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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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das Polyversum bereithielt, Wahrscheinlichkeiten zu erkennen und Handlungen anderer abzuschätzen, und das über einen möglichst langen Zeitraum hinweg?
    »Könnt Ihr sehen, ob ich Morygors Schicksalslinie kreuze?«, fragte Gorian ihn irgendwann einmal. »Ihr seid doch in der Kunst der Seher bewandert wie kaum ein Zweiter.«
    »Es ist Morygor, der in irgendeiner Weise die Schicksalslinie eines jeden von uns kreuzt«, erwiderte Rhaawaan ausweichend. »Aber um das zu erkennen, muss man nicht die Möglichkeiten des Polyversums betrachten können. Dazu reicht es, zum Schattenbringer aufzusehen, der unser aller Schicksal prägen wird.«
    »Ich meinte das nicht auf eine so allgemeine Art«, erwiderte Gorian.
    »Nein, ich kann nichts dergleichen sehen«, gab Rhaawaan schließlich zu, und er wirkte etwas unwillig dabei, dass er eingestehen musste, dass seine Sicht der Zukunft und ihrer Möglichkeiten und Verstrickungen wohl trotz aller Magie nicht weit genug reichte, um dies einwandfrei erkennen oder ausschließen zu können.
    »Aber wie kommt es, dass Morygor dies offenbar vermag? Wieso kann er so viel weiter sehen, als es den Sehermeistern möglich ist?«
    »Dafür gibt es viele Gründe.«
    »Thondaril meint, dass es an der Art der Magie läge und dass Morygor Methoden anwende, die …«
    »Thondaril ist kein Seher!«, unterbrach ihn Rhaawaan. »Und anstatt uns Gedanken darüber zu machen, was Morygor vielleicht vermag oder nicht, sollten wir uns auf die eigenen Möglichkeiten konzentrieren, so wie es die Axiome von uns fordern!« Dann beugte sich Rhaawaan etwas vor und fuhr in bedeutungsschwerem Tonfall fort: »Glaube niemals, dass deiner eigenen Schicksalslinie irgendetwas Besonderes anhaftet, Gorian. Und glaube vor allem nicht, dass du dies, wenn es so wäre, bereits zu diesem frühen Stadium beurteilen könntest. Zumeist offenbart sich so etwas zur Gänze erst im Rückblick.«
     
    Meister Thondaril unterrichtete Gorian in den Künsten der Schwertmeister, und es stellte sich schnell heraus, dass Gorian darin bereits weit fortgeschritten war. Täglich wurde der Kampf mit dem Schwert geübt, wobei es vor allem darum ging, die Absichten des Gegners vorauszuahnen und sich in ihn derart einzufühlen, dass man eins mit ihm wurde und dessen Kraft für sich nutzen konnte.
    Immer wieder klirrten die Klingen gegeneinander, manchmal stundenlang, ohne dass bei den fortgeschritteneren Kämpfern auch nur der Hauch einer Gefahr bestand, dass sie sich einen Treffer einhandelten und ein Heiler zum Einsatz kommen musste.
    Für Gorian jedoch gab es schon sehr bald keine ebenbürtigen Gegner mehr. Unter den Schülern war niemand, der in der Kunst der Voraussicht so konzentriert war und dabei gleichzeitig die eigene Waffe derart schnell durch die Luft wirbeln konnte. Die Ausbildung bei seinem Vater kam Gorian nun zugute.
    Mit wenigen Hieben entwaffnete er den rothaarigen Alkarado, obwohl der bereits ein ganzes Jahr länger Schüler des Ordens war und sich auch nur auf die Ausbildung in diesem einen Haus konzentrierte. Torbas, der von Thondaril aufgefordert wurde, gegen Gorian anzutreten, erwies sich als deutlich hartnäckiger. Gorian spürte das hohe Maß an Alter Kraft, das in seinem Kontrahenten wirksam war. Ein Quantum, das dem seinen ebenbürtig schien.
    »Es ist nur die Ausbildung durch deinen Vater, die du mir voraushast!«, erreichte Gorian ein sehr heftiger, intensiver Gedanke von Torbas, während die Klingen ihrer Schwerter aufeinanderprallten. » Sonst nichts!«
    Immer wieder klirrte Stahl gegen Stahl, dann gelang es Gorian, Torbas’ Hieb so abzulenken, dass dessen Klinge in den Boden fuhr, genau in die Fuge zwischen zwei Pflastersteinen des inneren Burghofs, wo der Übungskampf stattfand.
    Torbas blickte auf die Spitze von Gorians Schwert, die auf seine Brust gerichtet war. In einem richtigen Kampf hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, die eigene Waffe rechtzeitig aus dem Boden zu ziehen.
    »Du bist wirklich gut, Gorian«, gestand er ein. »Ich denke, ich kann noch eine Menge von dir lernen.«
    »Dass der Kampf so lange gedauert hat, liegt nur daran, dass ich durch das Sternenmetall, das in der Kathedrale meinen Körper durchschlug, noch etwas geschwächt bin«, stellte Gorian klar.
    »Die Stellen in den Ordensaxiomen, die von der Demut handeln, hast du wohl immer geflissentlich überlesen, was?«
    »Mein Vater hat immer gesagt, dass ein jeder in den Axiomen das findet, was er gerade sucht, und das vermisst, woran es ihm

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