Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Karlsö, den beiden Inseln vor Klintehamn, aber sie schienen sich aufzulösen. Die stellenweise immer noch grünen Bäume raschelten und zitterten im auffrischenden Wind.
Fredrik fuhr auf der Küstenstraße in Richtung Süden. Kurz hinter Västergarn klingelte sein Handy. Die Nummer auf dem Display kannte er nicht.
»Fredrik Broman.«
Es war die Werkstatt. Probleme waren aufgetreten. Irgendetwas an der rechten Vorderachse war gebrochen. Keine teure Reparatur, aber das Ersatzteil war erst am nächsten Tag zu bekommen.
»Aha«, seufzte er, »da kann man wohl nichts machen. Aber morgen kriegen Sie es ganz bestimmt?«
Der Mechaniker gab ihm eine hundertprozentige Zusage und hielt ihm einen langen Vortrag über Ersatzteilbestellungen, die Nachtfähre und andere Details, die Fredrik gar nicht hören wollte. Als er endlich fertig war, versuchte Fredrik Göran zu erreichen, doch der ging nicht ans Telefon.
»Hinterhofschrauber«, sagte er laut und wurde im selben Augenblick von einem schwarzen Opel Astra überholt. Das Überholmanöver ging äußerst schnell vonstatten. Der Wagen sauste weiter nach Klintehamn und war bald außer Sichtweite.
Als Fredrik in Levide ankam, war nur Elin Traneus zu Hause.
»Sie können hier warten, wenn Sie wollen, aber ich habe keine Ahnung, wann Ricky zurückkommt.«
Sie sah übernächtigt und blass aus.
»Wissen Sie, wo er ist?«
»Nein. In Visby, glaube ich, aber mehr …«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich komme später wieder.« Fredrik nickte ihr zu und wollte gehen.
»Ist mit diesem Karl-Johan noch was passiert?«
Er blieb stehen und drehte sich um.
»Ein Kollege und ich haben gestern mit ihm gesprochen. Falls er wiederkommt, kriegt er ein Näherungsverbot. Er weiß das. Ich bezweifle, dass er noch einmal hier auftaucht.«
»Ist das sicher?«
»Das Näherungsverbot, meinen Sie?«
»Nein, dass er nicht wiederkommt.«
Während sie seine Antwort abwartete, fummelte sie am Türschloss herum. Ließ es auf- und wieder zuschnappen.
»Sind Sie okay?«
»Wahrscheinlich.«
»Haben Sie versucht, Ihren Bruder anzurufen?«
»Ja, aber er geht nicht ran.«
Fredrik überlegte einen Augenblick, dann zog er eine Visitenkarte aus der Tasche.
»Ich habe etwas zu erledigen, aber in einer Stunde komme ich zurück. Ich hoffe, Ihr Bruder ist dann da.«
Er reichte ihr die Karte.
»Wenn Sie möchten, können Sie mich anrufen, wenn er auftaucht. Oder Sie bitten ihn, es selbst zu tun. Das wäre sehr freundlich.«
Elin nickte.
Fredrik setzte sich ins Auto und fuhr los. Irgendwie war er erleichtert, dass er von dort wegkam.
Bereits auf dem Weg von Visby hatte er beschlossen, beim Tatort vorbeizufahren und sich umzusehen. Erst als er auf den Hof rollte, fiel ihm ein, dass Eva auch dort sein würde.
Er wollte gerade wenden, als Eva aus der Küchentür kam. Sie sah ihn sofort.
»Scheiße«, flüsterte er.
Ihm blieb nichts anderes übrig, als auszusteigen.
Sie sagten Hallo. Sie mit einem verkrampften Zug um die Mundwinkel, fand er. Konnte sie nicht endlich entspannter sein? Ein einziges Mal hatte er angerufen und ein bisschen genervt, und das war lange her. Ein einziger nächtlicher Anruf im Suff. Der musste doch langsam verjährt sein.
»Ich bin kurz vorbeigekommen, weil ich Rickard Traneus nicht erreicht habe.«
Wieso klang es wie eine schlechte Entschuldigung?
»Okay«, gab Eva zurück.
Erneut öffnete sich die Küchentür, und Per Granholm kam heraus. Durch seine runde Brille warf er Fredrik einen wütenden Blick zu. Granholm to the rescue , dachte Fredrik.
»Kann ich irgendetwas tun?«, fragte er Eva. »Ich habe ungefähr eine Stunde Zeit.«
Eva sah ihn ratlos an, doch dann schien ihr etwas einzufallen.
»Wenn du willst, kannst du dir den Keller vornehmen.«
In den Keller abgeschoben, dachte er, als er einige Minuten später die Treppe hinunterstieg und die Plastikhandschuhe überstreifte. Aber er versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Als er in einen weiß verputzten Korridor mit nicht weniger als fünf Türen auf beiden Seiten gelangte, schlug ihm keine kalte oder feuchte Luft entgegen. Es war sauber und warm.
Auf der rechten Seite befand sich eine Sauna und etwas, das er zunächst für ein in den Boden eingelassenen Jacuzzi hielt. Als er aber all die kleinen Hocker sah, die gestapelt an der Wand standen, wurde ihm klar, dass es sich um eine Art japanisches Bad handeln musste. Der nächste Raum war ein Bügelzimmer, dann folgte ein Heizungskeller und
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