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Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Titel: Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Stereoanlage, die edlen Budapester, die aromatische kubanische Zigarre, der duftende Single Malt, der Laptop ... all das coole Zeug, das vor Seinem Urlaub noch nicht existierte. Oh ja, emsige kleine Kreaturen.
    Ein leises Klopfen. »Herein«, sagt Gott, und Petrus’ Kopf erscheint in der Tür.
    »Kleine Nachtschicht, hmmm?«
    »Jaja. Komm rein. Nimm dir einen Drink.«
    Petrus gießt sich einen kräftigen Schluck ein, sie stoßen an, das Klirren der Gläser verschmilzt mit der Musik, und Petrus lässt sich in einen großen, weichen Ledersitzsack zu Füßen seines Bosses fallen. Gott hat die Augen geschlossen und nickt im Takt des Riffs, das Coltrane spielt. Petrus weiß Gottes Stimmungen besser zu interpretieren als jeder andere, und er versteht, dass dies nicht der richtige Augenblick für ein »Was sollen wir jetzt bloß machen?«-Gespräch ist. Er öffnet sich ebenfalls ganz dem hypnotischen Sog des Songs, schließt die Augen und nickt im Takt, genießt Gottes Hingabe an die Musik mindestens so sehr, wie er sich selbst der Musik hingibt. Es ist eine ganze Weile her, dass sie zuletzt solch ein mitternächtliches Tête-à-Tête in Gottes Büro hatten und sich bei einer guten Flasche den Sorgen und Problemen der Erde widmeten.
    »Das ist gut, oder?«, fragt Gott.
    »Mmm«, sagt Petrus. Und macht eine Pause von exakt der richtigen Länge, bevor er die Worte »wert, gerettet zu werden« hinzufügt. Kein Fragezeichen. Er öffnet die Augen und sieht seinen Boss an.

    Gott erhebt sich langsam aus Seinem Sessel und schwenkt bedächtig das Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Dann leert Er es in einem Zug, setzt es ab und greift nach einem gerahmten Foto von Jesus. Es ist ein Schnappschuss anlässlich seines zehnten Geburtstags. Jesus lacht ausgelassen über etwas, was außerhalb des Bildausschnitts geschieht, seine Augen bloße Schlitze in einem Meer winziger Lachfältchen. Ihm steht eine solch kindliche Freude ins Gesicht geschrieben, dass die Züge des Mannes, der er einmal sein wird, kaum noch zu erahnen sind. Gott streicht sanft mit der Hand über das Foto Seines Sohnes.
    »Ja, das ist es«, sagt Gott leise.
    »Oh nein«, sagt Petrus, als er bemerkt, dass Gott mit den Tränen ringt. »Ihr werdet doch nicht ...«
    »Es ist die einzige Möglichkeit«, erwidert Gott mit sanfter Stimme.
    »Aber ... aber, das sind Tiere da unten. Sie werden den Jungen in Stücke reißen. Beim letzten Mal war es ja schon schlimm genug. Aber heutzutage? Dagegen werden die Römer wie Sozialarbeiter aussehen.«
    »Glaubst du denn, ich weiß das alles nicht?«
    Petrus verstummt. Beide starren sie schweigend auf das Kinderfoto von Jesus. Wenn Gott einmal einen Entschluss gefasst hat, dann ist daran nicht mehr zu rütteln. Petrus beschäftigt sich in Gedanken bereits mit der praktischen Umsetzung.
    »Er wird einen neuen Namen brauchen.«
    »Was ist denn falsch an Jesus?«, will Gott wissen.
    »Nichts für ungut, Boss«, sagt Petrus, während er ihre Gläser auffüllt, »aber jeder wird ihn für einen verdammten Trittbrettfahrer halten.«
    »Jesus ist völlig in Ordnung«, erwidert Gott. Gott ist oldschool.

9
    D ER MORGEN DANACH. SIE STEHEN AUF EINER GRÜNEN Wiese unterhalb der Flügeltüren hinter Gottes Schreibtisch. Dort, wo die Seelen der Babys und Kleinkinder herumtollen.
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«, fragt Jesus und blickt verunsichert von seinem Vater zu Petrus. »Er nimmt mich auf den Arm, stimmt’s? Ich ... Dad, was denkst du, soll ich da unten ausrichten?«
    »Führe sie. Inspiriere sie. Hilf ihnen.«
    »Aber ... wie denn?«
    »Du hast es schon einmal getan.«
    »Das war damals wesentlich leichter. Jetzt haben sie so viel Scheiße im Kopf. Ich meine ... Wunder! Sie glauben, ich hätte Wunder bewirkt! Wie bitte soll ich damit umgehen?«
    Gott legt eine Hand auf die Schulter Seines Sohnes und blickt ihm in die Augen. »Du bist der Sohn Gottes. Sprich die Wahrheit, und die Leute werden dir zuhören. Wandere durchs Land. Versammle Jünger um dich. Halte es mit den Außenseitern. Zeig ihnen ihre Fehler auf. Bring Hoffnung zu den Hoffnungslosen und Bedürftigen. Predige Liebe, Toleranz, Gerechtigkeit, Gnade - all den Kram, auf den sie scheißen. Erinnere sie an den Wert der Gemeinschaft. Lehre sie die Bedeutung der Worte SEID LIEB.«
    »Es muss doch eine Alternative geben.«

    Gott schüttelt den Kopf, legt den Arm um ihn, und gemeinsam machen sie einen Spaziergang.
    »Ich erinnere mich noch gut an den Tag deiner Geburt,

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