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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Elementen einzuschmeicheln«, behauptete Golodkin standhaft.
    »Durch Morde?« Pascha ballte die Faust.
    »Morde?« Golodkin riss die Augen auf.
    Pascha warf sich über den Tisch und hätte Golodkin beinahe an der Gurgel zu fassen bekommen.
    Arkadi riss ihn zurück. Pascha war vor Zorn dunkelrot angelaufen. Manchmal machte es Arkadi wirklich Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten.
    »Von Morden weiß ich nichts!« beteuerte Golodkin.
    »Warum vernehmen wir ihn überhaupt?« fragte Pascha den Chefinspektor. »Er lügt sowieso nur.«
    »Ich habe das Recht, mich zu den Beschuldigungen zu äußern«, stellte Golodkin fest.
    »Das stimmt«, erklärte Arkadi Pascha. »Solange er aussagewillig ist und vorgibt, die Wahrheit zu sagen, kannst du nicht behaupten, er behindere unsere Arbeit.« Er schaltete das Tonbandgerät ein.
    »Bürger Golodkin, wir wollen mit einer aufrichtigen und detaillierten Schilderung Ihrer Verstöße gegen die Frauenrechte beginnen.«
    Rein als inoffizielle Dienstleistung habe er angesehenen Persönlichkeiten Frauen zugeführt, die seiner Überzeugung nach volljährig gewesen seien, begann der Georgier. Namen, verlangte Pascha. Wer hatte wo, wann und für wie viel gebumst? Arkadi hörte nur mit halbem Ohr zu, während er die Berichte aus Ust-Kut las, die Golodkin für seine Akte gehalten hatte. Im Vergleich zu den Bagatellen, die der Georgier zu gestehen hatte, lasen sich Jakutskis Berichte wie ein Abenteuerroman.
    Als Waise in Irkutsk hatte Konstantin Borodin, der später den Spitznamen »Kostja der Bandit« erhielt, das Tischlerhandwerk erlernt und an der Restaurierung des Klosters Snamjenski mitgearbeitet. Kurz vor Abschluss seiner Ausbildung war er jedoch aus einem staatlichen Internat ausgerissen und mit jakutischen Nomaden zum Polarkreis gezogen, um Polarfüchse zu jagen. Die Miliz war erstmals auf Kostja aufmerksam geworden, als er mit gleichaltrigen Komplizen nach Diebstählen auf den Aldan-Goldfeldern an der Lena gefasst worden war. Als Zwanzigjähriger wurde er bereits wegen Diebstahls von Aeroflot-Flugscheinen, Vandalismus, Verkaufs von Radioteilen an junge Leute, deren »Piratensender« die staatlichen Rundfunksender störten, und Strassenraubs gesucht. Er entkam jedes mal wieder in die sibirische Taiga, in der ihn nicht einmal Jakutskis Hubschrauberstreifen aufspüren konnten. Das einzige neuere Foto von Kostja war eine Zufallsaufnahme, die vor eineinhalb Jahren in der sibirischen Zeitung Krasnoje Snamja veröffentlicht worden war.
    »Wenn Sie’s genau wissen wollen«, erklärte Golodkin Pascha, »haben die Mädchen sich gern mit Ausländern eingelassen. Luxushotels, gutes Essen, saubere Betten - das ist schon fast wie eine kleine Reise.«
    Das Zeitungsbild war grob gerastert und zeigte etwa 30 nicht näher bezeichnete Männer, die ein nicht näher bezeichnetes Gebäude verließen. Im Hintergrund war ein grobknochiges, verwegen gutaussehendes Gesicht mit einem Kreis gekennzeichnet. Es gab also noch Banditen auf dieser Welt.
    Der größte Teil der Sowjetunion bestand aus Sibirien. Die russische Sprache kannte nur zwei mongolische Wörter: Taiga und Tundra, beide erinnerten an endlose Wälder oder baumlose Horizonte. Nicht einmal Hubschrauber konnten Kostja finden? Und dieser Mann sollte im Gorki-Park umgekommen sein?
    »Haben Sie von jemand gehört, der in Moskau Gold verkauft?« fragte Arkadi den Georgier.
    »Vielleicht sibirisches Gold?«
    »Mit Gold handle ich nicht; das ist mir zu gefährlich. Ich kenne das bei der Miliz eingeführte Prämiensystem und weiß genau, dass ihr zwei Prozent des bei Schwarzhändlern sichergestellten Goldes behalten dürft. Nein, das wäre mir zu riskant. Außerdem würde das Gold ohnehin nicht aus Sibirien kommen. Es wird von Seeleuten in Indien oder Hongkong gekauft und ins Land geschmuggelt. Moskau ist kein großer Goldumschlagplatz. Wer von Gold oder Diamanten spricht, meint Geschäfte mit Juden oder Armeniern in Odessa - alles Leute, mit denen ich mich nie abgeben würde.«
    Golodkins Haut, Haar und Kleidung rochen nach amerikanischem Tabak, französischem Herrenparfüm und russischem Schweiß. »Im Grunde genommen tue ich den Leuten nur einen Gefallen. Ich bin Fachmann für Ikonen. Ich fahre hundert, zweihundert Kilometer von Moskau entfernt auf die Dörfer, lasse mir sagen, wo die alten Männer sich treffen, und kreuze dort mit einer Flasche Wodka auf. Sie müssen sich vorstellen, dass diese Männer von ihren Pensionen zu leben versuchen. Entschuldigen

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