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Gorian 3

Gorian 3

Titel: Gorian 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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des ehrwürdigen Meisters. »Wie ich sehe, vervollkommnet Ihr gerade Eure Künste in anderen Häusern, Meister Gorian.«
    »Es ist noch viel zu lernen«, antwortete dieser. »Und leider habe ich dafür wenig Zeit.«
    »Nun, nach dem, was wir beobachtet haben, habt Ihr erhebliche Fortschritte in der Schattenpfadgängerei gemacht. Und soviel ich hörte, seid Ihr im Haus der Magie auch der Verleihung eines Ringes sehr nahe.«
    »Ich bemühe mich, den Ansprüchen meiner Lehrer zu genügen«, gab sich Gorian bescheiden.
    »Und die sind hoch, Meister Gorian.«
    Gorian deutete hinaus auf den Schmelzsee, der bereits zu gut einem Drittel gefroren war. Das Eis schien wieder auf dem Vormarsch zu sein. »Wie beurteilt Ihr die Lage, Meister Morgun?«
    »Wie beurteilt Ihr sie, Magieschüler Gorian?«
    »Der Bann wird schwächer, nun, da die Singenden Felsen zerstört wurden.«
    Meister Morgun nickte. »Das ist richtig. Morygors Horden werden sich wieder sammeln und schon bald Richtung Süden ziehen. Zudem habt Ihr zwar den Eisdrachen vernichtet – und für diese Tat habt Ihr Bewunderung verdient –, doch werden seine überlebenden Kinder zu einer enormen Gefahr heranwachsen, denn es ist niemand mehr da, der ihre Anzahl und ihre Größe beschränkt.«
    In diesem Augenblick schoss ein dunkelroter Strahl irgendwo weit hinter dem Horizont zum Himmel hinauf, zum Schattenbringer.
    »Morygor!«, murmelte Gorian.
    Der Herr der Frostfeste saß vermutlich inmitten der eisigen
Mauern seiner Festung und hatte einen Zauber gewirkt, der für dieses Phänomen sorgte. Wie eine Verbindung aus rotem Licht zwischen Erdenrund und dem Schattenbringer erschien dieser Strahl. Gorian versuchte nach Art der Caladran zu sehen, um auszumachen, ob sich die Breite der Sonnensichel veränderte, doch das ließ sich nicht erkennen. Vielleicht reichten Morygors Kräfte im Moment nicht aus, um in dieser Hinsicht eine kurzfristige Wirkung zu erzielen. Oder sie würde sich erst nach einiger Zeit zeigen.
    Ein weiterer roter Strahl durchschnitt die eisige Luft. Diesmal schoss er vom Schattenbringer hinab und traf genau das Gipfelplateau.
    Es barst auseinander, und ein Pilz aus Staub und Feuer stieg zum Himmel empor. Die Glut war heller als der Sonnenkranz, und es wurde so heiß, dass die bis an die Steilhänge reichenden Eismassen innerhalb von Augenblicken schmolzen. Ein alles fortreißender, enorm heißer Wind fegte nach allen Seiten über das Land und den Schmelzsee, dessen Wasser zu kochen begann, während sich gleichzeitig die benachbarten Gletscher verflüssigten. Einige Leviathane, die sich nicht weit genug zurückgezogen hatten, wurden davongeschleudert, und die Truppen unter dem Banner des Herzogs von Eldosien verbrannten zu Asche.
    In der Luft geschah das Gleiche mit den Greifenreitern und ihren gewaltigen Reittieren. Sie fingen Feuer und verglühten. Auch das zweite Himmelsschiff, das sich näher beim Bannstein befunden hatte als das mit Meister Morgun an Bord, ereilte das Schicksal. Die magische Schutzaura, die sich um das Schiff wölbte, war durch den Einfluss des Banns ohnehin geschwächt. Der heiße Wind verbrannte die Besatzung zwar nicht, aber das Schiff wurde zu Boden gedrückt, wo die Schutzaura zerplatzte wie jene Seifenblasen, die Gorian
von Straßenkünstlern in Thisia her kannte, woraufhin auch das Schiff selbst mitsamt seiner Besatzung zu Asche verglühte.
    Dann wurde die Wächter des Caladir von dem heißen Feuerwind erfasst, und ihre Schutzaura flammte bläulich auf, sodass man für Augenblicke nichts sehen konnte. Das Schiff wurde fortgerissen, und es schien nichts zu geben, was der Gewalt dieser entfesselten Kräfte hätte widerstehen können. Niemand von der Besatzung konnte sich auf den Beinen halten. Shabran und Morgun wurden ebenso auf die Planken geschleudert wie der Steuermann und Kapitän Odranawil.
    Sie rutschten über die Decks und wären sicherlich über Bord gegangen, wäre die Schutzaura nicht gewesen. Das starre Segel glühte kurz auf, und dann zog es die Wächter des Caladir plötzlich mit Macht davon. Schwarzer Rauch bildete sich am Bug und an den Seiten und wirbelte allen Naturgesetzen zum Hohn um das Schiff herum.
    Der Einzige, der noch auf den Füßen stand, war Gorian. Seine Magie hielt ihn aufrecht. Er hatte die Arme emporgereckt, und seine Augen waren zuerst vollkommen schwarz, dann sprühten sie vor gleißendem Licht, und er murmelte eine Formel in der alten Sprache der Caladran.
    Es war die Kunst der Voraussicht

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