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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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wenn er mich auf irgendeine andere Weise benutzt hätte, hätte es mir nicht gefallen, weil ich dann nicht das Gefühl gehabt hätte, ihm wehrlos ausgeliefert zu sein.
    Ich keuchte, als er langsam und bedächtig in meinen Körper eindrang und dann mit einem Ingrimm weitermachte, der mich vor Wonne aufseufzen und erzittern ließ, wenn er sich jedes Mal bis zum Äußersten zurückzog und dann zurückkehrte, um noch tiefer in mich hineinzustoßen. Als er sich abermals zurückzog, zitterte ich vor Sehnsucht, ihn zu empfangen; und stieß dann einen erstickten Schrei aus.
    Er war nicht zu mir zurückgekehrt. Er hatte das getan, was Goethe in seinem Distichon mit so herzloser Eleganz umschrieben hatte:
     
    Knaben liebt ich wohl auch, doch lieber sind mir die
    Mädchen;
    Hab ich als Mädchen sie satt, dient sie als Knabe mir
    noch.
     
    Der erste, schmerzhafte Stoß, mit dem er mich wie einen Jungen nahm, erfüllte mich, außer mit Ekel, mit Ungläubigkeit, und ich dachte, er habe es versehentlich getan. Doch als er sich, so als merkte er nichts von meiner Not, mit unerbittlicher Entschlossenheit noch tiefer in mich hineinzwängte, fing ich an zu schreien: »Nein, nicht! Das dürfen Sie nicht!«
    Ich versuchte, ihn zu kratzen, aber er hielt Abstand von mir, und seine Arme und sein Körper waren außerhalb meiner Reichweite. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass er mir das wirklich antat, diese ekelerregende Ungehörigkeit, und dies umso mehr, als ich bis dahin immer gedacht hatte, diese Art von Kontakt sei nur dadurch zu bewerkstelligen, dass der passive Partner auf den Knien lag. Wenn jemand uns beobachtet hätte, dann hätte es wie eine gewöhnliche Vereinigung ausgesehen, und ich nahm es ihm aus tiefstem Herzen übel, dass er es geschafft hatte, mir auf so hinterlistige Weise diese Erniedrigung zuzufügen.
    Während er mit jedem Stoß tiefer in mich eindrang und mich weitete, wich der widerwärtige Schmerz einem dumpfen Unbehagen, das sich zu einer unbestimmten Beklommenheit abschwächte und schließlich vollends aufhörte.
    Ich war jetzt für ihn vollkommen offen und zugänglich, und dies – die Tatsache, dass mein Körper aufgehört hatte, sich zu widersetzen, und mich somit betrogen hatte – ließ mich in neuerliche Proteste ausbrechen. Er machte lange weiter, mit seiner gewohnten verbissenen Gründlichkeit.
    Als er von mir abließ, rollte ich mich herum, vergrub das Gesicht in der Beuge meiner verschränkten Arme und überließ mich den Tränen. Ich weinte nicht die heftigen, verkrampften Tränen der Wut mit ihren ruckartigen Schluchzern, sondern die sanft fließenden Tränen der Verzweiflung. Wenn ich von Zeit zu Zeit nach dem Zipfel des Lakens griff, um mir das Gesicht abzutrocknen, sah ich ihn auf der Bettkante sitzen und mich beobachten; während dieser ganzen Zeit sprach er weder ein einziges Wort des Trostes, noch berührte er mich mit einer beruhigenden Hand, noch reichte er mir ein Taschentuch. Allerdings war ich über derlei Trivialitäten wie Taschentücher längst hinaus. Erst später, als ich meine Klagegründe gegen ihn zusammenstellte, fiel es mir wieder ein.
    Ich weinte weiter, fühlte mich einsam und verlassen. Meine Tränen flossen so, wie es regnet; ich weinte nicht, es weinte mich. Und als ich aufhörte, geschah dies wiederum unabhängig von meinem Willen. Ich war versiegt.
    »Sie haben exakt eine Stunde lang geweint«, sagte er.
    Ich schwieg.
    Er fügte hinzu: »Sie haben sich so aufgeführt, als seien Sie vergewaltigt worden.«
    »So war es ja auch«, sagte ich. »Das ist mir noch nie passiert.«
    »Ich hatte es auch noch nie getan«, sagte er.
    »Warum haben Sie es getan?«, fragte ich.
    »Weil ich mich über Sie geärgert habe«, sagte er, »als Sie diese Bemerkung machten, im Bett mit mir sei es immer das Gleiche. Aber an mir beißen Sie sich noch die Zähne aus, mein armes Kind, das verspreche ich Ihnen.«
    Ich verbarg wieder mein Gesicht.
    Ich war froh, dass es mir zuletzt doch gelungen war, ihn zu beleidigen. Aber jenseits dieser Genugtuung strömte die weit tiefere, vertraute, wahrhaft erfüllende ganzheitliche Befriedigung darüber, dass er mich bestraft und mir weit größeren Kummer bereitet hatte als ich ihm.
    Das war und blieb das einzige Mal, dass er mich zum Weinen brachte. Was er mir später antat, war jenseits der Tränen. Er benutzte mich nie wieder wie einen Jungen, und wir erwähnten den Vorfall nie wieder. In jener Nacht nahm er mich ein weiteres Mal und brachte mich zum

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