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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Hebestis hält deine magische Grundbegabung für außerordentlich groß«, äußerte Meister Thondaril in einem eher nüchternen Tonfall. »Sie könnte unter Umständen ausreichen, um tatsächlich in allen fünf Häusern die Meisterschaft zu erreichen – auch wenn du nicht damit rechnen darfst, dass deine Fortschritte überall gleich schnell vonstattengehen.«
    »Ich werde alles tun, was notwendig ist«, erklärte Gorian, und plötzlich hatte er das Gefühl, dass ihn ein Strom innerer Kraft durchfuhr und jede Faser seines Körpers und jeden Winkel seiner Seele erreichte. Die Schwäche, die ihm seit dem Vorfall in der Kathedrale anhaftete, schien auf einmal wie weggeblasen. Und selbst die tiefe Trauer und Verstörung, die der Tod seines Vaters und die nachfolgenden Ereignisse in ihm ausgelöst hatten, traten in den Hintergrund. »Ihr werdet sehen, ich werde mich als würdig erweisen, werter Hochmeister.«
    Aber weder Aberian noch Thondaril zeigten sich von diesem Versprechen beeindruckt. Nein, diese gestandenen Ordensmeister konnte man nur mit Taten beeindrucken, das wurde Gorian in diesem Moment klar.

17
     
    Prüfungen
     
    Für Gorian wurde ein spezieller Ausbildungsplan erstellt, der es ihm erlaubte, dem Unterricht in allen fünf Häusern beizuwohnen. Darauf, dass seine Fortschritte in der jeweiligen Hausmagie unterschiedlich groß sein würden, hatte man Gorian mehrfach hingewiesen. Thondaril ließ es sich jedoch nicht nehmen, es ihm noch einmal in einem längeren Gespräch deutlich zu machen. »Nicht alles kann man gleich schnell erreichen, aber ich denke, du wirst selbst erkennen, wo du zunächst Schwerpunkte setzen musst und welche Ziele noch Zeit brauchen. Und über die wichtige Rolle, die der Faktor Zeit bei der Entfaltung eines magischen Talents spielt – mag es auch noch so erstaunlich groß sein -, haben wir ja schon gesprochen. Es wird daher Geduld und sehr große Disziplin deinerseits bedürfen, vor allem einer Disziplin des Geistes …«
    Gorian verbrachte die Tage vorwiegend mit den Übungen, die ihm von den Lehrmeistern der jeweiligen Häuser aufgetragen wurden. Dazu kam der Unterricht in alt-nemorischer Sprache, die er zwar schon recht gut beherrschte, aber deren Kenntnisse trotzdem noch erheblich erweitert und vertieft werden mussten. So erkannte er während des Unterrichts bei dem uralten Meister Kenniak vom Haus der Seher, der den Schülern die Sprache der Magie beibrachte, dass jedes alt-nemorische Wort neben der vordergründigen Bedeutung mindestens noch zwei oder drei weitere hatte, die erst aus dem Zusammenhang heraus erschlossen werden konnten und geeignet waren, den Geist in die Ebene der Magie zu entführen. Manche der Axiome, die Gorian schon hundert Mal gelesen hatte, erhielten auf diese Weise eine völlig neue Aussage.
    Heilerin Hebestis persönlich überwachte Gorians Ausbildung im Haus der Heiler. »Großes Talent schützt nicht vor großer Dummheit«, mahnte sie ihn, und ihr faltiges Gesicht erinnerte Gorian in diesem Augenblick an die schuppenartige Haut der Wald-Warane, die in Thisilien jeden Herbst an die Küste kamen, um dort bei Ebbe die Krebse aus dem Schlick zu picken. »Die Konstellation deiner Geburt und all deine Kraft werden dir nicht helfen, wenn du Letztere nicht auch zu nutzen verstehst.«
    »Dann lehrt mich, wie man sich selbst heilt!«, bat Gorian.
    »Ein Lähmzauber für deine Zunge würde dich auf jeden Fall davor bewahren, vorlaute Forderungen zu stellen!«, erwiderte Hebestis. »Dazu bedürfte es noch nicht einmal der speziellen Magie der Heiler, und doch würdest du von deinem schlimmsten Leiden erlöst.«
    Den Unterricht im Haus der Schatten führte Hochmeister Aberian selbst. Gorian wurde recht schnell klar, dass hier wohl die Fortschritte am allerlängsten auf sich warten ließen. Zunächst bestand der Unterricht vor allem in der Durchführung von geistigen Übungen und im Studium von Schriften, deren Kenntnis nach Aberians Worten zur Schattenpfadgängerei notwendig war.
    Meister Rhaawaan, der ihn im Haus der Seher unterwies, schien Gorian gegenüber im Gegensatz zu seinen anderen Lehrern zunächst sehr skeptisch eingestellt. Vielleicht empfand er es sogar als eine Art persönlichen Affront, dass Gorian sich nicht ausschließlich für jenes der fünf Häuser entschieden hatte, dessen Vertreter der korpulente Hüne war. Was konnte es schon Faszinierenderes geben, als den Geist zu befreien und sich den vielfach verzweigenden Möglichkeiten zu überlassen, die

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