Gorian 2
handeln.
»Wundert mich, dass es in Embador Orte gibt, an denen in der Nacht nichts los ist«, meinte Gorian. »Wo doch sogar die Märkte rund um die Uhr geöffnet sind.«
Plötzlich spürte er, wie sich die drei Seilschlangen, die er um den Oberkörper trug, zusammenschnürten, sodass sie ihm die Luft aus den Lungen drückten. Taumelnd stand er da und glaubte schon, dass ihm diese sonst so dienstbaren Kreaturen die Rippen brechen würden. Er versuchte ihnen den Befehl zu erteilen, ihren Griff zu lösen, doch ihm fehlte der Atem dazu, und so entrang sich nicht mehr als ein schwaches Krächzen seiner Kehle.
Zog Yaal, der zunächst ein paar Schritte weitergegangen war, blieb stehen und drehte sich um. Sein Gesicht wirkte vollkommen verändert, war zu einer verzerrten Fratze geworden, und er bleckte die Zähne wie ein Tier. Er wirkte ergrimmt und von einem Hass erfüllt, der kaum sein eigener sein konnte. Morygors Aura musste zu stark für ihn gewesen sein. Er war den Einflüsterungen des Herrn der Frostfeste, denen er offenbar schon seit einiger Zeit ausgesetzt war, letztendlich erlegen.
Gorians Augen wurden schwarz, er sammelte die Alte Kraft. Aber die Seilschlangen schnürten ihn so zusammen, dass er nicht einmal Rächer oder Sternenklinge hervorreißen konnte, weder mit den Händen noch mit der Kraft seines Geistes.
Es war ein gut geplanter Angriff von jemandem, der alles bedacht hatte, musste Gorian eingestehen. Der Kraftschrei, den er ausstoßen wollte, erstickte in einem schwächlichen, atemlosen Röcheln.
Die drei Seilschlangen, die bis dahin noch um Zog Yaals Leib gewickelt waren, lösten sich, als der Greifenreiter ihnen den Befehl dazu gab, und glitten zu Boden. Ihre Körper veränderten sich, wurden sehr viel kürzer und nahmen dafür an Dicke zu, sodass sie nicht mehr dünnen Kletter- oder Halteseilen, sondern armdicken Würgestricken glichen.
Auch die Seilschlangen, die Gorian bereits gefangen hielten, wandelten sich auf diese Weise, vermutlich weil sie so noch mehr Kraft aufwenden konnten, um den Ordensschüler zu zerquetschen.
Die Seilschlangen am Boden schnellten zunächst mit kobragleich erhobenen Vorderenden auf Gorian zu, dann sprangen sie fast gleichzeitig mehrere Schritt weit durch die Luft. Wie eine Peitsche schlang sich eine von ihnen um
Gorians Fesseln und riss ihm die Beine weg, sodass er hart zu Boden fiel. Die anderen wickelten ihn innerhalb weniger Herzschläge ein, sodass er vollkommen hilflos war. Er versuchte sich um die eigene Achse zu drehen, doch nicht einmal das gelang ihm.
Zunächst hatte er geglaubt, seine Magie wäre vollkommen wirkungslos, aber dann begriff er, dass er ohne seine Kräfte sicherlich schon gar nicht mehr am Leben gewesen wäre.
Wieder veränderte sich Zog Yaals Gesicht. Der Hass darin wich einem Ausdruck der Hilflosigkeit. »Es tut mir leid«, wimmerte er. »Die Aura … Die Stimme … Ich war zu schwach, Gorian!«
Die Kräfte, die Zog Yaal zu seinem Verrat getrieben hatten, schienen ihn für einige Augenblicke zumindest teilweise aus ihrer Gewalt zu entlassen. Für Morygors Pläne war er nicht mehr wichtig genug, um sich voll und ganz auf ihn zu konzentrieren.
Im nächsten Moment vernahm Gorian das höhnische Lachen einer Gedankenstimme, so eindringlich, dass eine Welle des Schmerzes vom Kopf aus seinen gesamten Körper durchlief und er für einen Moment die Konzentration auf seine Kräfte zu verlieren drohte.
»Niemand entkommt Morygor! Und niemand kreuzt meine Schicksalslinie, dem ich es nicht erlaube!«
Auf einmal stieß Zog Yaal eine Reihe von Knack- und Zischlauten aus, zweifellos Seilschlangenbefehle, auch wenn Gorian nicht einen einzigen davon erkannte. Aber zu seiner Verwunderung spürte er deutlich, wie die mörderische Umklammerung schwächer wurde, ohne sich jedoch völlig zu lösen, so als ob die Seilschlangen unter widerstreitenden Einflüssen standen.
Gorian konzentrierte sich erneut auf seine Magie. Blitze zuckten aus seinem Körper, und die Seilschlangen lockerten ihren Würgegriff vollends, dann schnellten sie eine nach der anderen davon, während flackernde Lichterscheinungen sie umflorten und sie vor Schmerzen schrill aufschrien.
Gorian rappelte sich auf, zog Sternenklinge und Rächer. Alles, was er bisher erreicht hatte, war, die Seilschlangen ein Stück fortzujagen, aber das musste noch nicht bedeuten, dass der Kampf schon vorbei war.
Er rang nach Luft und murmelte einen einfachen Heil-und Kräftigungszauber.
Im nächsten
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