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Gordon

Gordon

Titel: Gordon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Templeton
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und strich mit den Fingern über meinen Busen. Ich rührte mich nicht, aber ich brannte vor Beschämung; der Grund dafür war, dass ich einen Spitzenbüstenhalter trug, dessen unterer Rand durch einen mit rosa Samt überzogenen Draht verstärkt war. Bis zu dem Moment hatte ich dieses Kleidungsstück sehr geschätzt und immer nur zu besonderen Anlässen getragen; doch als seine Finger sich über mich hinwegbewegten und den harten Draht berührten, stellte ich mir vor, dass er glauben musste, ich trüge einen künstlichen Busen. Als er die Hand zurückzog, sagte ich mir: ›Kein Wunder! Das reicht, um einen Mann endgültig abzuschrecken.‹
    Nach dem Kino begleitete er mich durch die milde Aprilnacht langsam nach Hause. Ich schwieg und ärgerte mich noch immer fürchterlich über meinen drahtversteiften Büstenhalter, während er mir ein Erlebnis aus seiner Kindheit erzählte.
    »Es gab mehrere Gerichte, die ich ganz besonders mochte«, sagte er, »und immer, wenn meine Mutter mit mir zufrieden war, kochte sie mir eines davon.«
    Gott, wie entsetzlich, dachte ich, die Mutter hat selbst gekocht! Ich war überrascht zu erfahren, dass sie so arm gewesen waren.
    Er fuhr fort: »Eines Tages, als es wieder so weit war und meine Mutter mich fragte, welches meiner Lieblingsgerichte ich mir wünschte, sagte ich: ›Die leckeren Pfannkuchen, wie du sie mir letztes Mal gemacht hast.‹ ›Aber die hast du doch schon letztes Mal bekommen‹ sagte sie, und ich sagte: ›Ja, ich weiß, aber ich möchte wieder Pfannkuchen haben.‹ Und seitdem waren es immer und ausschließlich nur Pfannkuchen. Sehen Sie, zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich die Natur der Liebe entdeckt. Wenn es Liebe ist, will man das eine und nur noch das eine.«
    »So ist das wohl«, bemerkte ich, während ich seine Augen auf mir spürte und mir sagte, dass ich nie wieder diesen verflixten Büstenhalter tragen würde. Das war nur seine höfliche Art, mir mitzuteilen, dass er eine andere liebte.
    Er sagte: »Ich bleibe noch zwei Tage hier und fahre dann für drei Wochen nach Bellagio. Das ist die beste Zeit des Jahres für die Seen. Möchten Sie mich begleiten?«
    »Ich kann nicht«, sagte ich, »meine Mutter würde es mir nie erlauben.«
    Ich wusste nicht, ob er merkte, wie aufrichtig mein Bedauern war.
    »Sie sehen also«, schloss ich, »ich wäre ohne zu zögern mitgefahren. Und Monica ahnt nichts davon.«
    »Aber verraten Sie mir eins«, sagte Gordon, »was reizte Sie an ihm so sehr? Dass er so reich war?«
    »Seien Sie kein Idiot«, sagte ich, »ich wollte überhaupt nichts von ihm haben. Er war die Sorte Mann, die Minister ernennen und wieder absetzen und die Politik eines ganzen Landes beeinflussen kann; aber auch Politik interessiert mich nicht, deswegen lese ich keine Zeitung. Begreifen Sie nicht? Er war eine Klasse für sich, in jeder Hinsicht. Solange ich Monica kannte, stöhnte und ächzte sie immer nur darüber, wie fad jeder Mann im Vergleich zu ihrem Vater sei. Keiner, den sie je kennen lernte, konnte ihm das Wasser reichen. Ich habe dazu natürlich nie etwas gesagt; ich wollte nicht, dass sie davon erfährt.«
    »So, so«, sagte Gordon, »und was für eine Sorte Mann hat sie dann geheiratet?«
    »Oh, er ist auch ziemlich brillant, wirklich«, sagte ich, »er ist Wissenschaftler. Aber furchtbar alt. Dreißig Jahre älter als sie.«
    »Sie erstaunen mich«, sagte Gordon, »wer hätte das bloß gedacht! Sie hätten doch das Gleiche getan, oder?«
    »Einen so alten Mann heiraten? Ich bin doch nicht verrückt!«, sagte ich.
    »Sie müssen schon verzeihen, wenn ich schwer von Begriff bin«, sagte Gordon, »aber junge Männer haben Sie doch noch nie interessiert, oder?«
    »Eigentlich nicht«, sagte ich, »nein, nie. Wahrscheinlich bin ich einfach so geschaffen.«
    »Und sehen Sie ja zu, dass Sie auch so bleiben«, sagte Gordon, »ich weiß schon, wann es mir gut geht!«
    In dieser Nacht gestattete sich Gordon einen seiner Scherze, die mich ärgerten. Er steckte eine Zigarette in eine Zigarettenspitze (die er selten benutzte), zündete sie an, während er ans Bett kam, und legte sie im Aschenbecher auf dem Nachttisch ab. Sobald er in mich eingedrungen war, nahm er die Zigarettenspitze und fing an zu rauchen, während er fortfuhr, mich – mit schwächlichen, lustlosen Bewegungen – zu benutzen.
    Ich wurde wütend und schrie, er möge damit aufhören.
    Er rauchte weiter mit den affektierten, gezierten Bewegungen eines anspruchsvollen Dandys, bis er,

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