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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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verhältnismäßig warme Wetter und ein, verglichen mit seinen Vorgängern, gemäßigter Winter schienen ihm recht zu geben.
    Nhorich und Gorian schauten sich die Prozession an, die in diesem Jahr schon zum zweiten Mal die gesamte Küste an der Bucht von Thisilien zwischen Twixlum und der Seg-Mündung entlangführte. Die Dankesgebete für die angebliche Gnade des Verborgenen Gottes schallten zu ihnen herüber. Dank dafür, dass die große Gefahr vorüber wäre, unter deren Schrecken ganz Ost-Erdenrund über Generationen hinweg gelitten hatte.
    Bisher tolerierte die Priesterschaft den Waldprediger. Vielleicht deshalb, weil der Anklang, den dieser in der Bevölkerung fand, über die Maßen groß war.
    »Lass dich von seinen Reden nicht beirren, Gorian«, mahnte Nhorich. »Ich selbst würde nichts lieber glauben als seinen Worten. Aber ich fürchte, das genaue Gegenteil von dem, was er sagt, entspricht der Wahrheit.«

5
     
    Schlächter
     
    Es war in Gorians sechzehntem Jahr, als sich die Stimme Ar-Dons seit langer Zeit wieder in seinen Gedanken meldete. Vielleicht hing es mit dem heftigen Streit zusammen, den Gorian sich mit seinem Vater geliefert hatte. Es war eine von mehreren Auseinandersetzungen, die allesamt mit seinem nahenden sechzehnten Geburtstag zusammenhingen – dem Tag, von dem an er dem Orden der Alten Kraft beitreten konnte.
    Nhorich versuchte seinem Sohn klarzumachen, dass er schon mehr gelernt habe als so mancher, der kurz davor stand, sich der ersten Prüfung eines Schwertmeisters zu unterziehen, und dass er diese Ausbildung gar nicht mehr bräuchte. Gorian aber wandte ein, dass es doch sicherlich besser sei, alles zu erfahren, was es über die Alte Kraft zu wissen gab, um dann umso mehr Möglichkeiten zu haben, Morygor und das Frostreich bekämpfen zu können. Wenn Morygor selbst schon ahnte, dass man ihn stürzen konnte, dann musste sich doch mithilfe der magisch begabten Ordensmeister der beste und sicherste Weg finden lassen, der zu diesem Ziel führte.
    Und warum sollte es eigentlich nur Morygor vorbehalten sein, den Verlauf der Schicksalslinien einschätzen zu können und die entscheidenden Momente zu erkennen, an denen geringe Kraft große Wirkung entfaltete? Wieso sollte der Orden dem Feind nicht auf dessen eigenem Gebiet schlagen können, wenn man die Kräfte all seiner Mitglieder zu diesem Zweck bündelte?
    »Aber genau dies wird nicht geschehen«, wandte Nhorich auf dieses Argument seines Sohnes hin ein. »Denn dazu ist der Orden bereits innerlich zu verderbt, unfähig, die Aufgaben zu erfüllen, für die seine Gründer ihn einst geschaffen haben.«
    Der Wunsch, dem Orden als Schüler beizutreten und auch gegen die Ermahnungen seines Vaters dort die Ausbildung zu beginnen, wurde immer stärker in Gorian, je näher die Möglichkeit rückte, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. Mochte Nhorich auch tief greifende Differenzen mit dem Orden und einigen seiner Mitglieder haben – musste sich diese Abneigung deswegen auch auf seinen Sohn übertragen?
    Gorian hatte die Antwort für sich selbst schon gefunden. Es ging letztlich darum, Ost-Erdenrund vor einem schrecklichen Unheil zu bewahren oder dieses Unheil zumindest einzudämmen. Und Gorian fand, dass man zu diesem Zweck die alten Gegensätze beiseiteschieben müsste, wollte man auch nur den Hauch einer Erfolgsaussicht haben.
    Bisweilen wurden die Streitigkeiten zwischen Gorian und seinem Vater so heftig, dass sie daraufhin tagelang nicht miteinander sprachen. Gorian schmerzte es, dass es offenbar nicht möglich war, seinen eigenen Weg zu gehen, von dem er glaubte, dass er der richtige war, ohne seinen Vater zutiefst zu verärgern. Hatte Nhorich nicht damals gesagt, Gorian sollte selbst entscheiden, ob er dem Orden beitreten würde oder nicht, sobald er das entsprechende Alter erreichte? Offenbar schien das nicht mehr uneingeschränkt zu gelten.
    Genau in dieser Zeit wisperte wieder Ar-Dons Stimme in seine Gedanken. Zunächst war sie nichts weiter als ein einschmeichelndes Flüstern, aber bald schon wurde sie drängender, fordernder. »Dein Vater hat vor dir Geheimnisse, hält wichtige Wahrheiten vor dir verborgen. Er weiht dich nicht ein und verschweigt dir vieles. Ich aber würde dir so gut und treu dienen, wie ich Morygor diente. Ja, mehr noch, ich würde dir ewig dankbar sein, wenn du mich befreist und neu erstehen lässt. Und ich würde dir helfen, Morygor zu besiegen, denn ein Teil von mir hasst ihn wie sonst nichts auf der

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