafe ist nicht angebracht.« Ich wandte mich dem Topf zu. »Man hat dir viel gebracht, sogar Fleisch. Ich bezweifle, daß die Männer draußen auf den Brustwehren oder am Tor so gut gefrühstückt haben.«
»Aber du berührst es ja nur mit den Lippen.«
»Ich schmecke nur.«
»Warum?«
»Es wäre möglich gewesen, daß sie etwas ins Essen getan hätten, ein Schmerzmittel, um es dir leichter zu machen. Aber das haben sie nicht getan. Anscheinend stimmt es, was unsere liebreizende Wärterin eben gesagt hat. Sie wollen sehen, wie du dich auf dem Speer windest.«
Claudia erbebte.
Ich griff zu und fühlte, wie neue Kräfte meinen Körper durchströmten. So gut hatte ich seit Tagen nicht gegessen. Ich ließ mir von meinem Mädchen auch Wasser
Weitere Kostenlose Bücher