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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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eingenommen, die durch hölzerne Trennwände in je drei Einzelkäfige mit jeweils einer Schlafkiste unterteilt waren. Die Käfige waren auch oben mit Maschendraht überspannt, und das kräftige Drahtgewebe war unten in einen Betonsockel eingelassen, so dass nicht einmal das schlankste und geschmeidigste Tier entkommen konnte.
    An der Rückwand stand quer zu den Käfigen ein Arbeitstisch, auf dessen Platte Arkadi Blut, Federn und Fischschuppen entdeckte. Unter dem Tisch fand er ein Gebetbuch. Er stellte sich vor, wie James Kirwill und Kostja Borodin, dieses ungleiche Paar, hier ihr Geheimnis bewacht und gefüttert hatten.
    Kirwill hatte um göttliche Eingebung gebeten, während Kostja Neugierige verjagt hatte.
    Er betrat einen der Käfige und sammelte einige der schwarzen Haare ein, die am Maschendraht hingen. Im Haus füllte Arkadi den mitgebrachten zweiten Plastiksack mit Gegenständen aus den Seekisten. Zuletzt verschnürte er die Hutschachtel, die lediglich ein Modell enthielt, das Andrejew für Lehrzwecke angefertigt hatte.
    Andrejews Rekonstruktion von Valerias Kopf bestand jetzt nur noch aus fleischfarbenem Staub und dem Geruch von verbranntem Haar in Jamskois Kamin. In gewisser Beziehung hatte die Vernichtung von Andrejews Meisterwerk sich befreiend auf Arkadi ausgewirkt, denn er war erst dadurch auf die Idee gekommen, das Lehrmodell zu verwenden. Nie hätte er es über sich gebracht, Irina den rekonstruierten Kopf Valerias zu zeigen - und er hatte genau gewusst, dass sie es nie über sich bringen würde, den Kopf auch nur flüchtig zu betrachten. In seiner Verzweiflung war ihm die brillante Idee gekommen, Irina zu täuschen. Damit hatte er sie gerettet - und verloren.
     
    Als Arkadi die Halle des Hotels Ukraina betrat, sah er Hans Hofmann aus dem Aufzug kommen, setzte sich in den nächsten Sessel und griff nach einer liegengebliebenen Zeitung. Er hatte Osbornes Komplizen noch nie leibhaftig gesehen. Der Deutsche hatte ein hageres, schmallippiges Gesicht und trug sein blondes Haar sehr kurz. Arkadi erkannte in ihm einen Schläger und Ganoven, der jedoch nicht so gefährlich wie Osborne oder Jamskoi war. Als Hofmann an ihm vorbei war, legte Arkadi die Zeitung weg und betrat den Aufzug.
    Er hatte damit gerechnet, das Büro leer vorzufinden. Deshalb war überrascht, als Fet hinter einem der Schreibtische saß und mit seiner Pistole auf ihn zielte.
    »Fet!« sagte Arkadi lachend. »Tut mir leid, aber Sie hatte ich völlig vergessen!«
    »Ich dachte, er käme zurück«, murmelte der junge Kriminalbeamte. Er war blass vor Angst, und seine Hände zitterten, als er die Pistole weglegte. »Er hat hier auf Sie gewartet. Dann ist er angerufen worden und hastig verschwunden. Er hat mir meine Pistole zurückgegeben. Diesmal hätte ich sie benützt!« Zwischen umgeworfenen Stühlen und herausgerissenen Schubladen lagen Tonbänder und Protokolle verstreut. Arkadi hatte immer vermutet, dass in diesem Büro, das sie Jamskoi verdankten, Mikrofone eingebaut waren. Hörte jetzt jemand zu? Es spielte keine Rolle, er würde sowieso nicht lange bleiben.
    Arkadi überzeugte sich rasch davon, dass alle Tonbänder und Aufzeichnungen über Osborne und Hofmann verschwunden waren - bis auf das Tonband vom 2. Februar, das er rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatte.

»Er ist hier reingestürmt und hat mich überfallen!« berichtete Fet empört. »Er hat mich nicht weggelassen, weil er gedacht hat, ich würde Sie warnen.«
    »Das hätten Sie natürlich nicht getan!«
    Arkadi fand ein aufgerissenes Paket aus dem Handelsministerium. Jewgeni Mendel hatte ihm eine Fotokopie der Verleihungsurkunde des Leninordens seines Vaters und einen langen Untersuchungsbericht vom 4. Juni 1943 geschickt. Kein Wunder, dass Hofmann die Sendung nur aufgerissen und dann sofort beiseite geworfen hatte! Arkadi wollte seinem Beispiel folgen, als ihm auf der letzten Seite trotz der schlechten Qualität der Kopie die markante Unterschrift des Vorsitzenden der Untersuchungskommission auffiel: Leutnant A. O. Jamskoi. Der junge Offizier Andrej Jamskoi - er konnte damals noch keine zwanzig Jahre alt gewesen sein - hatte den jungen amerikanischen Diplomaten John Osborne schon vor über dreißig Jahren gekannt und gedeckt. Fet erkundigte sich zögernd: »Sie wissen wohl noch nichts?«
    »Wovon?«
    »Die Staatsanwaltschaft lässt seit einer Stunde in ganz Moskau nach Ihnen fahnden.«
    »Und weswegen?«
    »Wegen Mordes. In einem Museum am Rand von Serafimow ist ein

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