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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Russland zurückzukehren; das gab selbst Osborne zu.
    Irina, Osborne, Osborne, Irina. Er stellte sie sich im Bett vor, die beiden miteinander verschlungen.
    Dann zu dritt.
     
    Arkadi schrak aus seinen trübseligen Gedanken auf, als die Limousine am Randstein hielt. Ein Blick nach draußen zeigte ihm, dass sie sich anscheinend weit südlich der 28th Street befanden. Die beiden hinteren Türen wurden aufgerissen; rechts und links beugte sich je ein junger Schwarzer ins Auto, hielt Arkadi mit der einen Hand einen Revolver an den Kopf und zeigte ihm mit der anderen eine Polizeiplakette. Die Trennscheibe zwischen den Sitzen wurde heruntergelassen, und Arkadi erkannte, dass Kirwill am Steuer saß.
    »Was ist aus dem Chauffeur geworden?« fragte Arkadi.
    »Ein böser Mann hat ihn niedergeschlagen und ihm das Auto geklaut.« Kirwill grinste. »Willkommen in New York!«
    Lieutenant Kirwill trank Whisky, den er mit Bier hinunterspülte. Billy und Rodney, die beiden schwarzen Kriminalbeamten, saßen bei Cola mit Rum am Nebentisch. Arkadi hockte Kirwill gegenüber, vor sich ein leeres Glas. Er sah noch immer das zerwühlte Luxusbett vor sich. Er saß mit Kirwill zusammen, wie er unter anderen Umständen gleichgültig an einem Kaminfeuer gesessen hätte.
    »Osborne könnte zugeben: >Ja, ich habe sie umgebracht««, erklärte Kirwill ihm. »Er könnte sagen:
    >Ich hab sie am ersten Februar um siebzehn Uhr erschossen. Und ich bereue nichts!< Trotzdem würde er als amerikanischer Staatsbürger unter keinen Umständen ausgeliefert. Ein guter Rechtsanwalt könnte erreichen, dass sein Fall frühestens in fünf Jahren verhandelt wird. Fünf Jahre für den Weg durch die Instanzen; weitere fünf Jahre für das Berufungsverfahren. Das wären insgesamt fünfzehn Jahre, in denen seine Zobel sich weiter vermehren würden. Deshalb haben’s die Russen eilig:
    Sie müssen Osborne und seine Zobel umbringen - oder einen Vergleich mit ihm schließen. Da Osborne unter FBI-Schutz steht und seine Zobel an einem unbekannten Ort züchtet, müssen sie mit ihm verhandeln.« Kirwill schüttelte den Kopf. »Aus amerikanischer Sicht ist Osborne geradezu ein Held. Und was bist du? Ein gottverdammter russischer Subversiver? Aber ich will dir trotzdem helfen.«
    Kirwill und seine beiden schwarzen Kriminalbeamten sahen wie Diebe aus Tausendundeiner Nacht, aber nicht entfernt wie Moskauer Milizionäre aus. Die gestohlene Limousine war in der übernächsten Seitenstrasse geparkt.
    »Du hättest mir in Moskau helfen sollen«, wehrte Arkadi ab. »Dort hätte ich Osborne schnappen können. Jetzt kannst du mir nicht mehr helfen.«
    »Ich kann dich retten.«
    »Mich retten?« Kirwills unfreiwilliger Humor weckte Arkadi aus seiner Lethargie. Noch gestern hätte er Kirwill vielleicht sogar geglaubt.
    »Hast du die Zobel?«
    »Nein.«
    »Du willst mich retten, aber du kannst mich nicht retten. Was nützt mir das?«
    »Lass die Kleine sitzen - der KGB soll sich an sie halten.« Arkadi rieb sich die Augen. Er in Amerika und Irina in Russland? Ein wahrhaft absurdes Ende!
    »Nein.«
    »Das habe ich erwartet.«
    »Jedenfalls vielen Dank für deine Bemühungen.« Arkadi wollte aufstehen. »Bringst du mich jetzt ins Hotel zurück?«
    »Augenblick!« Kirwill zog ihn zu sich herunter. »Komm, wir trinken noch einen Schluck auf die gute alte Zeit.« Er schenkte Arkadi ein, griff in seine Jackentasche und holte einen Zellophanbeutel Erdnüsse heraus, den er auf den Tisch warf. Billy und Rodney beobachteten Arkadi neugierig, als erwarteten sie, dass er mit der Nase trinken würde. Sie waren groß und pechschwarz und trugen grelle Hemden und Halsketten. »Wenn das FBI dich an einen überführten Mörder ausleihen kann, kann es dich der New Yorker Polizei weitere fünf Minuten zur Verfügung stellen«, meinte Kirwill.
    Arkadi zuckte mit den Schultern und kippte seinen Whisky. Kirwill schickte Billy an die Bar, um eine Schale für die Nüsse zu holen.
    »Was hast du gegen das FBI?« fragte Arkadi.
    »Eine ganze Menge.« Der Lieutenant lächelte humorlos. »Das FBI stellt keine Ermittlungen an, sondern bezahlt Spitzel. Worum es im Einzelfall geht - Spione, Bürgerrechtler, Mafiosi -, spielt keine Rolle: Das FBI arbeitet immer nur mit Spitzeln, Zuträgern, Informanten, V-Männern. Das ist der grundsätzliche Unterschied, verstehst du? Ein Cop ist auf der Strasse unterwegs und sammelt selbst Informationen. Er scheut keine Dreckarbeit, weil er sich für den Job eines Kriminalbeamten
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