Gorian 2
Schüler. Da schien nichts mehr zu sein, selbst ein kalter Stein hätte in diesem Moment nicht weniger Seele als Thondaril gehabt. Sein Gesicht war hart und kantig, als sein Blick dem von Gorian begegnete.
»Die Welt wird sich ändern, Gorian«, fuhr Parrach fort. »Nur du stehst dieser Veränderung im Weg. Es tut mir leid. Soweit ich gehört habe, warst du ein ausgesprochen talentierter Schüler, und es wäre sicherlich interessant gewesen, zu beobachten, ob du deinen ehrgeizigen Plan in die Tat hättest umzusetzen können, die Ausbildung in allen fünf Ordenshäusern zu durchlaufen, sodass am Ende fünf Meisterringe an deinen Fingern gesteckt hätten. Nun wird es nicht einmal ein einziger sein.«
Gorian hörte dem Schattenmeister kaum zu. Innerlich war er immer noch mit dem Verrat Meister Thondarils beschäftigt. »Habt Ihr denn Euren Glauben an die Axiome des Ordens völlig verloren?«, fragte er ihn fassungslos. »Oder haben sie Euch in Wahrheit nie etwas bedeutet?«
»Die Zeit des Ordens ist vorbei«, stellte Thondaril klar. »In Wahrheit existiert er nicht mehr. Dein Vater hat das viel früher erkannt als ich, auch wenn er daraus andere Konsequenzen zog.« Der Blick, mit dem er Gorian bedachte, war undurchschaubar. Er wandte den Kopf, um Meister Parrach anzusehen, und sagte: »Tut, was getan werden muss, Parrach. Ich habe diesen Raum mit einer Magie belegt, die es ihm unmöglich machen wird, seine Kunst der Voraussicht gegen Euch einzusetzen.«
18
Meisterblut
Gorian umfasste Sternenklinge mit beiden Händen.
Welche magischen Manipulationen mochte Thondaril wohl vorgenommen haben? Gorian versuchte, sie zu erspüren. Und tatsächlich, da waren Kraftpunkte im Raum, die sich ganz nach der Magie des Ordens anfühlten. Zweifellos war hier etwas geschehen, was die Bedingungen des bevorstehenden Kampfes entscheidend veränderte, indem es die Voraussicht eines Schwertmeisters dämpfte oder gar ganz außer Kraft setzte.
In einem Duell mit einem Schattenmeister war das von entscheidender Bedeutung, denn so war es Parrach möglich, plötzlich im Rücken seines Gegners aufzutauchen und zuzustechen, ohne dass Gorian den Angriff vorausahnen und parieren konnte.
Für einen kurzen Moment erwog er, seinen Dolch Rächer nach Parrach zu schleudern, solange der Schattenmeister noch verstofflicht vor ihm stand. Aber vielleicht war es genau das, was der Feind von ihm erwartete, der Fehler, der Gorians Tod bedeutet hätte.
Parrach hielt zwei Schwerter in den Händen, eines von gewöhnlicher Länge und eines mit kurzer, dafür aber recht breiter Klinge. Er stürmte auf Gorian zu und begann sich dabei in dunkle, rauchartige Teilchen aufzulösen.
Da aber prallte er gegen eine bläulich schimmernde Lichtbarriere, die ihn und Meister Shabran plötzlich wie eine gläserne Glocke umfing.
Parrach verstofflichte wieder, und Entsetzen zeichnete seine Züge. Er wollte eine Formel ausstoßen, aber kaum hatte er die ersten Silben über die Lippen gebracht, hatte bereits Meister Shabran sein Schwert gezogen, einen Kraftschrei ausgestoßen und ihm die Klinge in den Leib gestoßen.
Meister Parrach sank zu Boden und blieb regungslos liegen.
»Ohne Eure Hilfe wäre es nicht möglich gewesen, den Verräter zu stellen«, sagte Meister Shabran. Er beugte sich nieder und nahm dem toten Parrach den Meisterring ab. »Ich werde trotz allem dafür sorgen, dass eine entsprechende Begräbniszeremonie abgehalten wird, während sein Ring vergraben wird. Man soll sich an Parrachs gute Taten erinnert, nicht an den Tag, an dem ihn seine innere Schwäche zum Verräter werden ließ.«
Thondarils Antwort war ein stummes Nicken, dann sprach er eine Formel und hob dabei beide Hände. Seine Augen wurden schwarz, und aus seinen Fingern schossen bläuliche Blitze. Sie trafen die Lichtglocke, die Shabran und den toten Parrach nach wie vor umgab, die sich aber daraufhin auflöste.
»Ich gebe zu, Meister Shabran, ich befürchtete schon für einen Moment, auch Ihr könntet auf Morygors Seite gewechselt sein«, gestand Thondaril, dann wandte er sich an Gorian. »Es tut mir leid, dass ich dich nicht einweihen konnte. Wären deine Verwunderung und deine Verzweiflung nicht echt gewesen, hätte Parrach das sofort gemerkt und wäre misstrauisch
geworden. Und tatsächlich habe ich auch diesen Raum magisch manipuliert, genau so wie Parrach es von mir verlangte.«
»Und nur deswegen konnte er meinen Angriff nicht voraussehen«, ergänzte Shabran, der nun
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