Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
Schreien und Fluchen erstickt.
Im Treppenhaus nach unten ist es kühler und stiller. Ein Stockwerk tiefer, im elften Kreis der Hölle, tut sich vor ihnen ein kahler, steinerner Korridor auf. Winzige Zellen säumen eine der Wände. Nackte Glühbirnen, die von der niedrigen Decke baumeln, tauchen den Gang in trübes, funzeliges Licht. In die andere Wand ist ein großes Panoramafenster eingelassen mit Blick auf eine endlose, brennende Schlucht, auf deren Grund sich ein Heimtrainer an den nächsten reiht - es scheinen Millionen zu sein. Auf diesen Rädern strampeln Menschen, die sich mit jeder Pedalumdrehung einen drei Meter langen, mit Stacheldraht umwickelten gusseisernen Dildo in den Hintern rammen. Aufgrund der zentimeterdicken Scheiben schreien sie scheinbar lautlos. »Falsche Propheten, religiöse Heuchler«, erläutert Satan.
»Wirst du dieser Arschfick-Nummer eigentlich niemals überdrüssig?«, fragt Gott.
»Warum ändern, was sich bewährt hat?«, entgegnet Satan schulterzuckend.
Während Gott und Satan voranschreiten, bummelt Jesus hinterher, damit beschäftigt, die Messing-Namensschilder an der langen Reihe von Zellentüren zu studieren: MENGELE J., POT P., JACKSON M.
»Willst du meine aufrichtige Meinung hören?«, fragt Satan und fährt dann - ohne Gottes Antwort abzuwarten - fort. »Ich dachte ja, du würdest ernsthaft mit dem Gedanken spielen, die ganze Scheiße das Klo runterzuspülen und noch einmal von vorn anzufangen.«
»Das höre ich heute nicht zum ersten Mal.«
»Johannes?«
Gott nickt. Sie passieren einen Dämon im Arbeitskittel, der vor der offenen Tür einer leeren Zelle auf einer Tretleiter steht. Er ist dabei, einen Namen in das Messingschild zu gravieren – LIMBA ... –, während drinnen zwei Dämonen-Zimmermädchen das Bett für den Neuankömmling bereiten, indem sie die Pritsche sorgsam mit Glassplittern und Rasierklingen präparieren. Fleißig, fleißig.
»Und ich sag dir noch was. Besser als jetzt könnte es für mich da oben gar nicht laufen. All diese Reality-Shows im Fernsehen? Das führt dazu, dass manche Kids nur noch ein einziges Ziel haben«, hier verfällt Satan in einen aufgesetzten Teenager-Jargon, »nämlich voll krass berühmt zu werden. So sieht’s aus. Ein ganzer Planet voller aufgeblasener Egos, die herumrennen und >Seht mich an!< kreischen. Niemand, der etwas lernen will. Niemand, der um seiner selbst willen gut in etwas sein will.«
»Komm schon«, erwidert Gott, »ein bisschen was haben sie ganz gut hingekriegt. Poesie, Filme, Rock’n’Roll. Natürlich nicht dieser Dreck, der hier unten läuft.«
»Natürlich nicht.« Satan bezieht sich damit offensichtlich auf die gedämpft im Hintergrund dudelnde Easy-Listening-Version von Bowies »The Laughing Gnome«. »Ich meine, machst du Witze?«
»Aber es gibt wirklich richtig gute Musik.«
»Das ist Geschichte, Baby. Aus und vorbei. Keiner gibt auch nur einen Scheiß auf Qualität. Heute heißt es nur noch: ›Wo ist die Knete und ich will mein Bild auf dem Titel sehen und danke leck mich am Arsch.‹ Jetzt bin ich an der Reihe. Oder glaubst du allen Ernstes, du könntest da oben nochmal irgendwie einen Fuß in die Tür kriegen?«
Gott blickt zurück und beobachtet, wie Sein Sohn den Korridor entlangschlendert. Jesus schlägt spielerisch gegen eine von der Decke baumelnde Glühbirne. Sie schwingt hin und
her und wirft dabei bizarre Schatten an die Wände. Geistesabwesend summt er »Rockaway Beach« von den Ramones – die schlichte Melodie hallt durch den Gang. Gott lächelt beim Anblick Seines Sohnes. Satans Augen wandern von Gott zu Jesus. Dann wieder zurück zu Gott. »Oh-oh, warte mal eben. Das ist nicht dein Ernst. Nie im Leben ...«
»Luzifer«, sagt Gott und richtet sich zu voller Größe auf, »danke für deine Zeit.«
Sie schütteln einander förmlich die Hände. »Nicht doch«, murmelt Satan, dessen Tonfall sich ändert, als Jesus wieder zu ihnen stößt. »Jederzeit wieder.«
»Was geht?«, fragt Jesus.
Sie sind vor einer Zelle stehen geblieben, über der der Name GORDON, G. W. prangt. Am Ende des Korridors öffnet sich scheppernd die Tür eines Lastenaufzugs, und Satan wirft einen Blick auf seine Uhr. »Auf die Minute pünktlich. Wir führen ein strenges Regiment hier unten.« Alle drei sehen zu, wie etwas, das allem Anschein nach ein ganzes Basketballteam ist, den Aufzug verlässt und ihnen lärmend entgegenkommt. Vierzehn schwarze Riesen. Schwarze Riesen? Nein. Die riesigsten Schwarzen
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