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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Werktätigen!«
    Der Gebrauchtwagenmarkt fand auf einem unbebauten Grundstück statt, auf dem Pobedas, Schigulis, Moskwitschs und Saporoschez standen - einige uralt und klapprig, aber andere noch ladenneu. Ein gerissener Autobesitzer, der nach jahrelangem Warten endlich den kleinen Saporoschez bekam, für den er 3000 Rubel zahlte, konnte damit sofort auf den Gebrauchtwagenmarkt fahren, sein Spielzeug für 10000 Rubel verkaufen, bei der staatlichen Marktaufsicht nur einen Verkauf für 5000 Rubel melden, seine sieben Prozent Provision zahlen und mit den restlichen 6650 Rubel einen gebrauchten, aber viel geräumigeren Schiguli kaufen. Der Markt glich einem Bienenstock - allerdings war die Voraussetzung dafür, dass jede Biene selbst Honig mitbrachte. Etwa 1000 Bienen waren anwesend.
    Arkadi gab vor, sich für einen weißen Moskwitsch zu interessieren. Er fuhr mit der Hand über den Lack.
    »Wie eine Mädchenwange, was?« Ein Georgier in einem Ledermantel stand plötzlich vor ihm.
    »Hübsch.«
    »Sie sind schon in ihn verliebt, das sieht man. Lassen Sie sich nur Zeit, machen Sie einen kleinen Rundgang.«
    »Wirklich sehr hübsch.« Arkadi schlenderte nach hinten.
    »Sie verstehen was von Autos.« Der Georgier legte einen Finger auf sein rechtes Auge.
    »Dreißigtausend Kilometer. Andere Leute hätten den Tacho zurückgestellt, aber das ist nicht meine Art. Jede Woche gewaschen und poliert. Hab ich Ihnen die Scheibenwischer schon gezeigt?« Er zog sie aus einer großen Papiertüte.
    »Gute Scheibenwischer.«
    »Praktisch neuwertig. Aber das sehen Sie ja selbst.« Der Georgier kehrte den übrigen Marktbesuchern den Rücken zu und schrieb die Zahl 15000 so auf die Papiertüte, dass nur Arkadi sie lesen konnte.
    Arkadi setzte sich ans Steuer. Der Fahrersitz war durchgesessen, und das weiße Plastiklenkrad wies Risse und Sprünge auf. Er drehte den Zündschlüssel nach rechts und sah im Rückspiegel eine bläuliche Wolke, die aus dem Auspuff kam.
    »Hübsch.« Der Chefinspektor stieg aus. Sitze ließen sich auspolstern, ein Motor konnte repariert werden, aber eine Karosserie war Gold wert.
    »Ich hab gewusst, dass er Ihnen gefallen würde. Gekauft?«
    »Wo ist Golodkin?«
    »Golodkin, Golodkin … « Der Georgier zerbrach sich den Kopf. War das eine Person, ein Wagen? Er hatte diesen Namen noch nie gehört, bis der Chefinspektor, der noch immer den Zündschlüssel in der Hand hielt, ihm seinen Dienstausweis zeigte. Ah, dieser Golodkin! Dieser Halunke! Er hatte den Autoverkaufsplatz vor wenigen Minuten verlassen. Arkadi erkundigte sich, wohin er unterwegs sei.
    »Soviel ich weiß, wollte er zum Melodija. Wenn Sie ihn sehen, können Sie ihm ausrichten, dass ein ehrlicher Mann wie ich die vorgeschriebene Provision dem Staat zahlt, nicht Gaunern wie ihm. Und für Angehörige des Öffentlichen Dienstes, lieber Genosse, gibt’s natürlich schöne Rabatte!«
     
    Am Kalinin-Prospekt waren die kleineren Gebäude fünfstöckige Rechtecke aus Stahlbeton und Glas, die größeren 25stöckige Winkeltürme aus Stahlbeton und Glas. Verkleinerte Kopien dieser Prachtstrasse fand man in jeder neuen Stadt, aber keine von ihnen war so symbolisch für den Aufbruch in die Zukunft wie das Moskauer Vorbild. In beiden Richtungen führten acht Fahrbahnen über eine Fußgängerunterführung hinweg. Arkadi und Pascha warteten auf einer Cafeterrasse gegenüber dem Gebäude des Schallplattengeschäfts Melodija.
    »Im Sommer gefällt’s mir hier besser.« Pascha löffelte frierend sein Mokkaeis mit Himbeersirup.
    Drüben auf der anderen Strassenseite fuhr ein hellroter Toyota vor und bog in die nächste Querstrasse ab. Eine Minute später schlenderte Feodor Golodkin, der zu Cowboystiefeln und Jeans einen eleganten Mantel und eine Pelzmütze trug, in das Plattengeschäft. Gleichzeitig kamen die beiden Kriminalbeamten drüben aus der Fußgängerunterführung.
    Durch die Glasfront konnten sie beobachten, dass Golodkin nicht die Treppe zur klassischen Musik hinaufstieg. Während Pascha sich am Ausgang postierte, zwängte Arkadi sich an den jungen Leuten vorbei, die in Rock-and-Roll-Platten wühlten. An der Rückwand des Ladens erkannte er eine Hand in einem teuren Schweinslederhandschuh, die in das Regal mit den Politplatten griff. Als er näher kam, beobachtete er ein etwas aufgedunsenes Gesicht mit einer Narbe am linken Mundwinkel unter einer modisch gelockten honigblonden Mähne. Ein Verkäufer steckte Geld ein, als Golodkin sich abwandte.
    >»Rede LT.

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