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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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der Häuser, an deren Überständen sich lange Zapfen gebildet hatten. Das Eis schmolz in der Sonne und tropfte hinab.
    Auf dem Dorfplatz lagen schrecklich zugerichtete Tote. Ihnen fehlten zumeist die Augen.
    »Eiskrähen!«, murmelte Beliak düster. »Sie müssen hier gewesen sein – und zwar ein ganzer Schwarm. Sie haben es insbesondere auf die Augen ihrer Opfer abgesehen.«
    Gorian war von dem grausigen Anblick wie gefangen. Er war früher des Öfteren zusammen mit seinem Vater in dieses Dorf geritten, denn hier hatte es gute Handwerker gegeben, die unter anderem viele der Möbel für Nhorichs Hof gefertigt hatten. Außerdem hatte ein Großteil der Süßwasserfische, die im dörflichen Teich gezogen wurden, den Weg auf Nhorichs Hof gefunden. Manche der Toten, die überall verstreut lagen und sich offenbar verzweifelt gewehrt hatten, hatte Gorian daher flüchtig gekannt. Männer, Frauen, Kinder – sie alle waren von Morygors Kreaturen grausam ermordet worden. Selbst das Vieh und die Pferde waren bestialisch dahingemetzelt und von den Eiskrähen auf die ihnen eigene Weise ausgeweidet worden. Und die teilweise mannsgroßen Süßwasserfische im Teich waren starr und tot vom Eis umschlossen.
    »Warum nur?«, murmelte er. »Warum diese Mordlust? Warum dieses sinnlose Abschlachten?«
    »Weil sie es können«, sagte Beliak. »Einen anderen Grund brauchen Morygors Diener nicht.«
    »Aber diese Toten wurden noch nicht einmal zu Frostkriegern gemacht!«
    »Nein – dazu ist das Frostreich hier nicht mächtig genug. Ohne Frogyrrs Magie könnten weder die Eiskrähen noch die untoten Orxanier überhaupt hier existieren, und die größte Hoffnung, die wir uns im Moment machen können, ist die, dass diese Kraft allmählich schwindet und der achtbeinige Eisbär am Ende doch noch unverrichteter Dinge in den Norden zurückkehren muss.« Beliak deutete wie beiläufig zur Sonne. »Aber der Schattenbringer wird dafür sorgen, dass er sich bald sogar in Eldosien wohlfühlen wird.«
    Eldosien war das südlichste aller heiligreichischen Herzogtümer, in dem es trotz des Auftauchens des Schattenbringers nur in den Hochgebirgen regelmäßig Schneefall gab. In der Küstenregion am Laramontischen Meer aber herrschte ganzjährig ein mildes Klima, das mehrere Ernten im Jahr erlaubte. Ein Bauer in Eldosien sein – so sagten die von der Natur weniger begünstigten Thisilier, wenn sie zum Ausdruck bringen wollten, dass jemand unter äußerst glücklichen Umständen lebte.
    Beliak nahm einem der schrecklich zugerichteten Toten die Axt ab, mit der dieser sich bis zum letzten Moment verzweifelt gewehrt haben musste. Der Adh wog die Waffe in der Hand, und obwohl es sich um eine schwere Holzfälleraxt handelte, meinte er: »Etwas zu leicht für meinen Geschmack – aber immer noch besser, als diesen Kreaturen mit nichts als einem kurzen Messer gegenüberzustehen, wenn es hart auf hart kommt.«
    Gorian hörte Beliaks Worte nur wie aus weiter Ferne, denn in seinem Inneren sprach wieder die Stimme des Gargoyle zu ihm. »Ich kenne deinen Feind wie kein anderer, denn ich habe ihm gedient. Also wäre meine Hilfe für dich von unschätzbarem Wert!«
    Gorian versuchte diesmal gar nicht erst, die Stimme zum Schweigen zu bringen. Und er war sich zeitweilig auch nicht sicher, wer da gerade zu ihm sprach – der Gargoyle Ar-Don oder der Geist von Domrich, dem legendären Meister aus den Reihen des Ordens der Alten Kraft. Aber vielleicht waren beide Wesen ohnehin längst zu einer untrennbaren Einheit verschmolzen.
    Was sollte er tun?
    »Endlich stellst du die richtige Frage!«, vernahm er wieder die Gedankenstimme. » Ich dachte schon, es wäre hoffnungslos und die Ohren deiner Seele wären gänzlich verschlossen. Siehst du das Grauen, das dich umgibt? Morygor muss bestraft werden. Er muss in seine Schranken verwiesen und vernichtet werden, sonst waren die Opfer Meister Domrichs und deines Vaters umsonst! Ah, warum zögerst du nur? Warum erkennst du nur so schleppend, wer ein Helfer sein könnte und wer in der Lage wäre, dich zu schützen, bis du stark genug bist, aus eigener Kraft zu tun, was immer du für richtig hältst? Du armseliger, zögerlicher Narr. Lass mich dich führen. Du kennst die Stelle, an der dein Vater schon einmal Dinge verborgen hatte …«
    Der Tempel der Alten Götter, durchfuhr es Gorian.
    »Nein, nicht ganz!« , korrigierte ihn die Geisterstimme, und für einen Moment beunruhigte es Gorian zutiefst, dass Ar-Don offenbar in der Lage war,

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