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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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»aber warum haben Sie aufgehört?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte ich böse.
    »Ach nein?«, sagte er und beobachtete mich mit dem bewussten Blick.
    Eine Zeit lang schwiegen wir beide.
    Dann sagte ich: »Apropos Autos, mein Mann hatte drei, aber zwei davon konnte er wegen der Benzinrationierung nicht fahren, dafür verbrachte er an jedem Wochenende, und manchmal sogar nachts, Stunden damit, sie zu waschen und sie auseinander zu nehmen und wieder zusammenzubauen, völlig absurd. Warum machte er das? Waren die Autos für ihn so etwas wie Frauen? War es so, als würde er mit ihnen schlafen, oder was? Und viele seiner Freunde machten es genauso.«
    »Das ist sehr weit verbreitet«, bemerkte Gordon, »aber es ist das genaue Gegenteil dessen, was Sie glauben. Die Autos sind Fortsetzungen seiner Person, und je stärker sie sind, desto stärker kommt er sich selbst vor.«
    »Das ist sehr interessant!«, rief ich aus.
    »Aber interessieren tut es Sie eigentlich nicht«, sagte Gordon, »Sie haben mir das lediglich als Trostpflaster angeboten, um mich dafür zu entschädigen, dass Sie nicht weitererzählt haben. Aber ich verspreche Ihnen, mein armes Kind, ich komme trotzdem dahinter. Genau genommen bin ich sogar schon dahinter gekommen.«

 
     
    15. KAPITEL
     
     
     
    U NGEFÄHR EINEN M ONAT NACH UNSEREM Spaziergang im Regent’s Park, auf dem ich zum ersten Mal wieder meine roten Schuhe getragen hatte, saßen wir in Gordons Zimmer, und ich erzählte ihm ein paar weitere Geschichten vom jungen Dent, die, obgleich nicht typisch für Dents Charakter, doch in dem Sinne typisch für ihn waren, dass sie nur ihm und keinem anderen sonst aus unserer Clique hätten passieren können.
    Ein Oxforder Dozent, ein Colonel mit dem Spitznamen »Kunst und Denkmalschutz«, weil seine Aufgabe darin bestand, die Rückführung der Beutekunst aus Deutschland zu organisieren, wurde unserem Kasino zugeteilt. »An seinem ersten Morgen kommt Kunst und Denkmalschutz zum Frühstück herunter, sieht sich nach einem freien Tisch um und kommt an Dents Tisch. Dent steht auf und sagt: ›Guten Morgen, Sir‹, und Kunst und Denkmalschutz sagt: ›Darf ich mich zu Ihnen setzen? Ich bin übrigens homosexuell, stört es Sie?‹ Natürlich machte Dent das Beste daraus. Er ließ sich wochenlang zum Essen ausführen«, und ich lachte laut los.
    Gordon blieb ungerührt. »Nicht schlecht«, sagte er, »aber was finden Sie daran so komisch? Schließlich haben Sie selbst schon eine homosexuelle Erfahrung gehabt.«
    »Wie können Sie es wagen!«, rief ich empört aus. »Ich bin keine Lesbierin!«
    »Was regen Sie sich so auf?«, sagte Gordon. »Ausprobiert haben Sie es doch, oder? Mit der Betreuungsoffizierin. Sie haben es mir selbst klipp und klar gesagt. Es geschah nach der Szene mit den roten Schuhen. Definitiv. Sie taten es in erster Linie aus Eitelkeit, weil ihr Interesse Ihnen schmeichelte. Und es regte Sie an, weil es sündig und nicht vorschriftsmäßig war. Aber genossen haben Sie es nicht. Sie möchten sich nicht wieder auf dem durchweichten Boden eindrecken, Sie möchten auf den richtigen Wegen bleiben. Anschließend haben Sie sich mit dem Gedanken getröstet, dass Ihnen zumindest kein Unfall passieren würde. Was immer sie getan haben mochte – schwängern konnte sie Sie nicht.«
    »Sie sind widerlich«, sagte ich.
    »Ich bin widerlich, aber ich habe Recht«, sagte Gordon, »Und? Machte sie immer weiter und weiter?«
    »Ja«, sagte ich, »ungefähr zehnmal. Ich weiß wirklich nicht, wie sie das schaffte.«
    Eines Abends setzte sich die Betreuungsoffizierin für Frauen an den Tisch in der Eingangshalle, an dem ich gerade saß. Sie war auf einer Party gewesen, die Mädchen aus dem Mannschaftskasino veranstaltet hatten, junge Frauen, die hauptsächlich als Stenotypistinnen und Sekretärinnen eingesetzt wurden.
    »Ich brauche einen Drink«, brüllte sie, »stundenlang habe ich diese Flittchen über mich ergehen lassen müssen.«
    Nachdem sie ihren Gin mit Wasser in mürrischem Schweigen ausgetrunken hatte, wandte sie sich zu mir und murmelte: »Kommen Sie mit nach oben. On va faire des bêtises ce soir. « Und kurz darauf verabschiedete sie sich mit den Worten: »Ich bin weg, Kinder. Ich kann den Anblick eurer blöden Visagen nicht länger ertragen.«
    Die »bêtises« erwiesen sich als äußerst enttäuschend – sie bestanden lediglich darin, dass Cobbie auf mir lag und sich an meinem Oberschenkel rieb; sie hielt dabei die Augen geöffnet, und ich

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