Gorian 2
gegen das Glas drückten, knisterten wieder Blitze, und im nächsten Augenblick geschah dies auch dort, wo Gorians Stirn und die des Fischlinger die Scheibe berührten. Greshshsht stieß einen Laut aus, den Gorian als Äußerung des Schmerzes oder zumindest starken Unbehagens deutete.
Ohne Weiteres war nicht zu erkennen, aus welchem Material Sternenklinge und Rächer bestanden, schon deshalb, weil Gorian seine Waffen nicht offen trug. Und selbst dann hätte nur jemand, der etwas davon verstand, den Unterschied zu gewöhnlichem Metall festgestellt. Oder jemand mit starkem magischem Talent, der die dem Sternenmetall innewohnenden Kräfte zu spüren vermochte. Gorian aber konnte sich nicht vorstellen, dass dies bei dem Fischlinger der Fall war, dem es ja schon große Mühe bereitete, ein paar einfache Gedanken zu übertragen.
»Es war jemand hier, der sich nach dir erkundigt hat«, folgte ein weiterer Gedanke des Fischlinger, und zugleich wurde ein Bild an Gorian übertragen, das sich vor dessen innerem Auge manifestierte: zwei wirbelnde Rauchsäulen, die zu menschlichen Körpern verstofflichten.
»Schattenpfadgänger!« , erkannte Gorian.
»Sie ahnten, dass du und deine Gefährten hier auftauchen würden,
und sie wollen deinen Tod, Gorian von Twixlum. So ist doch dein Name, oder?«
Gorian sah vor seinem geistigen Auge einen jungen Mann, kaum älter als er selbst, und einen Grauhaarigen, der schon seine sechzig Winter hinter sich zu haben schien, vielleicht auch mehr. Bei Schattenpfadgängern war das nie so genau zu sagen, denn ihre Kräfte zehrende magische Kunst ließ manche vorzeitig altern, sodass sie in Wahrheit viel jünger waren, als sie aussahen. Andere hingegen schafften es nicht nur, ein vorzeitiges Altern zu verhindern, sie erzielten sogar mithilfe der Alten Kraft einen gegenteiligen Effekt.
»Sie gehören demselben Orden an wie du, Gorian, und sie haben genug dienstbare Geister in Embador. Du musst Acht geben, tausend Augen und Ohren in der Stadt werden dir nachspüren. Jeder fürchtet den Zorn dieser beiden, denn sie tauchen aus dem Nichts auf, als schwarzer Rauch, und morden leise und geschickt. Eigentlich soll ich ihnen eine Botschaft schicken, sobald ich dich sehe.«
»Stattdessen warnst du mich vor ihnen«, stellte Gorian fest. »Warum?«
»Weil diese wandelnden Schatten jener Macht dienen, die alles kälter werden lässt und die uns alle vernichten wird, wenn ihr niemand Einhalt gebietet.«
»Morygor!«
»Ja, diesen Namen habe ich immer wieder vernommen. Meine ersten Geschäfte tätigte ich mit dem Handel von Neunarmkraken. Aber es gibt kaum noch welche vor der westreichischen Küste, die zunehmende Kälte treibt sie in südlichere Gewässer. Früher sind meine Jäger im Sommer bis an die Küste von Eisrigge geschwommen, aber das können sie schon lange nicht mehr. Dich fürchtet der Herr dieser dunklen Mörder, darum will er deinen Tod und
versucht jeden, der dir begegnet, zu seinem Helfer zu machen. Aber mein Wille ist nicht so leicht zu beeinflussen.«
»Ich danke für die Warnung.«
»Geh sobald wie möglich. Verlass diese Stadt, solange dich die Mörder noch nicht entdeckt haben. Meine Oger sind die besten Kämpfer Embadors, aber gegen die Mächte, die dich verfolgen, ist ihr Schutz nur eine Kupfermünze wert, und daher werde ich auch nicht mehr verlangen.«
»Meister Parrach und Meister Shabran von der Ordensgesandtschaft in Havalan!«, stieß Thondaril grimmig hervor, nachdem Gorian ihm die Erinnerungsbilder, die ihm der Fischlinger übertragen hatte, in seinem Handlicht gezeigt hatte. Gorian schuf dafür keine größere Lichtblase, auf der man die beiden Schattenmeister noch deutlicher hätte erkennen können, um kein weiteres Aufsehen zu erregen.
»Offenbar ist Meister Shabran, zu dem Eure Handleseverbindung abbrach, inzwischen ebenfalls zu einem Diener des Frostreichs geworden«, äußerte Gorian.
»Ja«, murmelte Thondaril finster. »So muss es wohl sein. Nicht mehr lange, und es gibt im Orden mehr von Morygors Dienern als aufrechte Kämpfer gegen ihn.«
»Sie befinden sich hier, in Embador. Wir müssen also jederzeit damit rechnen, dass sie aus dem Nichts auftauchen und zuschlagen.«
»Dann sollten wir unsere Geschäfte hier so schnell wie möglich hinter uns bringen und Greshshshts Rat folgen und die Stadt verlassen«, meinte Sheera.
»Also trennen wir uns«, schlug Zog Yaal vor. »Ich werde zusammen mit Gorian die Seilschlangen, die wir noch brauchen, erstehen. Er
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