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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Wasser in seiner Form – wie so vieles andere im Stadtbaum von Caladrania.
    Sheera saß auf der mit Ornamenten verzierten Begrenzungsmauer der Wasserskulptur und schien Gorian zunächst gar nicht zu bemerken, zu sehr war sie in ihre eigenen Gedanken vertieft. Der Blick war starr und verlor sich in der Wasserskulptur.
    »Sheera!«
    Offenbar hatte sie sich in ihren Gedanken vollkommen verschlossen, denn sie vernahm seinen Ruf nicht.
    Er setzte sich zu ihr und berührte sie an der Schulter, und erst da schien sie seine Gegenwart zu bemerken. Sie wandte langsam den Kopf.
    Die Skulptur begann sich daraufhin zu verformen, zunächst war nichts mehr zu erkennen, dann entstand ein Abbild Gorians.
    »Was hast du nur getan?«, murmelte sie.
    »Wovon sprichst du?«
    Sie antwortete nicht. Dass ihre Augen permanent von purer Finsternis erfüllt waren, konnte nur bedeuten, dass sie die Alte Kraft in sich sammelte und unter einer andauernden Anspannung stand.
    Die Wasserskulptur veränderte sich erneut. Gorians Gesicht zerfloss, und das Wasser bildete das Gesicht eines jungen Caladran. Ein Gesicht, das Gorian nur allzu gut kannte.
    »Morygor!«, murmelte er.
    »Es war so schrecklich, Gorian …«
    »Was ist geschehen?«
    »Ich bin ihm begegnet.«
    »Aber …«
    »Ich weiß nicht, was alles aus dem so genannten Reich des Geistes mittels dieses Kristalls in dich eingedrungen ist
und deine Seele vergiftet hat, aber da war auch Morygor. Ich bin mir ganz sicher.«
    »Er ist ein Teil dieses Geistreichs und wird es wohl auch immer bleiben, selbst wenn es gelingen sollte, seine Schicksalslinie und seine Herrschaft zu beenden«, war Gorian überzeugt.
    »Warum hast du das getan? Warum hast du dich mit all diesen Dingen verbunden? All dieser Magie, all diesem Wissen, all diesen Worten und Bildern, die einen den Verstand verlieren lassen?«
    Er legte ihr sanft die Hände auf die Schultern. »Weil es sein musste«, antwortete er. »Ich muss die Magie der Caladran beherrschen, um Morygor besiegen zu können.«
    »Das bedeutet, du wirst erneut die Verbindung über den Kristall suchen.«
    »Ich habe keine Wahl.«
    »Ich werde dich vielleicht nicht noch einmal heilen können. Meine Kraft ist so erschöpft wie niemals zuvor, nicht mal, nachdem wir aus dem Frostreich zurückkehrten. Ich habe wirre Gedanken und weiß manchmal nicht mal mehr meinen Namen. Nur wenn ich genug an Alter Kraft sammle, kann ich meine Seele einigermaßen zusammenhalten.« Tränen glitzerten in ihren schwarzen Augen.
    Gorian nahm sie in die Arme, und sie schmiegte sich an ihn. Er strich ihr übers Haar und spürte den Schlag ihres Herzens. Und doch hatte er in diesem Augenblick das Gefühl, dass sie weiter voneinander entfernt waren denn je.

21
    Die Gestirne bewegen
    Die Tage vergingen wie im Flug, und Gorian hatte das Gefühl, dass die Zeit im Stadtbaum von Caladrania nur so dahinraste.
    Man hatte seinen Gefährten großzügig ausgestattete Quartiere zukommen lassen, und das Wissen, das er durch seine Berührung mit dem Reich des Geistes erlangt hatte, half ihm, sich in Caladrania zu orientieren.
    Ar-Don verharrte als versteinerter Gargoyle auf dem inneren Burghof in der Astgabelung. Er wirkte wie eine Statue – allerdings eine, die gemessen an dem architektonischen und künstlerischen Gestaltungsniveau der Umgebung eher wie ein primitives Standbild oder der erste Versuch eines mittelmäßig begabten Bildhauers wirkte, der noch in einer Phase war, in der er sein Material zu beherrschen lernen musste.
    Die Gondel stand neben ihm. Beides zusammen war gewiss für die ästhetisch anspruchsvollen Augen vieler Caladran eine Beleidigung, und es bildeten sich immer wieder Gruppen von Männern und Frauen um dieses für sie sehr eigenartige Gebilde, deren Gemüter sich darüber erhitzten.
    Gorian hörte ihren Gesprächen mitunter zu und stellte fest, dass ihm auch das Wissen aus dem Reich des Geistes noch manche feine Nuance der Caladran-Sprache nicht eröffnet
hatte. Aber der allgemeine Tenor war wohl, dass viele froh darüber waren, dieses Ding nicht innerhalb des Stadtbaums beherbergen zu müssen; die ästhetische Zumutung war ihnen im Außenbereich leichter erträglich, als wenn sie diesen Frevel an den Prinzipien der Ebenmäßigkeit und Harmonie im Inneren von Caladrania hätten ertragen müssen.
    Gorian versuchte zwischendurch gedankliche Verbindung mit Ar-Don aufzunehmen, aber der Gargoyle erwies sich als ziemlich einsilbig.
    »Sammle … Kraft …«, war eine gedankliche

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