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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Gorian. »Seht Euch an, was mit Sheera geschehen ist! Und sie hat nur einen geringen Teil von dem aufgenommen, was bereits in mir war.«
    »Es ist ein Risiko, ich weiß. Aber vielleicht ist es das größere Risiko, diese Gefahr zu scheuen. Was wird dir ein Gefährte nützen, der dir in allen Belangen so weit unterlegen ist, dass er vielleicht nicht einmal versteht, was du beabsichtigst? Davon abgesehen kann ich die Stärke meiner Schüler durchaus abschätzen – auch wenn ich sie auf dem Weg, den sie gehen werden, nicht begleiten kann.« Thondaril schüttelte den Kopf und hielt ihm noch einmal den Ring hin. »Nimm ihn – und zeige ihn Torbas! Und dann sag ihm dies: Wenn er es wagt, mit dir ins Reich des Geistes zu gehen und sich der Wahrheit und dem Wahnsinn zu stellen, die dort zu finden sind, dann gebe ich auch ihm einen Meisterring, denn den hat auch er sich dann verdient.«
     
    Ein paar Tage später stieg, bestaunt von der gesamten Bevölkerung des Stadtbaums von Caladrania, ein Himmelsschiff aus einem der von den Wurzelarmen abgegrenzten Hafenbecken auf. Es war ein sehr großes Schiff, dessen Aufbauten und Decks zur Gänze von einer transparenten, leicht bläulich schimmernden Aura umgeben waren. Aufgrund des Wissens, das Gorian im Reich des Geistes erworben hatte, schloss er, dass es sich um eine Variante des magischen Glases handelte, wie es die Fenster des Stadtbaums aufwiesen und das sowohl Licht als auch Wind nach Belieben einließ oder filterte. Offenbar sollte die Aura vor den Unbilden des Kosmos schützen.
    Viele Caladran hatten sich an diesem dämmrigen Tag auf dem Burghof und einigen anderen Plätzen des Stadtbaums versammelt. Andere standen hinter dem magischen Glas
ihrer Fenster. Der Himmel war vollkommen klar und doch so düster wie sonst nur kurz vor Einbruch der Nacht. Der Lichtkranz, der vom Schattenbringer verdeckten Sonne war so schmal wie nie zuvor, und bisweilen schien er an manchen Stellen bereits völlig zu verschwinden. Die Sterne – das Ziel dieser Himmelsschiffsreise – waren inzwischen den ganzen Tag über zu sehen. Das spärliche Sonnenlicht schaffte es einfach nicht mehr, sie zu überstrahlen.
    Gorian mischte sich mit Zog Yaal und Torbas unter die Schaulustigen. Sheera hatte sich zur inneren Sammlung zurückgezogen und das magische Glas in den Fenstern ihres Gästegemachs verdunkelt; so viel hatte auch sie an Caladran-Magie in sich aufgenommen, dass sie dazu in der Lage war, so wie sich auch jeder der Gäste, Zog Yaal eingeschlossen, nach und nach an den richtigen Gebrauch der Schächte mit dem Zauber der Gewichtslosigkeit gewöhnt hatte.
    Das Schiff stieg höher und höher.
    Rudanas lautete der Name des Kapitäns, den die Caladran in einem Chor aus Gedanken und Stimmen murmelten, eingebettet in einer Formel magischer Kraftspende. Rudanas würde diese Kraft brauchen, um das Schiff sicher an sein Ziel zu bringen.
    Oder zumindest an irgendein Ziel.
    Schließlich wurde das Schiff am Himmel kleiner und kleiner und war zum Schluss nur noch als bläulicher Schimmer auszumachen, so als wäre es zu einem der vielen Sterne geworden. Die Caladran sollten von ihm nie wieder etwas hören. Kein Gedanke im Reich des Geistes deutete auf sein weiteres Schicksal hin, und auch mithilfe eines westreichischen Fernglases oder der sehr viel besseren magischen Linsen der Caladran war später keine Spur mehr von ihm am Himmel zu entdecken.

    Das bläuliche Schimmern verschwand einfach …
    »Nicht schlecht, wenn man so davonfliegen und das der Vernichtung preisgegebene Erdenrund verlassen kann«, meinte Zog Yaal. »Leider werden die Caladran wohl keinen von uns mitnehmen.«
    »Nein, das werden sie nicht«, murmelte Gorian. Er wandte sich an Torbas und hob dabei die Hand mit dem Ring des Schwertmeisters. »Hast du dich bereits entschieden?«
     
    In den nächsten Tagen verschlechterte sich das Wetter. Der Himmel wurde so düster, dass man Tag und Nacht nicht mehr voneinander unterscheiden konnte. Ein eiskalter Wind blies vom Norden her, zeitweilig begann es zu hageln, und hin und wieder rieselte Schnee aus dem dunkelgrauen Himmel. Von den Sternen war nichts mehr zu sehen, und der ohnehin schon sehr schwache Lichtkranz der Sonne war kaum noch auszumachen. Raureif legte sich morgens über Teile des Stadtbaums und verschwand erst, wenn die Magier der Caladran einen entsprechenden Zauber wirkten.
    Schließlich trieb sogar ein kleiner Eisberg am Stadtbaum vorbei. So etwas hatte es seit der Zeit, da die

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