Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
Zweifel — diese Leute wollen sie umbringen. Genau in dem Augenblick, als das Maschinengewehr des Panzers – eine 7.62 mm, wie Bob sofort erkennt — loslegt und faustgroße Brocken aus der Betonmauer des Hobbyraums hinter ihnen reißt, stürzt sich Bob auf JC und Becky und wirft beide neben Morgan zu Boden in den Entwässerungsgraben, der an der Hausmauer entlangläuft, wobei Jesus mit dem Kopf voll gegen die Wand knallt, was ihn augenblicklich ausschaltet. Dann schiebt er Becky und seine Lieben in einen geschützten Bereich hinter dem Wasserturm.
Es ist Bobs großer Moment.
In mancher Hinsicht war sein ganzes Leben nur ein Vorspiel für diesen Augenblick.
Die wummernden Rotoren, die beißenden Korditwolken, das Rattern der Schnellfeuergewehre, die Hitze des Feuers, die Schreie der Verängstigten und Verwundeten.
Das ist meine Welt.
Bob bewegt sich geradezu gespenstisch schnell für einen Mann von sechzig Jahren, läuft geduckt, ist bald schon so nah am Panzer, dass dessen Maschinengewehr ihn nicht mehr erreichen kann. Sein Verstand verfällt blitzschnell wieder in die alten Muster. Auf der Suche nach Deckung, Schussfeldern und Fluchtwegen drückt sich der alte Kämpfer instinktiv
an die Wand des Hauses, die vom wütenden Feuer förmlich glüht, als ganz in der Nähe eine automatische Waffe losballert und er sich bäuchlings in den Entwässerungsgraben wirft, die Leiche des Soldaten, den Pat Rennet erschossen hat, zu sich hinunterreißt, den Gurt an der M16 des Mannes löst und Reservemagazine aus dessen Gürtel zieht. Er wirft einen Blick über die Kante und sieht zwei SWAT-Soldaten auf sich zulaufen, wobei der eine nachlädt und der andere schon auf ihn zielt. Er feuert zwei kurze, kontrollierte Salven, und beide Männer gehen zu Boden. Doch Bob sieht sie gar nicht fallen, denn er ist schon wieder auf dem Weg zurück zum Haus.
Er springt durch das zerschossene Fenster, schneidet sich dabei ziemlich heftig und landet auf dem Arsch, im hinteren Durchgang, der das Haupthaus mit dem Klassenzimmer verbindet. Es ist höllisch heiß da drinnen, und irgendwer schreit. Schwere Schritte dringen durch Rauch und Flammen zu ihm herüber: Pat Rennet tigert mit einer Flinte herum, drückt immer wieder ab und brüllt: »JAWOHL! EUCH MACH ICH KALT!«, die Augen glitzern irre, mordgeil, ein Gesichtsausdruck, den Bob zuletzt vor fast vierzig Jahren an einem Fluss nahe der kambodschanischen Grenze gesehen hat. Bob geht in die Hocke und schießt ihm aus fünfzehn Metern mitten ins Gesicht. Roter Sprühregen, und Pat ist Geschichte.
Gebückt läuft er weiter, während Kugeln direkt über ihm das Holz durchschlagen, hinunter in die große Halle, wo er den Weihnachtsbaum sieht - zehn Meter hohe Flammen, die selbst auf diese Entfernung noch knisternd Bobs Bart und Augenbrauen versengen. Vor ihm liegt eine Leiche auf dem Boden, und würgend muss Bob feststellen, dass es Pete ist, die Augen weit aufgerissen - und auch die Kehle. Letztere ist nur noch klaffendes, rohes Fleisch. »Freck«, sagt er zärtlich, schließt ihm die Augen und zerreißt dann Petes weißes T-Shirt in zwei Teile. Als Bob seitwärts in ein Badezimmer rollt, sieht er Kris in einer Ecke, bebend, zitternd, die linke
Hand an die rechte Schulter gepresst, stöhnend vor Schmerz. Blut quillt dick zwischen seinen Fingern hervor. Bob sieht sich die Wunde kurz an, sagt »Freck« zu Kris, was so viel wie »Bleib hier« heißen soll, während er das T-Shirt in die Kloschüssel taucht und es sich dann um den Kopf wickelt. Bei einem Blick nach links sieht er orangefarbene und rote Lichter, die lautlos am Fenster vorbeisausen. Ein kurzer Gedanke, Leuchtspurgeschosse, sie schießen Leuchtspurgeschosse in ein Haus voller Frauen und Kinder, dann rollt er schon wieder seitwärts in den Flur und landet auf dem Bauch, als ein SWAT-Uniformierter vor ihm auftaucht und Bob zwei Schüsse in dessen Brust abfeuert, kurz nacheinander. Er kriecht über den Körper des Mannes hinweg - der Bob röchelnd noch etwas zu sagen versucht - auf dem Weg zur Tür, in die brennende Halle.
JC kommt zu sich, als gleich neben seinem rechten Ohr ein Gewehr abgefeuert wird, mehrmals in schneller Folge, bis er taub ist. Links von sich sieht er Morgan, der Becky an sich drückt, während sie weint und sich wehrt, in den peitschenden Kugelhagel hinauswill und immer und immer wieder etwas sagt, das JC nicht hören kann. Doch er weiß, dass es »meine Jungs, meine Jungs« bedeutet. Er wendet sich nach rechts
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