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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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zumal er damit rechnen konnte, dass sich viele der unbedeutenderen Herzöge um ihn scharten, weil sie die Machtgier des Herzogs von Eldosien noch mehr fürchteten als die des Kaisers.
    Der Heiligreichstag sollte bereits im Spätherbst in Estia, der Hauptstadt des Estlinger Landes stattfinden. Bis dahin waren es nur noch wenige Wochen, und da der Kaiser ohnehin im Norden unterwegs war, stattete er auch der Ordensburg einen Besuch ab. Immerhin war neben den siebzehn stimmberechtigten Herzogtümern, dem Vertreter der Freistadt Neador und dem Bischof von Atrantia als Repräsentant der Priesterschaft auch der Orden mit Sitz und Stimme auf dem Heiligreichstag vertreten.
    Abgesehen davon war für Corach IV. natürlich auch die militärische Unterstützung der Schwertmeister unverzichtbar. Daher war es durchaus verständlich, dass sich der vierte Kaiser aus dem Geschlecht der Laramonteser der Gefolgschaft des Ordens versichern wollte, bevor der Heiligreichstag zusammentrat.
     
    Kaiser Corach traf mit einem großen Tross ein. Gorian und Sheera befanden sich gerade zusammen mit einigen anderen Schülern aller fünf Häuser auf dem Südturm der Ordensburg, denn auf dem Unterrichtsplan stand die Deutung von Himmelzeichen bei Tageslicht, eine Disziplin, die zum allgemeinen Pflichtunterricht für die Angehörigen aller Häuser gehörte und von Meister Fferryn gelehrt wurde, einem Seher, der sich auf die Beobachtung des Himmels und der Gestirne spezialisiert hatte.
    Meister Fferryn war ein kleiner, drahtiger Mann mit weißem Bart, aber ohne einem einzigen Haar auf dem Kopf. Als sich Corach der Ordensburg näherte, hielten die Schüler gerade dunkle Gläser vor ihre Augen, um bei der Beobachtung des Schattenbringers nicht von der Sonne geblendet zu werden.
    »Ich hoffe, es wird sich niemand von euch durch etwas so Unbedeutendes wie einen Kaiser von den wirklich wichtigen Dingen am Himmel ablenken lassen«, mahnte Meister Fferryn, als er merkte, wie das Interesse seiner Hörerschaft rapide abnahm, seit Corach mit seinem Gefolge am Horizont aufgetaucht war. Offenbar hatte er sich mit einer Fähre zum Flusshafen an der Südspitze Gontlands übersetzen lassen, wo sich der Fluss in seine beiden Arme teilte. Hoch zu Ross ritt er seinen Rittern und Landsknechten voran. Auch Ordensmeister befanden sich in seinem Gefolge, darunter mindestens hundert Schwertmeister, die ihn derzeit ständig schützten, eine Maßnahme, die hier und dort genau jene Kritik gegen den Orden wieder hatte aufflammen lassen, die Jahrzehnte zuvor Meister Nhorich geäußert hatte.
    Torbas, der sich ebenfalls unter den Schülern befand, wandte sich an Gorian. »In diesem Punkt hatte dein Vater vielleicht gar nicht so unrecht. Es ist mit der Ehre eines Ordensmeisters nicht vereinbar, sich zu einem Lakaien oder Leibwächter herabwürdigen zu lassen. Kein Ordensmeister, egal welchem Haus er angehört, sollte so etwas mit sich machen lassen.«
    »Verstehst du bereits genug von den Zeichen des Himmels, dass du es dir leisten kannst, große Reden zu schwingen, anstatt mir zuzuhören?«, rief Meister Fferryn, sichtlich verärgert über Torbas’ Unaufmerksamkeit.
    Später wurde ein Fest für den Kaiser gegeben, nachdem dieser sich sehr lange erst mit dem Entscheidungskonvent des Ordens und später allein mit Hochmeister Aberian beraten hatte. Das Fest fand im Palast statt, der sich in der Mitte des inneren Burghofs befand und die letzte Rückzugsmöglichkeit im Falle eines Angriffs war. Die Festhalle im Erdgeschoss war brechend voll, denn der Kaiser hatte darauf bestanden, dass sämtliche derzeit in der Ordensburg befindlichen Meister und Schüler daran teilnahmen. Keiner der Schüler wurde zur Bedienung eingeteilt, wie es normalerweise üblich war; diese Aufgabe übernahmen die Bediensteten des Kaisers, die diesen auf seinen Reisen begleiteten.
    »Der will sich doch nur dem Ordensnachwuchs gewogen machen«, sagte Torbas abfällig zu Gorian, der neben ihm Platz genommen hatte, »damit künftige Hochmeister und kommende Mitglieder des Entscheidungskonvents dereinst auch seinen Erstgeborenen auf dem Heiligreichstag unterstützen.«
    Gorian zur Linken saß Sheera. Im Rahmen dessen, was in dieser Hinsicht auf der Ordensburg erlaubt war, hatte sie sich sogar etwas herausgeputzt. Dass sich Schülerinnen schminkten oder Schmuck trugen, wurde von den Mitgliedern des Entscheidungskonvents strikt abgelehnt, abgesehen natürlich von ordenstypischen Amuletten, die nicht als Schmuck und

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