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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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Rosen in einer roten Vase. An einer Blume war eine Karte befestigt. Fredrik nahm an, dass es sich um einen Kondolenzbrief aus der Verwandtschaft handelte.
    »Was hat er in Japan gemacht?«, fragte er Rickard, der ihm gegenübersaß.
    »Er ist Unternehmensberater. Man könnte sagen, er hilft Unternehmen, mehr Geld zu verdienen.«
    Er hilft Unternehmen, mehr Geld zu verdienen. Das klingt nach einem Satz, den ein Vater zu einem Kind sagt, dachte Fredrik.
    »Hatte er viele Kunden?«
    »In Japan nur einen, aber in Schweden und Deutschland hat er noch weitere.«
    »Und in Japan war es die ganze Zeit derselbe Kunde?«
    »Ja.«
    »Für so einen langen Zeitraum.«
    »Zehn Jahre insgesamt, aber überwiegend dort gewohnt hat er erst in den letzten zwei, drei Jahren. Man könnte sagen, die Arbeit ist immer intensiver geworden.«
    Rickard Traneus sah müde aus. Das war verständlich. Unter seinen Augen waren gelbliche Schatten, und die Augen wirkten irgendwie verschleiert.
    »Was arbeiten Sie eigentlich? Oder studieren Sie?«, fragte Fredrik.
    »Nein, im Moment nicht. Ich habe einen Nebenjob in einer Buchhaltungsfirma.«
    »Ach, wo denn?«
    »In Visby«, antwortete Rickard Traneus. Die Haltung, in der er saß, sah ziemlich unbequem aus.
    »Was genau machen Sie da?«, bohrte Fredrik nach.
    »Buchführung, ganz normale Buchführung. Es ist nicht gerade ein Spitzenjob, ich werde nach Bedarf geholt, aber letztendlich ist es fast eine halbe Stelle. Ich habe mal in Stockholm Wirtschaft studiert, aber nach drei Semestern abgebrochen.«
    »War das an der Uni Stockholm?«, erkundigte sich Fredrik.
    »Ja, genau. Aber mein Vater war auf der Handelshochschule.«
    Fredrik nickte. Er wollte Rickard nicht mit weiteren Fragen quälen. Es war ohnehin nicht schwer zu erraten, warum Fredrik nicht die ehrwürdige private Handelshochschule, sondern nur die staatliche Universität besucht hatte.
    Rickard Traneus saß mit dem Rücken zur blitzsauberen Küchenzeile. Auf der linken Seite stand eine schicke Espressomaschine, und hinter Rickard waren edle Flaschen mit Olivenöl, Rapsöl, Essig, Fischsoße, Sherry und allen möglichen Zutaten aufgereiht, die man für raffinierte Gerichte benötigte.
    Jemand, der stundenweise in der Buchhaltung aushalf, konnte sich wohl kaum Designermöbel, teure Küchengeräte und modischste Kleidung leisten, die … Fredrik wusste es nicht genau, aber Rickards Sachen sahen nicht ganz billig aus. Wahrscheinlich unterstützten ihn seine Eltern. Entweder gaben sie ihm Geld, oder er bekam ihre alten Möbel. Aber die Küche und die Räume, die er gesehen hatte, wirkten viel zu bewusst eingerichtet, als dass es sich um ein Sammelsurium von Erbstücken hätte handeln können.
    »Sie haben keine Ahnung, wo Ihr Vater sein könnte?«
    Rickard Traneus legte seine Hände im Schoß zusammen. Eine Antwort gab er nicht.
    »Was vermuten Sie?«, versuchte es Fredrik. »Irgendwo muss er ja stecken. Wo würde er sich Ihrer Ansicht nach verstecken?«
    Rickards Augen verengten sich ein wenig.
    »Was wollen Sie von mir hören? Verfolgen Sie jetzt die Theorie von diesem durchgeknallten Karl-Johan?«
    »Wir versuchen nur, mit Ihrem Vater Kontakt aufzunehmen. Dass das wichtig ist, werden Sie ja verstehen, oder?«
    Rickard senkte den Blick. Dann sah er Fredrik an.
    »Ich weiß, dass Elin einige Behauptungen über meinen Vater aufgestellt hat. Das sind ihre Ansichten, ihre Interpretationen.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Fredrik, obwohl er ganz genau wusste, was Rickard Traneus sagen wollte.
    Rickards Gesicht verzog sich zu einer Grimasse.
    »Ich habe nie gesehen, wie mein Vater meine Mutter geschlagen hat.«
    Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Und Elin auch nicht. Sie denkt sich nur, dass er das getan hat. Aber mein Vater ist nicht so. Er hat sie nicht geschlagen. Und umgebracht hat er sie schon gar nicht.«
    Die letzten Worte klangen trotzig. Es schien, als glaubte er, was er da sagte. Fredrik sah ihn an, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Wir haben auf viele Fragen natürlich noch keine Antwort. Und solange wir Ihren Vater nicht erreichen, ist es außerordentlich schwer für uns herauszufinden, was genau passiert ist.«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen. Wenn ich es könnte, würde ich es tun, aber ich habe keine Ahnung, wo er ist.«
    »Warum, glauben Sie, ist Ihr Vater verschwunden, wenn er nichts mit den Morden zu tun hat?«
    Darauf wusste Rickard Traneus keine Antwort.

35
     
    Als Fredrik die Cafeteria betrat, entdeckte er Ove sofort.

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