Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
Orden als auch am Kaiser kaum ein gutes Haar gelassen hatte?
»Ich danke Euch für Eure freundlichen Worte«, sagte Gorian mit belegter Stimme.
»Weißt du, mein Vater kannte Nhorich recht gut, und bevor gewisse Differenzen sie getrennte Wege gehen ließen, schätzte mein Vater ihn als zuverlässigen, treuen Krieger. Und als weisen Ratgeber. Ich nehme an, er hat dir von diesem Band der Freundschaft zum Kaiserhaus erzählt?«
»Um ehrlich zu sein, war mein Vater kein Mann großer Worte und ausgedehnter Erzählungen«, erwiderte Gorian.
Die Stirn des Kaisers umwölkte sich leicht. »Ich verstehe«, murmelte er und hustete leise. Von dem chronischen Atemleiden, das ihn schon seit seiner Kindheit plagte, hatten ihn selbst die Ordensheiler nicht befreien können. Sie hatten ihm zwar Linderung verschafft, aber das war alles, was sie in diesem Fall zu leisten imstande gewesen waren, und dies wiederum erinnerte so manchen im Orden auf unangenehme Weise daran, dass auch die Alte Kraft nur begrenzte Möglichkeiten eröffnete.
Dann aber beugte sich der Kaiser vor, und er sprach leise, so als wären seine Worte ganz allein für Gorian bestimmt und für sonst niemanden. »Ich werde deinen Weg aufmerksam verfolgen, Gorian aus Twixlum. Sehr aufmerksam.«
»Herr, darf ich Euch um etwas bitten?«
»Aber gewiss. Bitte, worum immer du willst, und falls es in meiner Macht steht, werde ich erwägen, dir deinen Wunsch zu erfüllen«, versprach Corach.
Er hustete noch einmal, holte ein parfümiertes Tuch hervor und hielt es sich unter die Nase, was den Hustenreiz etwas milderte.
»Ich bitte Euch, nutzt die Zeit, um Verbündete zu suchen. Ihr werdet sie bald brauchen, denn Morygors Angriff in diesem Sommer wird – wie Ihr schon richtig sagtet – nicht der letzte Vorstoß seiner Horden nach Süden gewesen sein. Sein Reich dehnt sich unaufhaltsam aus, und wenn der Schattenbringer einen noch größeren Teil der Sonne verdeckt, sodass die Kälte das ganze Jahr über regiert, werden die Frostkrieger zurückkehren. Darum schmiedet jetzt Bündnisse. Schickt Gesandte ins Basilisken-Reich, zu den Greifenreitern und ins Ogerland. Gewinnt das Westreich und die Caladran als Eure Bundesgenossen, dann ist es vielleicht möglich, Morygors Horden mit vereinten Kräften zu schlagen.«
Der Kaiser wirkte vollkommen perplex. Zunächst zeigte sich pures Befremden, gepaart mit einem Ausdruck der Überraschung in seinen Zügen, dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. Doch dieses Lächeln war nicht ohne Zynismus, und so ließ es den Herrscher eher überheblich als sympathisch wirken.
Er steckte das Riechtuch ein und klatschte in die Hände. »Bravo! Du scheinst nicht nur in der Magie bewandert, wie man es von einem Ordensschüler erwarten darf, sondern taugst sogar zum Kanzler.« Er kicherte. »Für einen Herzog oder gar Kaiser fehlt dir ja leider die edle Geburt. Und die kann auch ein Himmelszeichen wie jenes, das dein Hochmeister erwähnte, nicht ersetzen.«
»Eine feine Schau war das!«, keuchte Torbas, ein paar Tage später, als der Tross des Kaisers die Ordensburg längst wieder verlassen hatte, um von der Gabelung des Gont aus in Richtung Estia zu ziehen, wo sich alles auf den kommenden Heiligreichstag vorbereitete. »Wie vor dem Hochmeister, so vor dem Kaiser! Alle Achtung, das macht dir so schnell keiner nach!«
Er packte den Griff eines Schwertes mit beiden Händen, täuschte einen Angriff vor und hieb dann in Kopfhöhe auf Gorian ein, der diesen Schlag allerdings mit Leichtigkeit parierte. Ein Dutzend Mal in rascher Folge prallte der Stahl ihrer beider Klingen gegeneinander. Torbas trieb Gorian ein Stück zurück, doch dann gewann dieser wieder die Oberhand.
Die Augen beider waren vollkommen schwarz. Es war eine der zusätzlichen Übungsstunden, die sie zusammen abhielten und in denen sie sich in der Vervollkommnung der Schwertmagie übten.
Sie lösten sich voneinander und hielten inne.
Torbas hatte in letzter Zeit sehr an Schnelligkeit und Gewandtheit gewonnen, und er verstand es immer besser, sich in den Gegner hineinzuversetzen und vorauszuahnen, was er als Nächstes tat. Es war so, wie zu vermuten gewesen war: Was das Talent anging, war er Gorian ebenbürtig, und das zeigte sich immer mehr, je weiter die Ausbildung fortschritt und Torbas nachholte, was Gorian bereits von seinem Vater gelernt hatte.
Das Wichtigste war natürlich die ständige Übung.
»Ich mache keine Schau!«, sagte Gorian sehr ernst. »Für niemanden. Ich
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