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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Breschnews zur Eröffnung des XXIV. Parteitags der KPdSU<.« Arkadi las den Plattentitel laut vor, während er Golodkin den Weg vertrat.
    »Verroll dich gefälligst!« Der Georgier stieß mit dem Ellbogen nach Arkadi, der ihm den Arm auf den Rücken drehte, so dass Golodkin sich mit einem Aufschrei nach vorn beugte. Drei schwarze Scheiben rutschten aus der Plattenhülle und rollten Arkadi vor die Füße. Rolling Stones, Pink Floyd und Supertramp.
    »Muss ein interessanter Parteitag gewesen sein«, meinte Arkadi.
    Golodkins Augenlider waren gerötet und schwer. Trotz seiner langen Mähne und seiner modischen Kleidung erinnerte er Arkadi an einen an der Angel zappelnden Fisch. Er hatte den Festgenommenen sofort in sein Büro in der Nowokusnezkaja-Strasse gebracht, um ihm vor Augen zu führen, wie hilflos er an der Angel hing. Vor Abschluss der Ermittlungen konnte kein Rechtsanwalt verständigt werden, ja, nicht einmal der Staatsanwalt brauchte vor Ablauf von 48 Stunden von dieser Festnahme benachrichtigt zu werden. Und indem Golodkin in Tschutschins Nähe gebracht wurde, musste der Eindruck entstehen, der Chefinspektor für Sonderfälle wolle nichts mehr mit seinem Spitzel zu schaffen haben oder sei selbst in Gefahr.
    »Das mit den Platten hat mich ebenso verblüfft wie Sie«, protestierte Golodkin, als Arkadi ihn in den Vernehmungsraum im Erdgeschoss führte. »Die ganze Sache ist ein Irrtum!«
    »Immer mit der Ruhe, Feodor.« Arkadi setzte sich ihm gegenüber und schob dem Verhafteten einen Aschenbecher hin. »Rauchen Sie erst mal eine Zigarette.«
    Golodkin riss eine Packung Winston auf und bot sie dem Chefinspektor an.
    »Danke, ich rauche lieber russische Zigaretten«, lehnte Arkadi freundlich ab.
    »Sie werden lachen, wenn sich rausstellt, wie sehr Sie sich getäuscht haben«, meinte der Georgier hoffnungsvoll.
    Pascha kam mit einem Stapel Unterlagen herein.
    »Meine Akte?« fragte Golodkin. »Dann werden Sie gleich sehen, dass ich auf Ihrer Seite stehe. Ich arbeite schon lange mit der Miliz zusammen.«
    »Was war mit den Schallplatten?« erkundigte Arkadi sich.
    »Gut, ich will ganz ehrlich sein. Damit wollte ich mich in Dissidentenkreisen einschmeicheln, um Informationen liefern zu können.«
    Arkadi betrachtete seine Fingerspitzen. Pascha zog ein Anklageformular heraus.
    »Hören Sie sich nur um«, forderte der Georgier Arkadi auf. »Jeder kann Ihnen bestätigen, dass ich … «
    »Bürger Feodor Golodkin aus Serafimow zwei, Stadt und Region Moskau«, las Pascha vor, »Sie sollen Frauen daran gehindert haben, an staatlichen und sozialen Aktivitäten teilzunehmen, und Minderjährige zu Straftaten angestiftet haben.«
    Eine hübsche Umschreibung für die Anwerbung von Prostituierten; darauf standen vier Jahre Haft.
    Golodkin strich sich die Haare aus der Stirn, um den Kriminalbeamten besser anstarren zu können.
    »Lächerlich!«
    »Augenblick.« Arkadi hob abwehrend die Hand.
    »Sie sollen«, fuhr Pascha fort, »illegale Provisionen für den Wiederverkauf von Privatautos kassiert, Wohnungssuchende durch überhöhte Vermittlungsgebühren geschädigt und einen florierenden Schwarzhandel mit Ikonen aufgezogen haben.«
    »Das lässt sich alles ganz leicht erklären«, versicherte Golodkin dem Chefinspektor.
    »Weiterhin sollen Sie ein parasitäres Leben geführt haben«, fügte Pascha hinzu. Diesmal ruckte der Fisch heftig an der Angel, denn die ursprünglich nur für Zigeuner gedachten Strafbestimmungen waren später auch auf Regimekritiker und Schwarzhändler ausgedehnt worden und bedeuteten eine Verbannung hinter den Ural.
    Golodkin bewahrte mühsam die Fassung. »Ich streite alles ab!«
    »Bürger Golodkin«, meinte Arkadi, »Sie wissen, welche Strafen auf Behinderung unserer Ermittlungsarbeit stehen. Wie Sie selbst gesagt haben, kennen Sie diese Dienststelle.«
    »Ich habe gesagt …« Der Georgier zündete sich eine Winston an und betrachtete dabei den Stapel Unterlagen. Nur Tschutschin konnte ihnen soviel Material gegeben haben. Dieser verdammte Tschutschin! »Ich habe für …« Golodkin sprach nicht weiter, obwohl Arkadi ihm einladend zunickte.
    Es wäre Selbstmord gewesen, einen anderen Chefinspektor anzuschwärzen. »Was ich … «
    »Ja?«
    »Was ich getan habe - und ich gestehe damit noch gar nichts -, habe ich im Interesse dieser Dienststelle getan.«
    »Lügner!« fuhr Pascha auf. »Ich schlag dir deine verlogene Fresse ein!«
    »Nur um mich bei den eigentlichen Schwarzhändlern und antisowjetischen

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