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Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)

Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)

Titel: Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Keiser
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Küchentisch aus und förderte eine erstaunliche Menge an Knoblauchzehen zutage. Einen Moment lang starrte er fast ungläubig auf seinen Einkauf, der, wenn man das halbe Dutzend billiger Blechkreuzchen aus dem Modeschmuckladen übersah, ausschließlich aus Knoblauchzehen bestand. Es war ihm, als ob er kurz davor stünde, aus einem bizarren Traum zu erwachen, doch dann siegte die Überzeugung, genau das Richtige zu tun, über seine zaghaft aufkommenden Zweifel.
    Es konnte keinen Zweifel geben.
    Er hatte die ganze Nacht über wach gelegen und nachgedacht.
    Hier, irgendwo in der näheren Umgebung, existierte ein Vampir, der alle vier Wochen bei Vollmond zuschlug. Hollow hatte zwar nie davon gehört, dass Vampire Vollmondnächte für ihre Untaten bevorzugten, aber jeder wusste, dass der Vollmond eine mystische Zeit darstellte, in der Hexen, Werwölfe und alle möglichen Horrorgestalten ihre abscheuliche Taten durchführten.
    Warum dann nicht auch Vampire?
    Die Zeichen waren einwandfrei vorhanden, und Hollow war nicht so dumm gewesen, sie zu übersehen.
    Alle Unfälle hatten sich in der Dunkelheit zugetragen, was allein noch nichts heißen musste. Doch alle Opfer hatten erhebliche Verletzungen im Halsbereich davongetragen, was darauf schließen ließ, dass der Vampir schlau war. Er verwischte seine arttypischen Bissspuren, indem er Unfälle oder, wie vor zwei Nächten geschehen, „gewöhnliche“ Morde vortäuschte.
    Ein weiteres Indiz, das sich in die Betrachtungen einfügte, hatte Hollow gestern herausgefunden. Nicht nur an dem Abend, als die alte Mrs. Johnston verstorben war, sondern an jedem Unglücksabend hatte es geregnet. Nicht etwa nur einige Tropfen, sondern es hatte wie aus Eimern geschüttet, was in allen Fällen bewirkt hatte, dass das gesamte Blut weggeschwemmt worden war. So würde es jedenfalls der oberflächliche Betrachter sehen, doch Hollow, der die Zeichen deuten konnte, wusste es besser.
    Zu dem Zeitpunkt, als jeweils die ersten Tropfen gefallen waren, hatte es mit höchster Wahrscheinlichkeit gar kein Blut mehr gegeben, das wegzuschwemmen gewesen wäre.
    Hollow griff sich ein Bündel Knoblauchzehen und nagelte es mit entschlossenen Hieben, die in dem gesamten Gebäude zu hören sein mussten, an den Rahmen seiner Wohnungstür. Dies war zumindest ein Anfang. Weitere strategische Punkte stellten die insgesamt acht Fenster der Wohnung dar, und Hollow band jeweils eine Kette der weißen Knollen an die Griffe von Wohnzimmer- und Küchenfenster. Weitere Zehen platzierte er im Badezimmer und im Schlafzimmer, wo er auch die meisten der kleinen Kreuze aufhängte.
    Als er das letzte Kreuz zu dem Knoblauch an die Wohnungstür hängen wollte, vernahm er plötzlich Unruhe, die vom Etagenflur außerhalb seiner Wohnung kam. Hollow verharrte in der Bewegung, und in dem Moment, als der Hammerschlag eigentlich den Nagel in das Holz des Türrahmens hätte treiben sollen, klopfte es an der Tür. Hollow fuhr zusammen und ließ vor Schreck den Hammer fallen, der mit lautem Gepolter auf dem Boden wenige Millimeter neben seinem rechten Fuß aufschlug. Panik stieg in ihm auf.
    Was wäre, wenn ...
    Vampire können einem nichts anhaben, wenn man ihnen den Einlass verwehrt .
    Dieser Leitsatz, an den er sich plötzlich erinnerte, ließ sein Herz einen Takt lang aussetzen. Er durfte keinen Menschen hereinlassen. Die Hand, die sich schon in der Nähe des Türgriffs befand, hielt inne, doch sein nächster Gedanke galt schon der strahlenden Sonne, die fröhlich und kraftvoll durch seine Fenster hereinschaute, und daher brauchte er sich im Moment keine Gedanken zu machen. Nicht zu dieser Tageszeit.
    „Mr. Hollow“, drang die laute Stimme von Mrs. Glenmore schmerzhaft in seine Ohren, „sind Sie zuhause? Mr. Hollow, Mr. Hollow, sind Sie zuhause? Sind Sie zuhause? Machen Sie auf, schnell!“
    In Hollow arbeitete es fieberhaft. Sollte er aufmachen? Letztendlich würde er nicht darum herumkommen, denn Mrs. Glenmore war die obligatorische Nervensäge, die es offenbar in jedem Gebäudekomplex dieser Größenordnung gab. Mittlerweile wusste jedermann in diesem Haus über die mehr oder weniger unappetitlichen Angewohnheiten ihres verstorbenen Mannes Bescheid, da sie zu jeder sich bietenden Gelegenheit jedem, der es wissen wollte, die vertraulichsten Einzelheiten aus einem knappen halben Jahrhundert Eheleben offenbarte. Hollow, dem der Mann noch im Nachhinein leidtat, obwohl er ihn nie persönlich kennengelernt hatte, vermutete, dass die

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