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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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von einem jungen Milizionär angesprochen, der seine Anfrage an alle Moskauer Milizstationen gelesen hatte. Der junge Beamte der Station Oktjabrski war bei einem Streifengang Ende Januar oder Anfang Februar auf einen am Kai geparkten Schiguli aufmerksam geworden. Er wusste nur, dass der Fahrer ein Deutscher gewesen war, denn als er ihm als begeisterter Abzeichensammler angeboten hatte, ihm die Anstecknadel eines Berliner Fußballvereins abzukaufen, die der andere an der Jacke getragen hatte, war sein Angebot auf russisch, aber mit deutlichem Akzent abgelehnt worden.
    »Noch zehn Minuten!« forderte Arkadi die Taucher auf, aber sie kamen schon nach vier oder fünf Minuten aus der Moskwa und hielten triumphierend einen Lederbeutel hoch, aus dem Wasser und Aale quollen.
    Der Beutel war mit einer Kordel zugezogen. Arkadi, der dazu Gummihandschuhe trug, öffnete ihn unter einem Scheinwerfer und tastete zwischen Schlamm, Gläsern und Flaschen herum, bis er einen Pistolenlauf zwischen den Fingern hatte. Er zog eine große schmale Pistole aus dem Beutel.
    »Genosse Chefinspektor?«
    Fet war eingetroffen. Arkadi hatte ihn seit Golodkins Vernehmung nicht mehr gesehen. Der junge Beamte rückte seine Nickelbrille zurecht und starrte kurzsichtig die Pistole an. »Haben Sie irgendeinen Auftrag für mich?« erkundigte er sich.
    Arkadi wusste nicht, welche Rolle Fet bei Paschas Ermordung gespielt hatte; er wusste nur, dass er den KGB-Spitzel loswerden wollte.
    »Ja«, sagte der Chefinspektor. »Besorgen Sie mir eine Aufstellung aller innerhalb der letzten sechzehn Monate gestohlenen Ikonen.«
    »Der in Moskau gestohlenen?«
    »Nein, in der gesamten Sowjetunion.«
    Arkadi beobachtete, wie der junge Mann beleidigt abzog. Mit diesem Auftrag war er eine Woche lang beschäftigt - und vielleicht erwiesen die Listen sich sogar als nützlich.
    Der Chefinspektor legte die Pistole vorsichtig in sein Taschentuch. Keiner der Milizionäre, auch die Veteranen nicht, kannte die Waffe. Arkadi gab dem Kollegen von der Flusspolizei Geld für eine Schnapsrunde für die Taucher und ging mit dem Beutel und der Pistole zu seinem Dienstwagen.
    Kirwill untersuchte die Waffe. »Das argentinische Modell der 7.65mm-Mannlicher. Hohe Mündungsgeschwindigkeit, treffsicher, achtschüssig.« Schlamm spritzte auf sein Hemd, als er das Magazin aus dem Griff zog. Arkadi fiel erst jetzt auf, dass Kirwill wieder als Russe angezogen war.
    »Drei Patronen sind noch drin.« Er schob das Magazin ein und gab die Pistole zurück.
    »Die Kissen!« Arkadi starrte Kirwill an. »Ihre Kopfkissen hab ich nicht untersucht.«
    »Richtig.« Kirwill hätte beinahe gelächelt. Er gab den Umschlag mit den Autopsieberichten zurück, wischte sich die Finger ab und zog eine Karte mit zehn Fingerabdrücken aus der Hemdtasche. »Die haben Sie auch übersehen.« Der Amerikaner schüttelte den Kopf und steckte die Fingerabdruckkarte ein, bevor Arkadi danach greifen konnte.
    »Die wollte ich Ihnen eigentlich nicht zeigen«, gab Kirwill zu, »aber ich habe inzwischen nachgedacht. Vielleicht sind Sie doch der Mann, für den Sie sich ausgeben, Renko. Vielleicht können wir uns irgendwie einigen. Ihr Kollege ist erschossen worden, und diesen Golodkin sind Sie auch los. Sie können Unterstützung brauchen, schätze ich.«
    »Und?«
    »Ihre Unterlagen über Jimmy …« Kirwill zeigte auf den Umschlag. »Die Laboruntersuchungen sind soweit in Ordnung, aber Sie hätten längst nachfassen müssen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ist das nicht klar? Fünfzig Mann, die ausschwärmen und jeden befragen, der diesen Winter im Gorki-Park gewesen ist. Aufrufe in den Zeitungen, eine spezielle Telefonnummer, die im Fernsehen bekannt gegeben wird.«
    »Wundervolle Ideen!« stimmte Arkadi ironisch zu. »Ich werde sie mir für den Fall merken, dass ich mal in New York zu tun bekomme.«
    Die blauen Augen beobachteten ihn misstrauisch. »Nehmen wir einmal an, ich würde meinen Bruder identifizieren - was würde dann passieren?«
    »Der KGB würde den Fall an sich ziehen. Sie würden festgenommen und verhört werden. Ich könnte verschweigen, dass wir uns im Park begegnet sind und dass Sie eine Pistole gehabt haben. Ihre Haft wäre nicht allzu schlimm.«
    »Aber auch nicht amüsant?« fragte Kirwill.
    »Bestimmt nicht!« Arkadi musste über diese unerwartete Frage lachen. »Okay.« Kirwill zündete sich eine Zigarette an und schnippte das Streichholz aus dem Fenster. »Dann ist mir diese Zusammenarbeit lieber. Nur Sie

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