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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Östlundh
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unsicher. War dieses: Meinst du nicht? nur eine Floskel oder eine ernst gemeinte Frage? Im Moment war der Abstand zwischen ihnen nicht besonders groß.
    »Doch, vermutlich schon«, sagte er.
    Eva sah ihn an. Im schummrigen Kellerlicht wirkte ihr Blick ganz seltsam ernst.
    »Das heißt ja nicht, dass es da nicht noch etwas anderes gäbe«, sagte sie.
    »Nein«, erwiderte er.
    »Aber es ist eben so, wie es ist.«
    Langsam ging Fredrik auf sie zu. Es waren nur zwei kurze Schritte.
    Sie sah ihn noch immer an. Was wollte sie mit diesem hartnäckigen, zudringlichen Blick erreichen? Lag da nicht ein Wunsch in ihren Augen?
    Er wusste nicht, wer wen berührte, aber … Nein, das war eine Lüge. Er berührte sie, weil er es einfach nicht lassen konnte, aber es war eine ganz unschuldige, nahezu unmerkliche Berührung. Mit der freien Hand strich er ihr sanft über den Oberarm. Durch den festen Stoff ihres Overall konnte sie es eigentlich kaum gespürt haben, aber sie traktierte ihn weiter mit diesem stummen Blick.
    Dann küssten sie sich plötzlich voller Verlangen. Ihr Duft war so, wie er ihn in Erinnerung hatte, und als er ihre Lippen spürte, hatte er das Gefühl, nach Hause zu kommen.
    Das ist nicht richtig. Das hier ist überhaupt nicht richtig, hörte er eine innere Stimme sagen. Aber er konnte es nicht lassen.
    Er ließ das schwarze Notizbuch fallen, streifte den Gummihandschuh von der rechten Hand und wühlte die Finger in ihr kühles duftiges Haar.
    Ganz plötzlich riss sie sich los.
    »Scheiße«, flüsterte sie. »Das war keine gute Idee.«
    Evas Lider flatterten unruhig.
    »Ganz ruhig«, sagte er. »Ich hatte nicht die Absicht, dir Probleme zu machen. Wenn es keine gute Idee war, dann war es wohl … eine schlechte Idee.«
    Er versuchte, ihren Blick aufzufangen, aber sie wich ihm aus. Er sah, wie schnell sie atmete.
    »Ganz ruhig«, sagte er noch einmal.
    Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand.
    Einen Moment lag stand Fredrik da wie ein begossener Pudel. Dann hob er das Notizbuch vom Boden auf und versuchte den Orkan zur Ruhe zu bringen, der in ihm wütete.
    »Vielleicht war das wirklich keine gute Idee«, murmelte er.

34
     
    Als Ricky nach Hause kam, war Elin erleichtert. Sofort verflüchtigte sich ihre Angst. Langsam konnte sie auch wieder leichter atmen.
    Wütend war sie trotzdem. Sie war ihm böse, weil er ihr Vorwürfe gemacht hatte und einfach abgehauen war, aber sie wusste nicht, wie sie ihm das sagen sollte und ob sie überhaupt das Recht dazu hatte. Außerdem war sie viel zu froh, ihn wieder im Haus zu haben, als dass sie einen neuerlichen Streit riskieren wollte.
    Nachdem er kurz Hallo gesagt und ihr einen zerstreuten Blick zugeworfen hatte, war er in seinem Zimmer verschwunden.
    Elin ließ sich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen. Sie sollte nach Hause fahren. Was hielt sie eigentlich hier? Es würden noch mindestens zwei Wochen vergehen, bis ihre Mutter beerdigt werden konnte. Die Uni wartete, oder besser gesagt, sie wartete nicht. Die Seminare gingen auch ohne sie weiter, und es würde schwer werden, das Versäumte aufzuholen.
    Es war wie ein Albtraum. Hatte ihr Vater wirklich ihre Mutter umgebracht? Sie glaubte es, aber sie wollte es nicht glauben. Ricky verstand nicht, was sie damit meinte. Er begriff den Unterschied nicht.
    Sie legte den Kopf in den Nacken und stellte sich vor, sie würde sterben. Der Gedanke kam ihr abwegig und rätselhaft vor, aber er löste keine Gefühle in ihr aus. Sie konnte sich weder das Leben ausmalen, das vor ihr lag, noch sich vorstellen, dass es vorbei wäre. Doch schlagartig verspürte sie eine große Leere in der Brust. Ringsherum wurde es dunkel und eiskalt. Sie war vollkommen allein auf der Welt, es gab weder Gut noch Böse, und nichts hatte mehr einen Sinn. Sie sprang vom Sofa auf, ging zum Fenster und versuchte, die Panik unter Kontrolle zu bekommen. Sanftes Herbstlicht fiel auf die Lämmer auf der Weide. Gegen ihren Willen musste sie lächeln.
    Vor langer Zeit hatte ihr Vater einmal mit ihr über den Sinn des Lebens gesprochen. Sie wusste nicht mehr, was der Anlass gewesen war. Hatte er aus heiterem Himmel davon angefangen, oder hatte sie irgendeine naive existenzielle Frage gestellt? »Das Leben hat keinen anderen Sinn als den, den du selbst ihm gibst«, hatte er gesagt. Wenn das stimmte, hatte ihr Leben im Moment überhaupt keinen Sinn.
    Auf der schwarzen Tischplatte stand ein Strauß weißer und rosafarbener

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